Ein Terrier, der noch immer beißt

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Berti Vogts war zu seiner aktiven Zeit ein äußerst unangenehmer Gegner. Der „Terrier“ war ein richtiger Wadenbeißer und blieb nie einem Gegner eine Antwort schuldig. Diese Attitüde hat er beibehalten und lässt es gerne mal die aserbaidschanische Presse spüren.

Bei der Pressekonferenz am Donnerstag gab er deutlich zu verstehen, dass sich der Fußball in der ehemaligen Sowjetrepublik zu langsam entwickelt. Für die rezenten Leistungen der FLF-Auswahl fand Vogts hingegen lobende Worte.

„Vereine machen Druck“

Am Montag hatte sich Bundestrainer Jogi Löw für eine Vorqualifikation für kleine Nationen ausgesprochen. Berti Vogts zeigte ein wenig Verständnis für diese Meinung, wies aber im nächsten Satz auf das für ihn größere Übel hin: „Die Vereine erzeugen einen ungeheuren Druck. Sie wollen noch mehr Spiele und noch mehr Geld. Ich war selbst Trainer eines großen Verbands (Deutschland, d. Red.) und weiß, wie man unter Druck gesetzt wird. Als Nationalmannschaft eines kleinen Verbandes hat man immer weniger Möglichkeiten, Testspiele zu organisieren. Jetzt wurde uns sogar der August-Termin gestrichen. Wie sollen wir uns unter diesen Umständen weiterentwickeln? Das geht nicht. Aber solange Platini UEFA-Präsident bleibt, wird es keine Vorqualifikation geben.“

(del)

Fragen nach der taktischen Ausrichtung beantwortet Vogts prinzipiell nicht. Als ein aserbaidschanischer Journalist ihn darauf hinweist, dass seine Mannschaft doch eigentlich technisch stärker ist als Luxemburg, geht der ehemalige Bundestrainer in die Offensive und watscht den Schreiberling erst einmal ab: „Woher wollen Sie das denn wissen? Bleiben Sie doch bitte etwas bescheidener“, so seine bissige Antwort.

Schleppende Entwicklung

Und es geht noch weiter. Vor allem die schleppende Entwicklung im Zehn-Millionen-Einwohner-Staat ist dem 66-Jährigen ein Dorn im Auge. „Wir haben tolle Stadien, einen gut organisierten Verband und neue Trainingsplätze, nur trainiert wird noch immer nicht mehr. Wenn ich mittags durch das Land fahre, sind die Fußballplätze alle leer. Das enttäuscht mich sehr. Das sind Dinge, die ich immer wieder ansprechen muss. Auch die besten Rahmenbedingungen bringen nichts, wenn Mentalität und Charakter nicht stimmen.“

Trotzdem war der ehemalige Spieler von Borussia Mönchengladbach zufrieden mit der Vorbereitung seiner Mannschaft. „Wenn wir das umsetzen, was wir trainiert haben, bin ich guter Dinge, dass wir ein Ergebnis machen können. Die Spieler sind physisch und mental gut vorbereitet.“

„Caribbean guy?“

Die Favoritenrolle will Vogts sich aber nicht in die Schuhe schieben lassen. „Wenn wir vor heimischem Publikum spielen würden, dann würde ich diese Rolle annehmen, aber auswärts rufen wir einfach nicht die gleiche Leistung ab.“ Vogts hat sich eine Menge Gedanken über die FLF-Auswahl gemacht, einige Spiele analysiert und wartete auf der Pressekonferenz mit erstaunlichem Wissen auf. Obwohl Christopher Martins noch kein Länderspiel für Luxemburg bestritten hat, kennt Vogts das Talent

„Dieser 16-jährige ist ein sehr interessanter Spieler. Ich hoffe, er befindet sich in guten Händen. Was ist er eigentlich? Portugiese oder ein ‚Caribbean guy‘? Auf jeden Fall hat er viel Talent.“

Kompliment

Auch die Arbeit von FLF-Nationaltrainer Holtz hat es ihm angetan: „Großartig, wie dieser junge Trainer seine Mannschaft weiterentwickelt hat. Kompliment. Gegen Portugal hat dieses Team mitgespielt und wurde durch ein Tor des Monats belohnt. Eigentlich hätte Luxemburg ein Unentschieden verdient gehabt. Dieses Spiel verdeutlicht, dass wir uns auf eine aggressive und kompakte Mannschaft einstellen müssen, die ihr Spiel gut verschiebt.“

Zum Abschluss wünschte der „Terrier“ der angereisten aserbaidschanischen Presse noch einen schönen Feiertag (gestern war das aserbaidschanische Frühjahrsfest, vergleichbar mit Ostern) und fügte gewohnt trocken hinzu: „Ruhen Sie sich gut aus, denn morgen (Freitag/22.03.13) wird ein harter Tag.“