Euro 2021 – Exportweltmeister FrankreichEine Fußball-Maschine, die niemals stillsteht

Euro 2021 – Exportweltmeister Frankreich / Eine Fußball-Maschine, die niemals stillsteht
Kylian Mbappé ist einer der wenigen Franzosen, die noch in der Heimat spielen Foto: AFP/Franck Fife

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Französische Fußball-Stars sind ein Exportschlager. Die Nachwuchsschmiede des Weltmeisters ist seit Jahren weltberühmt.

Kylian Mbappé war nicht sonderlich begeistert. Newcastle United? „Da ist es nicht so warm, oder?“, fragte Frankreichs Wunderstürmer in dem Internet-Video. Zu Englands abgestürztem Prestigeklub hatte Co-Star Antoine Griezmann ihn für 134 Millionen Euro transferiert – zumindest in seinem Managerspiel, in dem Mbappé ihn umgehend zum Champions-League-Sieger schoss.

Doch auch im echten Leben sind Fußballer aus dem Land des Weltmeisters sündhaft teure Exportschlager. „Frankreich war schon immer ein Entwicklungsland für junge Fußballer“, sagte Bayern Münchens scheidender Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge vor einigen Monaten der Welt: „Es macht in dieser Hinsicht einen tollen Job, vielleicht sogar den besten weltweit.“

Ganze sechs Franzosen stehen mittlerweile im Bayern-Kader, bald kommt Dayot Upamecano noch hinzu. In Kingsley Coman, Corentin Tolisso, Benjamin Pavard und Lucas Hernandez gehören alleine vier Münchner zum EM-Kader der „Equipe Tricolore“, der an der Isar am Dienstag (21.00 Uhr/ZDF und MagentaSport) zum Turnierauftakt Deutschland fordert.

Wer im Weltfußball etwas auf sich hält, kauft Franzosen – und zahlt viel Geld dafür. Die 80 Millionen Euro, welche die Bayern 2019 für Hernandez an Atletico Madrid überwiesen, sind dabei noch moderat. Mbappé ging für 145 Millionen Euro zu Paris Saint-Germain, Griezmann kostete den FC Barcelona 120 Millionen. Es sind nur die prominentesten Namen, aber im Aufgebot der Franzosen sind nahezu alle Top-Vereine Europas vertreten.

FC Chelsea, Real Madrid, Juventus Turin: Überhaupt spielen nur sechs der 26 Nominierten noch in Frankreich. Zwei davon sind die Ersatztorhüter Mike Maignan (OSC Lille) und Steve Mandanda (Olympique Marseille). Der Rest ist ausgewandert, weil der große Fußball rief. Was ist das Geheimnis hinter dem Fußball-und Exportweltmeister? Frankreich-Kenner Gernot Rohr sieht ihn in den Strukturen.

„Es wird sehr früh und sehr gut mit Jugendlichen gearbeitet. Die Talente werden regional und national gesichtet“, sagte der frühere Spieler und Trainer von Girondins Bordeaux dem SID: „Sie werden früh mit 13 Jahren zusammengezogen.“ Schon 1972 hatte der damalige Verbandspräsident Fernand Sastre die Idee für das Leistungszentrum Clairefontaine, das rund 60 Kilometer von Paris entfernt liegt und 1988 eröffnet wurde.

Seitdem werden dort Frankreichs Stars geschmiedet, es war ein Geniestreich. Denn der Pool an Talenten im Großraum Paris ist riesig, gerade den vielen Kindern aus in prekären Verhältnissen lebenden Familien wird so eine Perspektive auf eine Profikarriere geboten. Mittelfeldmotor Paul Pogba erklärte die Qualität, die in seinem Land quasi im Überfluss vorhanden zu sein scheint, vor Jahren in einem Interview mit ESPN.

„Ob in der Schule oder draußen in der Nachbarschaft, alle werden Fußball spielen“, sagte der Profi von Manchester United: „Jeden Tag gibt es den Ball, er hilft uns, keine dummen Dinge zu tun. Er ist alles, was es gibt.“ Diese Kinder, die auch Pogba, Mbappé oder vor ihnen auch ein Zinédine Zidane einmal waren, wird es immer geben. Und deshalb versiegt auch Frankreichs Talente-Quelle wohl nie.