Doping / Auf kurzfristig einberufener Pressekonferenz in Wien: Bernhard Kohl legt Doping-Geständnis ab

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Der gefallene „Bergkönig“ Bernhard Kohl hat unter Tränen reinen Tisch gemacht und ein Doping-Geständnis abgelegt.

Der gefallene „Bergkönig“ Bernhard Kohl hat unter Tränen reinen Tisch gemacht und ein Doping-Geständnis abgelegt.

„Ich bin der Versuchung erlegen, weil der auf mir lastende Erfolgsdruck unglaublich groß gewesen ist. Ich bin nur ein Mensch und wie viele Menschen in einer Ausnahmesituation schwach geworden“, sagte der Tour-Dritte auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz gestern Abend am Wiener Flughafen Schwechat.
Kohl war bei den nachträglich analysierten Blutkontrollen der Tour de France zweimal (3. und 15. Juli) positiv auf das Blutdopingmittel CERA getestet worden. Der 26-Jährige verzichtet auf die Öffnung der B-Probe und muss nun mit einer zweijährigen Sperre durch die nationale Anti-Doping-Agentur Österreichs rechnen.
Das Strafmaß könnte sich aber auch verkürzen, sollte Kohl bei der Aufklärung helfen – und dazu ist der gelernte Schornsteinfeger offenbar bereit. Die Hintermänner wolle er zwar jetzt noch nicht nennen. „Ich werde sie zur gegebenen Zeit bekannt geben“, sagte Kohl.
Kohl zeigte sich bedrückt und entschuldigte sich insbesondere bei seinem Teamchef Hans-Michael Holczer. „Im Gerolsteiner-Team hat es zu meiner Zeit kein systematisches Doping gegeben, Manager Holczer wusste von gar nichts. Er kämpfte vehement gegen Doping. Deshalb tut es mir besonders leid, ausgerechnet ihn enttäuscht zu haben.“
Nach eigenen Angaben habe Kohl im Sommer zum ersten Mal gedopt. „Aber wer glaubt schon einem überführten Sportler“, sagte das Leichtgewicht. Er habe ein schlechtes Jahr gehabt, seine Form beim Dauphiné Libéré im Juni sei katastrophal gewesen.
In der Angst, für die kommende Saison keinen neuen Vertrag zu erhalten, habe er zu dem Dopingmittel gegriffen. Nach der starken Tour und dem Ende des Teams Gerolsteiner hatte Kohl jüngst einen Zwei-Jahres-Vertrag bei Silence-Lotto, wo er mit dem Tour-Zweiten Cadel Evans (Australien) die Doppelspitze bilden sollte, unterschrieben. Dieser ist nun hinfällig. Der belgische Rennstall hatte bereits am Montag bekannt gegeben, bei positiver B-Probe den Vertrag aufzulösen.
Die mentale Belastung seit Bekanntwerden der Nachweisbarkeit von CERA sei für ihn unerträglich geworden. „Ich will nun endlich wieder der Bernhard Kohl sein, der ich davor war, als den mich meine Freunde und Fans kennen“, so der Österreicher weiter.
Kohl gehörte genauso wie sein ebenfalls aufgeflogener Teamkollege Stefan Schumacher aus Deutschland zu den Shooting-Stars der Tour 2008. Quasi aus dem Nichts fuhr er auf den dritten Gesamtrang und ließ mit seinen Kletterqualitäten schon im Sommer Zweifel an seiner Leistung aufkommen.
Nicht ganz unbegründet, wie sich nun herausstellte.

Appell

„Wir fordern hiermit Stefan Schumacher und Bernhard Kohl auf, vorbehaltlos die Wahrheit zu sagen und sich nicht mit anderen notorischen Dopingbetrügern gemein zu tun, nur um vom eigenen mangelnden Fair-Play-Verständnis abzulenken. Nennt eure Mitwisser, Lieferanten, Ratgeber und deckt die Hintergründe und Hintermänner auf.“
Gestriger Appell von Fahrern und Verantwortlichen des Teams Gerolsteiner, unterzeichnet von 29 Personen.