/ EM-Qualifikation gegen Bosnien: Vorbereitung im Schnellverfahren
Kim Hermes
„T“: Seit knapp einem Monat machen Sie den Job als A-Nationaltrainer (seit dem 3. August als Interim, seit dem 17. August hauptamtlich). Wenig Zeit, um eine Qualifikation vorzubereiten, oder?
Luc Holtz: „Natürlich hätte ich gerne mehr Zeit gehabt, aber es fängt langsam an, Routine zu werden, obwohl es noch ganz früh ist. Abgesehen davon, dass nicht viel Zeit blieb, sich spezifisch auf die Gegner vorzubereiten, müssen die Spieler und ich uns erst kennenlernen. Das dauert eben, bis ich weiß, wie die einzelnen Spieler funktionieren und sie müssen mich auch mit meinen Fehlern und Qualitäten kennenlernen. Das kommt jetzt langsam. Aber was die Gegner anbelangt, so hätte man sicher gerne mehr Informationen. Ich habe jetzt so viel wie möglich über Bosnien in Erfahrung gebracht, aber drei Tage später sind wir schon in Albanien. Da wird die Zeit knapp und die Informationen auch. Aber damit müssen wir leben. Für die ersten Spiele, auch noch im Oktober, ist alles relativ kurz, aber wir müssen schauen, das so gut wie möglich über die Bühne zu bekommen.“
„T“: Können vor diesem Hintergrund schon Ziele für die Kampagne formuliert werden? Zuletzt gab es immer Punkte und mit weniger werden sich die Leute ungern zufriedengeben.
L.H.: „Ich ziehe nicht gern Vergleiche. Ob das jetzt der Trainer davor war oder der noch davor. Das Einzige, was ich dazu sage ist: ‚Wie lange haben die vorigen Trainer gebraucht, bis sie einen Punkt geholt oder ein Spiel gewonnen haben?‘ Ich weiß es nicht, aber wenn Sie in den Archiven nachsehen, werden Sie feststellen, dass es durchaus ein paar Jahre gedauert hat. Wenn ich es so sehen will, habe ich noch ein paar Jahre Zeit. Ich weiß aber auch, dass die Zeit im Fußball nicht gegeben ist. Aber Trainervergleiche ziehe ich nicht gerne, weil sich die Philosophien unterscheiden. Ein Ziel, was Punkte anbelangt, habe ich von daher nicht.“
„T“: Aber schön wäre es doch.
L.H.: „Natürlich. Ich gehe jedes Mal aufs Feld, um zu gewinnen. Egal, wer der Gegner ist, auch morgen. Aber wir müssen uns auch bewusst sein, dass wir gegen jeden Gegner eine Klatsche kassieren können. Es ist noch nicht so lange her, dass wir 7:0 in Israel verloren haben. Dieses Risiko gehen wir als Luxemburger immer ein. Genauso, dass man je nach Spielverlauf sagen kann: ‚O.k., wir wollen den Punkt‘. Für morgen fehlen uns ganz wichtige Spieler: Strasser, Malget, Blaise, Payal ist gesperrt. Wir können also nicht in Bestbesetzung antreten. Es ist an denen, die dabei sind, zu zeigen, dass sie unter die ersten elf gehören.“
„T“: Das Spielsystem war zuletzt ein 4-5-1. Wird das beibehalten oder schwebt Ihnen etwas anderes vor?
L.H.: „Ich habe sicher meine Ideen, aber ich setze nicht das System hin und versuche, die Spieler da reinzupressen. Ich habe gemerkt, dass sie das 4-5-1 am besten verinnerlicht haben, das ist das, was sie gewohnt sind und das System, in dem ihre individuellen Qualitäten am besten zur Geltung kommen, d.h. das Defensive, im Block tief stehen und kollektiv gut verteidigen. Im Moment ist es zu riskant, kurzfristig etwas zu ändern. Die Zeit ist einfach nicht gegeben. Da geht es um Automatismen und das dauert, bis die intus sind. In so kurzer Zeit geht das nicht.“
„T“: Wegen der Ausfälle ist Mario Mutsch derzeit der Einzige mit langer und regelmäßiger Profi-Erfahrung. Werden wir in Zukunft mehr solche Spieler haben?
L.H.: „Profis? Es wäre zu hoffen, dass einige hinzukommen. Aber das liegt an den Spielern. Ich kann das nicht beantworten, denn das hängt von ihren Leistungen in den Vereinen ab, ihrer Ausbildung, von ihrem Charakter. Solche Spiele wie morgen sind gute Sprungbretter. Der Rest ist eine Sache des Willens, davon, sich immer im Training zu beweisen. Es ist zu großen Teilen eine Sache der Mentalität.“
„T“: In diesem Zusammenhang: Bei Ihrer Amtseinführung haben Sie gesagt, dass Sie die Spieler mehr fordern wollen bei eigenem Ballbesitz. Braucht man da nicht mehr Profis, denn der Unterschied zwischen einem BGL-Ligue-Spiel und einem Spiel gegen Bosnien ist doch sehr groß?
L.H.: „Ja, ganz sicher. Wenn ich mir Mario Mutsch im Ballbesitz anschaue, da geht alles ein bisschen schneller als bei den anderen. Und was die Mentalität angeht, so sieht man dass er sich immer weiter verbessern will. Er hört nicht auf. Er ist dahin gekommen, weil er eben diesen Charakter hat, die Leidenschaft und auch den Willen, sich durch zu beißen. Um jetzt spezifisch auf die Frage zu antworten: Kreativer und mehr zu spielen, wenn wir den Ball haben, geht immer auf Kosten der Defensiv-Organisation. Dann kommen Fußball-spezifische Details dazu, auf die ich jetzt nicht eingehe, sonst reden wir hier noch eine Stunde. Da geht es um individuelle Qualitäten und Eins-gegen-eins-Situationen, wo wir im Moment nicht so stark sind. Darum können wir das jetzt noch nicht machen.“
„T“: Was wäre ein persönlicher Wunsch des Trainers Luc Holtz für diese EM-Kampagne?
L.H.: „Davon habe ich viele. Ich habe gesagt, dass ich in jedem Spiel antrete, um zu gewinnen. Sie können sich ja vorstellen, dass ich nicht leer ausgehen will, was die Punkte betrifft. Die ersten vier Spiele will ich einfach nur so solide wie möglich über die Bühne kriegen. Wenn erst mal die nötige Ruhe eingekehrt ist, kann man sich mit dem Spielerischen befassen. Jetzt will ich zuallererst Sicherheit haben und die kriegt man, wenn man ein gutes Resultat erreicht. Damit kann man die Spieler von den eigenen Qualitäten überzeugen und dann ist einiges drin. Der Wunsch wäre, so schnell wie möglich Punkte zu holen. Korrektheit und Respekt sind Dinge, die mir sehr wichtig sind. Auf jeder Ebene. Ob das in der Gruppe ist oder von den Leuten, die außerhalb stehen. Es wäre nett, wenn jeder das so handhaben würde.“
- Pokal-Finalspiele - 23. Mai 2016.
- Untere Divisionen - 22. Mai 2016.
- BGL Ligue / Ehrenpromotion - 22. Mai 2016.