Dreimal wäre göttlich

Dreimal wäre göttlich
(Julien Garroy)

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Flèche-Wallonne-Gewinner Alejandro Valverde und Amstel-Sieger Michal Kwiatkowski sind die großen Favoriten von Liège-Bastogne-Liège. Am Start sind mit Laurent Didier, Bob Jungels, Frank Schleck (alle Trek) und Alex Kirsch (Cult) auch vier Luxemburger.

Alejandro Valverde (geb. am 25. April 1980 in Las Lumbreras, Murcia) wird am Samstag (25.04.15) 35 Jahre alt. Der Spanier, der am Mittwoch zum dritten Mal die „Flèche Wallonne“ gewann (2006, 2014, 2015), ist der große Favorit des Frühjahrsklassikers, der am Sonntag in den belgischen Ardennen ausgetragen wird. Zweimal schon hat Valverde in Lieja (spanisch für Liège) gewonnen, nun will er seinen Erfolgen von 2006 und 2008 einen dritten Triumph hinzufügen.

Liège-Bastogne-Liège ist das schönste, aber auch das schwerste der drei Rennen, die im April innerhalb von acht Tagen auf dem Programm des UCI-WorldTour-Kalenders stehen. Die „Doyenne“ (ältester Klassiker überhaupt) gehört neben Mailand-Sanremo, der Ronde van Vlaanderen, Paris-Roubaix und dem Giro di Lombardia zu den fünf „Monumenten des Radsports“. Das Rennen wurde zweimal von Luxemburgern gewonnen, 1954 von Marcel Ernzer und 2009 von Andy Schleck.

Für Sonntag sind die Siegaussichten für unser Land minimal. Von den vier Landsleuten, die an den Start gehen, klassierte sich Frank Schleck bisher fünfmal unter den Top Ten (2006: 7.; 2007: 3.; 2008: 3.; 2010: 8.; 2011: 2.). Bob Jungels entdeckte das Rennen erst im vergangenen Jahr (62. auf 3’33“), Laurent Didier fuhr zweimal bis ins Ziel (2010: 97.; 2013: 143.), und Neuprofi Alex Kirsch sammelt seine ersten Erfahrungen.

Hoffen auf Jungels

Die besten Chancen auf einen guten Rang werden Bob Jungels eingeräumt, der trotz einem Sturz bei der Flèche Wallonne das Vertrauen seines Team-Managements genießt. Frank Schleck dürfte erneut an die Seite des vermutlichen Trek-„Leaders“ Bauke Mollema gestellt werden, der die in ihn gesetzten Hoffnungen bisher nicht erfüllte. Wenn von Favoriten die Rede ist, gehört der Holländer bestenfalls in die zweite Reihe.

Die wirklichen Sieganwärter kommen aus anderen Mannschaften. Neben Valverde (Movistar) und dessen Landsmann Joaquim Rodriguez (Katusha) denkt man vor allem an Amstel-Sieger Michal Kwiatkowski (Etixx-Quick Step) sowie an Dan Martin (Cannondale) und Philippe Gilbert (BMC). Die beiden Letztgenannten leiden allerdings an den Folgen ihrer Sturzverletzungen vom letzten Mittwoch. Fraglich ist auch, ob Titelverteidiger Simon Gerrans (Orica) seinen Schlüsselbeinbruch bereits zu hundert Prozent auskuriert hat.

Die größte Unbekannte aber ist die Witterung. Nach der Schönwetterperiode gibt’s ab Samstag einen Umschwung. Es könnte sein, dass Liège-Bastogne-Liège am Sonntag bei Regen und auf glitschigen Straßen ausgetragen wird. Schnee wie 1957 bei Germain Derijckes Erfolg oder 1980 bei Bernard Hinaults zweitem Sieg (erster Titel 1977) aber wird es keinen geben. Der legendäre „Ritt“ des Franzosen bei minus 2 Grad durch die „Weißen Ardennen“ ist in den Geschichtsbüchern der „Doyenne“ als die heroischste Fahrt des vergangenen Jahrhunderts vermerkt.

Warten auf Gilbert

Daran können selbst die fünf Erfolge des Rekordsiegers Eddy Merckx nichts ändern. Der „Kannibale“ und sein Leutnant Joseph Bruyère (2 Liège-Siege) dominierten die Szene in den Siebzigern nach Belieben, es waren die großen Jahre einer goldenen belgischen Radgeneration.

Liège-Bastogne-Liège aber ist auch ein Stück Italien. Silvano Contini, Moreno Argentin (4 Siege, davon drei hintereinander), Michele Bartoli, Paolo Bettini (beide je 2 Erfolge), Davide Rebellin und Danilo Di Luca ließen sich in den Koppen von ihren eingewanderten Landsleuten und am Ziel von der belgischen Bevölkerung feiern. Die „Tifosi“ wünschen sich sehnlichst einen Nachfolger herbei. Das könnte sehr wohl Toursieger Vincenzo Nibali sein, dessen Astana-Mannschaft dank der Entscheidung der UCI-Lizenzkommission (siehe auch „T“ von Freitag) wieder mehr Luft zum Atmen hat.

Auch Marcel Ernzer (1954) und Andy Schleck (2009) konnten sich auf die Fans aus ihrem Land verlassen. Dank der Schleck-Brüder und Kim Kirchen brach vor einem Jahrzehnt in Luxemburg eine Euphorie sondergleichen aus, ähnlich wie etwas später in Belgien durch das Ardennen-Triplé von Philippe Gilbert (Siege beim Amstel, der Flèche Wallonne und in Liège).

Seit 2011 aber wartet man in der Wallonie vergeblich auf eine Wiederholung von Gilberts Erfolg. Der Belgier patzte dreimal in Folge (2012: 16.; 2013: 7.; 2014: 8.), für Sonntag ist er gehandicapt. Seine Teilnahme wurde am Freitagabend auf einer Pressekonferenz in Chaudfontaine unter Vorbehalt bestätigt. Gilbert wird sich am Samstag (25.04.15) in der Abgeschiedenheit noch einem allerletzten Test unterziehen.

Die Entscheidung beim 101. Liège-Bastogne-Liège wird kaum vor den letzten drei Schwierigkeiten fallen (Côte de la Redoute – km 218,5, Côte de la Roche-aux-Faucons – km 234, Côte de Saint-Nicolas – km 248). Gegenüber dem Vorjahr wurde die Côte des Forges im Schlussteil nicht berücksichtigt. Sie war letztes Jahr ausnahmsweise ins Jubiläumsrennen integriert worden. Diesmal ist allerdings der Col du Rosier (km 194) wieder im Programm. Der Parcours hat es wie jedes Jahr in sich. Was die Fahrer auf der Strecke machen, ist eine andere Sache. Die Radsportfans hoffen nur, dass ihnen nach Amstel und Flèche ein dritter Ardennen-Langweiler erspart bleibt.