/ "Ein Schlag ins Gesicht"
Wie alle anderen Top-20-Judokas durfte auch Marie Muller am Samstag bei den Open de Paris mit einem Freilos beginnen.
Konkurrenz auch chancenlos
Genau wie Marie Muller waren 15 weitere Top-20 Athletinnen am Start der -52-kg-Kategorie in Paris. Das Resultat spiegelt in etwa die aktuelle Weltrangliste wider, mit Siegerin Yuka Nishida aus Japan und der Silbermedaillengewinnerin Bundmaa Munkhbaatar (MGL, Weltrangliste-3.). Die Bronzenmedaillen gingen an Ana Carrascosa (ESP, 6) und an die Kubanerin Yanet Bermoy Acosta (13), die erst vor Kurzem noch in Esch auf dem Tatami stand. Für Marie Muller war am Samstag ausschlaggebend, dass ihre direkte Olympia-Konkurrenz ebenfalls sieglos blieb. Ihre erste Verfolgerin, Jaana Sundberg (FIN), wurde eine Runde nach Muller von der späteren Siegerin Nishida ausgeschaltet.
Vor Muller liegt in der Weltrangliste die Italienerin Rosalba Forcinti, die ebenfalls nach einem Sieg die Heimreise antreten musste, da die spätere Fünftplazierte Soraya Haddad (4.) sie auf Ippon besiegte.
(chd)
In ihrem ersten Kampf stand ihr Maria Garcia (DOM) gegenüber, eine Gegnerin, die sie bereits 2008 geschlagen hat. Diesmal ging der Sieg mit einem Yuko (kleinste Wertung) Unterschied an die Außenseiterin aus der Dominikanischen Republik. Die Gewinnerin des Turniers hieß derweil wieder einmal Yuka Nishida (Weltranglisten-1.), die nach einem fehlerlosen Parcours Bundmaa Munkhbaatar (3) aus der Mongolei in die Schranken wies.
Olympia-Qualifikation
Um ihre Olympia-Qualifikation bangen will die Luxemburger Judoka aus Bonneweg und des KSV Esslingen (D) dennoch nicht. Eine erste definitive Entscheidung wird erst die Europameisterschaft bringen.
Bis dahin stehen noch Wettkämpfe in Budapest, Düsseldorf und eventuell Warschau auf dem Programm, bei denen Muller keine Punkte verlieren wird. Das Punktekonto wird bei jedem Turnier mit den Ergebnissen vom Vorjahr verglichen.
Keine Bange
Da Muller 2011 weder in Budapest noch in Düsseldorf punktete, könnten in diesem Jahr dadurch nur ihre direkte Konkurrentinnen einen Punkteverlust einstecken.
Im Tageblatt-Interview gehen Judoka Marie Muller und Trainer Ralf Heiler noch einmal auf das Turnier, das Lospech und die Zukunftspläne ein.
Belastung
Tageblatt: Wie groß ist die Enttäuschung über das heutige Resultat?
Marie Muller: „Sie ist groß. 2008 habe ich knapp gegen diese Gegnerin gewonnen. Heute hat die Aggressivität gefehlt. Ich habe mich durch ihre Fehler zu sehr rausbringen lassen, als sie mir die Finger verbogen hat.“
Ralf Heiler: „Marie hat sich zu arg rausbringen lassen, danach war die Linie weg und sie hat ihre Gegnerin nicht mehr richtig zu fassen bekommen.“
Wie sehr behindert dich deine Schulterverletzung bei den Wettkämpfen?
M.M.: „Es geht eigentlich ganz gut, man merkt es halt beim Training. Es ist ein Hindernis, das man kompensieren muss. Im Wettkampf merkt man es sowieso am wenigsten, da man sich da nur auf das Kämpfen konzentriert.“
Du steckst mitten in einer fünfwöchigen Wettkampfphase, die du eigentlich hättest umgehen können. Welche Vor- und Nachteile siehst du bei diesem Turnier-Marathon?
M.M.: „Auf jeden Fall habe ich keine Probleme, das Gewicht zu halten. Demnach gibt es auch keine Hungertage vor den Wettkämpfen. Diese Belastung fällt jedenfalls weg.“
R.H.: „Die Kämpferinnen, die vorher keine Qualifikationschancen mehr hatten, sind plötzlich wieder im Rennen. Diese haben natürlich den Vorteil, dass sie sich gezielt auf spezielle Wettkämpfe fokussieren können. Von Nachteil ist für uns auch, dass sich während diesen fünf Wochen beim Training nicht die Möglichkeiten bietet, Zeit zum Beheben präziser Fehler zu haben.“
Du bist in den vergangenen Wochen auf den 18. Platz der Weltrangliste zurückgefallen. Wie sehr belastet dich das?
M.M.: „Es ist schon eine physische Belastung, durch den Druck, der auf mir lastet. Gerade gegen Ende der Qualifikationsphase wächst das an. Am Anfang denkt man sich, dass diese zwei Jahre lang sind, aber die zwei Jahre waren schnell vorbei. Wenn es dann bei einem selbst nicht so rund läuft, hofft man natürlich auch, dass es bei den anderen ebenfalls nicht so gut geht.“
R.H.: „Wenn man beispielsweise mit den Auslosungen beim Masters oder die Schiedsrichterentscheidungen beim World Cup in Tokio Pech hat, und die Leistung aber gestimmt hat, ist es umso enttäuschender. Nach drei bis vier Wettkämpfen kommt immer mal wieder einer, wo es von der Form her nicht mehr so gut läuft. Es ist schade, wenn die guten Tage dann aber nicht belohnt werden.“
Am 30. April endet die Qualifikationsphase für die Olympischen Spiele. Wie siehst du deine Chancen, es über den direkten Weg nach London zu schaffen?
M.M.: „Noch ist alles drin. Ich verliere nun bis zur EM in Russland keine Punkte mehr, da ich im vergangen Jahr bei diesen Wettkämpfen keine gesammelt habe. Einige andere können ihrerseits dort Punkte hängen lassen. Der Druck ist da, aber ich habe noch Polster. Klar möchte man lieber die Qualifikation in trockenen Tüchern haben, und nicht auf die andern hoffen müssen.“
Danach gäbe es auch den Weg über die Europäischen Quotenplätze.
R.H.: „Es werden maximal zwei Quotenplätze pro Kategorie vergeben. In Europa gibt es so viele, die in Frage kommen könnten. Die -52-kg-Kategorie ist in Europa hart umkämpft. Noch haben theoretisch sechs Judokas die Möglichkeit, die zwei Plätze zu besetzen.“
Wie erklärst du dir, dass es in letzter Zeit nicht mehr so rund lief?
M.M.: „Die letzten drei Turniere waren leistungsmäßig gut, ich hatte das Gefühl, auf dem aufsteigenden Ast zu sein. Das hier heute war dagegen ein Schlag ins Gesicht.“
Wie sieht dein Programm der nächsten Wochen aus?
M.M.: „Heute und morgen steht ein Lehrgang hier in Paris auf dem Programm, am Freitag reise ich nach Budapest, danach nach Düsseldorf, und wie es aussieht, wahrscheinlich auch Warschau. Nach der EM in Russland wissen wir dann genau, wie es um die Qualifikation aussieht.“
(Christelle Diederich/Paris/Tageblatt.lu)
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