Ein Warnzeichen von Evans und Contador

Ein Warnzeichen von Evans und Contador

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Andy Schleck war der große Verlierer der ersten Alpenetappe am Dienstag. Er büßte 1'09" auf Cadel Evans und 1'06" auf Alberto Contador ein, der die Attacke lanciert hatte.

Frank Schleck hielt den Schaden in Grenzen. Er verlor nur 21 Sekunden auf Evans und 18″ auf Contador.

Zu Radrennen gehören flache, hügelige, glatte, nasse, krumme, gefährliche, kurvenreiche oder aber auch steil abfallende Straßen. Die Tour de France findet nicht auf einer Geraden statt, die über 3.500 km durch die Landschaft gezogen wird. Das macht den Reiz dieser Rundfahrt aus, deren Ausgang auch wegen der oft wechselnden Wetterbedingungen so unberechenbar ist wie kein anderer.

Wer die Tour gewinnen will, muss auf allen Terrains einigermaßen zurechtkommen, ob das nun in einer Steigung oder aber in einer Abfahrt ist, die ja unweigerlich auf diese Steigung folgt. Till Eulenspiegel ist immer mit Freude den Berg hochgegangen, weil er wusste, dass es danach bergab geht. Eine Reihe Radrennfahrer – zu denen auch Frank und Andy Schleck zählen– sind nicht so erbaut über die Abfahrten, die sie von den Organisatoren der Tour vorgesetzt bekommen.

Für alle gleich

Sie üben offen Kritik an der ASO und rücken die Gesundheit der Sportler in den Vordergrund. Bei allem Verständnis für die Anliegen der Leopard-Trek-Leader aber sollte nicht vergessen werden, dass die Bedingungen für alle gleich sind. Letztes Jahr wurde über die Pavés larmoyiert, wo Frank Schleck das Schlüsselbein brach, dieses Jahr sind es die steilen Abfahrten, nächstes Jahr vielleicht das schmuddelige Wetter…

Am Dienstag schoss der Regen zeitweise wie Stahlstäbe auf die Tour. Meistens war es nass, nur zeitweise trocken, und den ganzen Tag über recht kalt. In diese trostlose Atmosphäre hinein ließ Alberto Contador am Col de Manse gleich viermal einen Blitz zucken. Die ersten Versuche brachten die Konkurrenz nicht ins Wanken, doch der ultime Schlag des dreifachen spanischen Toursiegers zeigte Wirkung. An Contadors Seite blieben nur Cadel Evans und Samuel Sanchez, während die andern, allen voran „Maillot Jaune“ Thomas Voeckler und Frank Schleck, insbesondere aber Andy Schleck, lockerlassen mussten.

Profiteur Cadel Evans

Der große Profiteur von Contadors Attacke aber war nicht er selbst, sondern der Australier Cadel Evans, der sich in der Schlusspartie allein absetzte und Contador drei Sekunden abnahm. Während Frank Schleck den Schaden einigermaßen in Grenzen halten konnte, büßte Andy Schleck über eine Minute auf Evans und Contador ein. Der Australier manövrierte sich dadurch in eine blendende Ausgangsposition.

Er liegt nur noch 1’45“ hinter Thomas Voeckler, der zwar sein „Maillot Jaune“ rettete, sich selbst aber nicht für fähig hält, es noch lange mit Erfolg zu verteidigen. Die Etappe gewann der Norweger Thor Hushovd, der mit zehn Tageserfolgen in der Tour nun gleichauf liegt mit Charly Gaul.

Ein Blick auf die Gesamtwertung zeigt, dass für die beiden Luxemburger noch keine Panikmache angesagt ist. Frank Schleck liegt nur 4 Sekunden hinter Cadel Evans, behält aber noch 1’53“ Vorsprung auf Alberto Contador. Für Andy Schleck auf Platz 4 ist die Lage zwar nicht so günstig, aber auch nicht dramatisch. Er hat gegenüber Evans 1’48“ Rückstand, bleibt aber 39″ vor Contador. Schon heute Abend im italienischen Pinerolo könnte alles anders sein. Richtige Schlüsse können sowieso erst nach der Etappe vom Donnerstag gezogen werden.

Neuschnee

Für Mittwoch ist relativ gutes Wetter mit Temperaturen über 20 Grad angesagt, doch für Donnerstag will niemand eine Prognose wagen. Auf dem Galibier (2.645 m) fielen am Dienstag bis zu 20 Zentimeter Neuschnee. Seit Tagen herrschen dort oben Temperaturen um den Gefrierpunkt. Am letzten Sonntag mussten 200 Hobbyfahrer vom Gipfel gerettet werden, weil sie das Wetter unterschätzt hatten. Der Colle dell’Agnello (2.744 m) dagegen soll jedoch gut befahrbar sein.

Wetterumstürze brachten vor 15 Jahren die Tour, die Bjarne Riis gewann, durcheinander. Wegen Eisregens auf dem Col d’Iseran und Windböen von über 100 km/h auf dem Galibier musste die Etappe nach Sestrière auf 46 Kilometer verkürzt werden. Dramatischer war es ein Jahr zuvor am Colle dell’Agnello im Giro. Tony Rominger trug das Rosa Trikot, aber er war krank und hatte Fieber.

Trotz Schneefalls wurde die Etappe gestartet. Einen Kilometer vor der Passhöhe aber wurde der Wagen des Schweizer Journalisten Willi Erzberger von einer Nassschneelawine begraben. Auch zwei Autos der Organisation erlitten Schaden.

Der 75-jährige Erzberger, der am Dienstag Gast bei der Tour war, kam mit dem Schrecken davon, das Auto hatte einen Schaden von 18.000 Schweizer Franken. Die verkürzte Etappe gewann Pascal Richard, den Giro trug Rominger davon. „Ohne Willy hätte ich diese Rundfahrt nie gewonnen“, sagt Tony noch heute.