TischtennisFLTT-Nationaltrainer Peter Engel: „Ich habe noch sehr viel zu geben“

Tischtennis / FLTT-Nationaltrainer Peter Engel: „Ich habe noch sehr viel zu geben“
Peter Engel will dafür sorgen, dass das angebotene Training qualitativ hochwertig ist Foto: Hessischer Tischtennisverband

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Der nationale Tischtennisverband hat während der Corona-Krise mit Peter Engel den Nachfolger von Peter Teglas als Nationaltrainer bekanntgegeben. Der 66-jährige Deutsche kann auf eine sehr erfolgreiche Vergangenheit als aktiver Spieler zurückblicken. Peter Engel bestritt insgesamt 40 Spiele mit der deutschen Nationalmannschaft. Jetzt soll er die FLTT-Mannschaft zu Titeln führen.

Seit drei Jahrzehnten ist der gebürtige Westfale nämlich ebenso erfolgreich als Trainer unterwegs. Die FLTT konnte sich die Dienste eines erfahrenen Lehrmeisters und Globetrotters sichern. Das Tageblatt hat mit Peter Engel über seine Vergangenheit als Spieler, seine Erfahrung als Trainer und natürlich auch über seine neue Herausforderung in Luxemburg gesprochen.

Tageblatt: Was hat Sie dazu bewogen, den Job als FLTT-Nationaltrainer anzunehmen? 

Peter Engel: Ich kenne die Verantwortlichen des luxemburgischen Verbandes und auch die meisten Trainer seit vielen Jahren. Konkret wurde ich von Romain Sahr und Henri Dielissen angesprochen. Mein Vertrag hat am 20. Juli begonnen und läuft bis Ende 2024. Danach hab ich vorgesehen, in Rente zu gehen. Es ist eine „Win-Win-Situation“. Einerseits hat die FLTT Ausschau nach einem erfahrenen Trainer gehalten. Andererseits wollte ich weniger reisen, da ich schließlich keine 23 mehr bin. Nachdem meine Frau vor zwei Jahren gestorben ist, hatte ich mir sehr viel Arbeit aufgeladen, um den Verlust zu vergessen. Zudem hab ich weiterhin Kontakte zu Spielerinnen in Indien und in Tschechien, um die ich mich besser kümmern kann, wenn ich nicht ständig unterwegs bin. Durch meine Kontakte hoffe ich ebenfalls starke Sparringspartner nach Luxemburg lotsen zu können.

Als Spieler waren Sie selbst sehr erfolgreich. Welches waren Ihre schönsten Erfolge?

Wichtigster Einzelerfolg ist zweifellos der nationale Titel, den ich 1984 im Finale gegen Ralf Wosik gewonnen habe. Damit hatte ich ein großes Ziel meiner aktiven Karriere erreicht. Eine tolle Erfahrung war auch der Gewinn der Champions League an der Seite von Jan-Ove Waldner und Georg Böhm. Beste Erinnerungen habe ich ebenfalls an den fünften Platz bei der Mannschafts-WM in Birmingham.

Es ist bestimmt eine tolle Erinnerung, mit einem der besten Spieler aller Zeiten aufgeschlagen zu haben. Wie würden Sie Jan-Ove Waldner beschreiben?

Ich hab sogar drei Jahre zusammen mit ihm gewohnt und kenne ihn demnach sehr gut. Er ist sehr zurückhaltend. Was sein Spiel anbelangt, so beschreiben ihn einige als verrückt, andere halten ihn für ein Genie. Ich tendiere zu Letzterem. Wir sind immer noch gute Freunde und haben uns zuletzt bei der WM in Schweden getroffen.

Wann und aus welchen Beweggründen wurden Sie später Tischtennislehrer? 

Die Idee, Trainer zu werden, bekam ich konkret an dem Tag, an dem ich das erste Geld mit Tischtennis verdient habe. Das war im Alter von 14 Jahren, als ich ein Turnier gewann. Ich dachte mir, dass dies mein Beruf werden könnte. Es hat allerdings noch 22 Jahre gedauert, bis ich den ersten Trainerjob angenommen habe. Man muss nicht unbedingt ein guter Spieler gewesen sein, um als Trainer erfolgreich zu sein. Der Bonus als Spieler ist schnell aufgebraucht. Als Tischtennislehrer soll man nicht in der Vergangenheit leben. Vielmehr gilt es, tagtäglich hinzuzulernen.

Ich bin nach Luxemburg gekommen, um mitzuhelfen. Dabei möchte ich auf keinen Fall Konkurrent zu irgendjemandem sein. Mir geht es darum, dass alle von meinen Erfahrungen profitieren. 

Peter Engel, FLTT-Nationaltrainer

Welches wird Ihr Aufgabenbereich in Luxemburg sein? Gibt es konkrete Zielsetzungen?

