SchwimmenEndlich wieder ein Rekord: Der lange Weg von Julien Henx zurück an die Spitze

Schwimmen / Endlich wieder ein Rekord: Der lange Weg von Julien Henx zurück an die Spitze
Julien Henx hat quälend lange 27 Monate hinter sich  Foto: Le Quotidien/Luis Mangorrinha

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Nach einem komplizierten Jahr 2021, in dem sich Julien Henx zum zweiten Mal mit Covid-19 infiziert hatte, an einer Lungenembolie litt und während Wochen überhaupt nicht trainieren konnte, meldete sich der 26-jährige Schwimmer am letzten Wochenende endgültig zurück. Über 50 Meter Schmetterling unterbot Henx seinen eigenen Landesrekord um acht Hundertstel. So schnell war der Sportsoldat seit zwei Jahren nicht mehr unterwegs gewesen.

Die Erleichterung war Julien Henx auch Tage nach seinem erfolgreichen Aufritt am Wochenende auf dem Campus Geesseknäppchen deutlich anzumerken. Hinter ihm liegen lange 27 Monate, die mit dem ersten Lockdown im Frühling 2020 begannen und ein Jahr später mit seiner zweiten Corona-Infektion binnen gerade einmal fünf Monaten, einer Lungenembolie und großer Ungewissheit fortgesetzt wurden. Dass der Sportsoldat endlich wieder Rekorde schwimmen kann, ist demnach alles andere als selbstverständlich.

Denn noch immer ist der 26-Jährige nicht auf dem Niveau angekommen, das er vor seiner Corona-Infektion hatte. Besonders ein Bereich bereitet ihm noch immer große Probleme, die Erholung. „Ich trainiere wieder zweimal pro Tag, doch danach bin ich körperlich einfach erledigt, habe nicht einmal mehr Lust, einkaufen zu gehen.“ Bereits das Schleppen der Einkaufstüten ist für den 26-Jährigen mit Schmerzen in den Armen verbunden. „Nach hartem Training bin ich sonst morgens fit, aktuell bin ich aber auch dann noch immer nicht erholt, es ist wie ein Muskelkater, der immer da ist“, erklärt Henx seine schwierige Verfassung der letzten Monate.

Das Schlimmste dabei ist für den 26-Jährigen, dass die Langzeitfolgen einer Corona-Infektion auch für die Mediziner noch unbekannt und mit einem großen Fragezeichen verbunden sind: „Niemand kann mir genau sagen, wie es in sechs Monaten aussieht, wann und ob es überhaupt wieder besser wird.“ Und so musste Julien Henx lernen, auf seine derzeitige körperliche Verfassung einzugehen und sich anzupassen. „Ich muss auf kleine Details aufpassen. Eine gewisse Müdigkeit, ein Kratzen im Hals oder auch eine gewisse Gereiztheit, und es dann einfach etwas langsamer angehen lassen.“ Nicht einfach für einen Profisportler, der es immer gewohnt war, Höchstleistungen zu liefern, und auch nicht für den Trainer, der Geduld mit seinem Schützling haben muss: „Man muss lernen, Kompromisse einzugehen“, weiß der 26-Jährige inzwischen. Und so hat Julien Henx gelernt, dass er einen Wettkampf am besten verarbeitet, wenn er danach eine Woche Pause einlegt und es dann eine weitere Woche im Training etwas langsamer angehen lässt. 

Wie wichtig das Lungenvolumen für einen Hochleistungssportler und eben gerade für einen Schwimmer ist, erklärt Henx auch an folgendem Beispiel: „Bei anderen Personen machen zwei, drei Prozent weniger Volumen vielleicht nicht direkt etwas aus. Bei mir bedeuten scheinbar so kleine Prozentsätze im Endeffekt jedoch durchaus eine halbe Sekunde.“ Und so waren die letzten Monate für den Sportsoldaten auch mental alles andere als einfach. „Ich war es gewohnt, immer wieder Rekorde zu schwimmen, auch in den Medien stets präsent zu sein. Dann kam der Lockdown, keine Trainingsmöglichkeiten, ein Jahr kaum Wettkämpfe, die Krankheit. Dadurch habe ich an Gewicht zugenommen, meine Wasserlage hat sich geändert. Es waren einfach so viele Faktoren, die zusammengekommen sind und jeder geht damit anders um. Ich bin da dann doch etwas emotionaler.“

Zurück in Luxemburg

Dass er aber stets positiv geblieben ist und seinen Trainings- und Lebensmittelpunkt inzwischen wieder von Bordeaux nach Luxemburg verlegt hat, habe ihm stark weitergeholfen. Mit Arslane Dris ist auch sein Klubtrainer aus Frankreich inzwischen in Luxemburg beim Verband tätig, große Umstellungen gibt es somit für den 26-Jährigen nicht. „Für mich ist das natürlich von Vorteil, doch ich will noch einmal betonen, dass er nicht mein Trainer ist, sondern beim Verband arbeitet und somit auch ein ganzes Team betreut.“ Dennoch kennen sich beide seit Jahren und Dris weiß somit genau, wie er mit seinem Schwimmer umgehen muss: „Er weiß, dass ich im Winter die Sonne brauche, im Sommer aber bei 35 Grad nicht gut funktioniere, wann ich genervt bin – es ist einfach ein vertrauter Umgang, der vieles erleichtert.“

Und so war es kein Wunder, dass es für Henx ein ganz besonderes Gefühl war, sich vor seinem Coach, seiner Familie, eben seinem vertrauten Umfeld, am Wochenende wieder an der Spitze zurückzumelden, als er den nationalen Rekord über 50 Meter Schmetterling auf 23’’55 herunterschraubte. „Bereits morgens war ich schneller unterwegs als beim letzten Euromeet 2020. Auch wenn ich in den letzten Wochen wieder krank war, wusste ich, dass etwas möglich wäre.“ Dies bewies er dann eindrucksvoll am Nachmittag und schwamm eine Zeit, die bei der letzten WM fürs Halbfinale gereicht hätte.

Den Blick hat Julien Henx aber auf Paris 2024 gerichtet, denn sein Traum von Olympia lebt mehr denn je, auch wenn seine derzeit stärkste Disziplin nicht im olympischen Programm ist. So wird der Sportsoldat in den kommenden Wochen auch versuchen, sich über 50 Meter Freistil weiter zu steigern und am liebsten bei der EM im August in Rom ein Halbfinale draufsetzen. Und wer das Kämpferherz von Julien Henx in den vergangenen Monaten gesehen hat, weiß, dass dies sicherlich nicht unmöglich ist.