Das Losglück hatten sie bereits auf ihrer Seite: Die Escher Fola trifft zum Auftakt der Champions-League-Kampagne auf den leichtesten Gegner aller gesetzten Teams. Die Lincoln Red Imps sind eine Art Dominator in Gibraltar, auf der europäischen Bühne blieb der ganz große Coup aber bislang aus. Spätestens in Runde zwei war jedes Jahr Endstation. 2016 reichte ein 1:0-Achtungserfolg gegen Celtic Glasgow (SCO) nicht für den Einzug in die dritte Runde. Im vergangenen Jahr sammelten die „Roten Kobolde“ dagegen sehr viele Punkte im UEFA-Klubkoeffizienten-Ranking – was auch erklärt, warum dieses Team besser klassiert ist als die Escher. 

Nach einem Vorrunden-Sieg am grünen Tisch gegen Prishtina (KOS) (aufgrund von Covid-Infektionen beim Gegner) blamierte sich ausgerechnet der Luxemburger Europa-League-Teilnehmer Union Titus Petingen im britischen Überseegebiet und schied nach einem mutlosen Auftritt sang- und klanglos mit 0:2 aus. Die Imps kassierten in Runde zwei übrigens gleich danach ein 0:5, erneut gegen Celtic Glasgow.

Der Luxemburger Meister ist demnach gewarnt, aber auch zuversichtlich. Die Escher Fola, allen voran Trainer Sébastien Grandjean, weiß, was verlangt ist, um die Gäste am Dienstagabend zu schlagen: „Ich denke mal, dass wir mindestens 60 Prozent Ballbesitz haben werden. Das steht fest, weshalb es ungemein wichtig ist, technisch sauber nach vorn zu spielen und sie zum Laufen zu zwingen.“ Die Elf aus Gibraltar hat auch Petingen im vergangenen Sommer das Leder überlassen, doch aus dem Ballgeschiebe im Mittelfeld schlug die UTP kein Kapital. Im Gegenteil: Die Lincoln Red Imps bewiesen Konterstärke und gingen weniger fahrlässig mit ihren spärlichen Einschussmöglichkeiten um. Der erste Angriff war gleichbedeutend mit der Führung.

Die Zusammensetzung des Kaders sowie die Analyse der letzten Begegnung lässt den Fola-Trainer darauf schließen, dass sich im Stade Emile Mayrisch nicht viel an dieser abwartenden Taktik des Gegners ändern wird: „Wir spielen gegen eine erfahrene Mannschaft, die sich aus älteren Spielern zusammensetzt. Der Altersdurchschnitt ist hoch. Viele sind bereits über 30 Jahre alt, viele haben bereits für die Nationalmannschaft gespielt. Sie wissen also, wie sie ein Spiel zumachen können.“

Doch mehrere Argumente sprechen bei diesem Heimspiel für die Escher, angefangen bei der Tatsache, dass die Petinger vor einem Jahr einen rabenschwarzen Tag erwischt haben – und nur in der Ferne antreten durften. Grandjean erklärte: „Wir dagegen treten zuerst auf dem eigenen Platz an, den wir kennen – auf Gras und nicht auf Kunstrasen. Wir müssen den Rhythmus diktieren und den Unterschied bereits im ersten Duell machen. Wir werden uns nicht verstellen und unser Spiel aufziehen – das, was wir am besten können. Gegen Saarbrücken haben wir das bewiesen. Sie wollten uns hoch pressen und uns damit aus dem Konzept bringen, aber wir haben das Spielgeschehen von vorne bis hinten beherrscht. Dass wir es geschafft haben, den Rhythmus gegen so einen Gegner hochzuhalten, ist eigentlich vielversprechend.“

Beim 2:1-Testspielsieg am vergangenen Mittwoch standen drei Neuzugänge in der Startelf: Linksverteidiger Grégory Grisez, Offensivstratege Mirza Mustafic sowie der neue Torjäger Michel Omosanya. „Der Kader hat einen sehr guten Eindruck hinterlassen. Die Neuzugänge sind fokussiert und gleichzeitig bescheiden. Sie wollen sich nahtlos in diesen Kader einfügen. Wir haben die vergangenen drei Wochen genutzt, um uns zu steigern.“ Die Abgänge sind bekannt, doch auch Diogo Pimentel (gesperrt) sowie Hugo Monteiro, Tiago Semedo, Gilson Delgado und Bob Simon (alle verletzt) werden beim Königsklassen-Hinspiel fehlen. Bei den angeschlagenen Guillaume Mura und Jules Diallo will der Trainerstab ebenfalls kein Risiko eingehen. 

Die Zielsetzung ist auch ohne diese Spieler klar: Mit einer bequemen Führung am kommenden Dienstag auf Kunstrasen antreten. Für Grandjean gibt es aber keinerlei Gründe, bereits im Vorfeld über die Bedingungen in der Ferne zu debattieren: „Hören wir doch damit auf, uns über die Hitze dort zu beschweren. Wir müssen stark auftreten, egal wie warm es ist. Wenn wir unseren Job in Gibraltar erledigen müssen, dann werden wir es tun. Man kann nicht schon jetzt nach Entschuldigungen suchen …“ Aber mit ein paar Toren im Gepäck würde es sich sicher besser reisen lassen.