Meine Aufgabe besteht in erster Linie darin, das Trainerteam zu optimieren und die Kräfte zu bündeln. Ich bin nach Luxemburg gekommen, um mitzuhelfen. Dabei möchte ich auf keinen Fall Konkurrent zu irgendjemandem sein. Mir geht es darum, dass alle von meinen Erfahrungen profitieren. Ich habe keine Geheimnisse und will mein Wissen teilen. Davon soll jeder sich bedienen. Ich glaube, dass ich in dieser Hinsicht noch sehr viel zu geben habe. Mein Fokus richtet sich auf die Talente, denen ein nahtloser Übergang von der Altersklasse der U21 zu den Senioren ermöglicht werden soll. Dabei wird mir unter anderem Dragos Olteanu zur Seite stehen. Um die Nationalmannschaft der Herren kümmert sich Martin Ostermann. Für die Damen ist weiterhin Tommy Danielsson zuständig. Sarah De Nutte, der ich die Olympiaqualifikation absolut zutraue, bekam meinen Kollegen Peter Teglas vom Verband als Privattrainer zur Seite gestellt.

Durch die Covid-19-Krise wurde auch die Tischtenniswelt durcheinandergewirbelt. Wie kann man sich die Arbeit auf dem Terrain derzeit konkret vorstellen? Was ist Ihr erster Eindruck?

Beim Training gibt es, bis auf das Duschverbot in der Halle und eine geringere Anzahl von Spieler(inne)n, wenig Einschränkungen. Derzeit versuche ich, mir einen Überblick zu verschaffen. Auch wenn viele noch im Ausland sind, ist der erste Eindruck ganz gut. Das Potenzial ist vorhanden und der Nachwuchs gibt sich viel Mühe, hoffentlich bleibt es auch dabei. Was die Infrastruktur anbelangt, so bietet die „Coque“ Möglichkeiten, die in Europa ihres Gleichen suchen. Von einer solch professionellen Umgebung konnte ich in Berlin nur träumen.

Die Austragung der Tischtennis-WM wurde bereits mehrmals verschoben. Glauben Sie daran, dass in diesem Jahr noch Wettkämpfe stattfinden werden?

Auf nationaler Ebene kann ich mir die Austragung von Wettkämpfen in diesem Jahr vorstellen. Was die internationalen Turniere anbelangt, bin ich eher skeptisch.

Worauf werden Sie einen besonderen Wert legen?

In erster Linie geht es mir darum, ein qualitativ hochwertiges Training zu bieten. Zunächst sollen die Trainingsumfänge stabilisiert und danach vielleicht etwas hochgefahren werden. Dabei ist es wichtig, beim Training genug Druck aufzubauen. Viele Spieler sind in der Vorbereitung zu locker und anschließend beim Wettkampf zu nervös. Den Topspielern gelingt die Umsetzung vom Training auf ein Turnier nahtlos.

Bei der EM 2017 in Luxemburg waren die Zuschauerzahlen enttäuschend. Wie kann man den Tischtennissport attraktiver gestalten?

In Luxemburg ist der Funke vielleicht noch nicht übergesprungen. In Indien finden die Meisterschaftsspiele teilweise vor 3.000 bis 4.000 Zuschauern statt, das war nicht immer so. Dort wird jetzt nach einem interessanten Modus, zum Beispiel mit einem gemischten Doppel, gespielt. Bei den Übertragungen im Fernsehen gibt es immer eine erklärende Einleitung. Transparenz spielt meiner Meinung nach eine wichtige Rolle.

Steckbrief

Name: Peter Engel
Geboren am 13. Januar 1954 (66)
Gebürtig: Neunkirchen-Vluyn (Nordrhein-Westfalen), jetziger Wohnort: Nittel (Rheinland-Pfalz)
Mannschaftstitel: 1986: Gewinn des Europapokals der Landesmeister mit dem ATSV Saarbrücken; 5 Mal Deutscher Meister (1977 mit dem SSV Reutlingen 05 und 1983, 1984, 1985, 1989 mit dem ATSV Saarbrücken); 7 Mal Pokalsieger (1972 mit dem Meidericher TTC 47 / 1977, 1980 und 1981 mit dem SSV Reutlingen 05 / 1985, 1986 und 1989 mit dem ATSV Saarbrücken)
Einsätze Nationalmannschaft: 40 Länderspiele (von 1975 bis 1983): Teilnahme an zwei Weltmeisterschaften und drei Europameisterschaften
Einzel- und Doppelerfolge: 1975: Sieger Bundesranglistenturnier; 1976: EM-Viertelfinale im Doppel; 1978: Deutscher Meister im Doppel (mit Jochen Leiß); 1984: Deutscher Meister im Einzel
Trainerstationen: 1990-1993: ATSV Saarbrücken; 1993: SPVG Steinhagen; 1994-1999: Nationaltrainer der Niederlande; 1999-2011: Leiter des Tischtenniszentrums in Barcelona; ab 2013: Ausländischer Experte des indischen Verbandes; 2015: Trainer Tischtennisverband Hessen; 2020: Nationaltrainer FLTT und Betreuung deutscher, indischer und tschechischer Spielerinnen (innerhalb der Kaderaktivitäten am Standort Luxemburg)