Carnol hinter den Erwartungen

Carnol hinter den Erwartungen
(dpa)

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2010 wurde bei den Europameisterschaften in Budapest und Eindhoven sowie bei den Weltmeisterschaften in Dubai das Geschichtsbuch im luxemburgischen Schwimmsport mit seinen ersten Kapiteln gefüllt.

Eine Fortsetzung gab es im Sommer bei der WM in Rom und aktuell bei der 19. Kurzbahn-EM in Stettin. Zum Abschluss platzierte sich Laurent Carnol im 200-Meter-Brust-Finale auf Platz 9.

Am Samstag gehörten zuerst Raphaël Stacchiotti die Schlagzeilen, als er über 100 m Lagen auf Bahn 1 der 4. und letzten Serie die Vorläufe als 21. der Meldeliste mit einem Chrono von 53“97 gewinnen konnte.

Luft nach oben

Wie in den Rennen zuvor konnte der Ettelbrücker einen neuen stark verbesserten Landesrekord präsentierten, über 100 m bereinigte er seine Bestzeit um 81/100 und sah noch Luft nach oben für die Halbfinalen (nur über 50 m und 100 m) am Abend: „Ich bin voll geschwommen, habe aber eine Wende nicht richtig erwischt und glaube, dass ich mich im Halbfinale noch ein wenig steigern kann. Aber es ist ein super Gefühl, wenn man als Zeitschnellster in das Halbfinale einzieht.“

Leider sollten sich die Prognosen des Ausnahmetalents nicht bestätigen. Wie schon über 200 m Lagen konnte sich Raphaël Stacchiotti auch im Halbfinale über 100 m Lagen nicht verbessern. Ganz im Gegenteil, auf Bahn 6 des ersten Halbfinales benötigte er 54“39 und lag hinter dem Weltrekordhalter Peter Mankov (SLO) nur auf Rang 5. Nach dem 2. Halbfinale rutschte der Luxemburger auf den 10. und letzten Qualifikationsplatz für das Finale am Sonntag ab. Es sollte aber noch schlimmer kommen. Zunächst war Daniel Skaaning (2. in Stacchiottis Serie) disqualifiziert worden, nach einem Protest der Dänen wurde diese Qualifikation aber annulliert, Stacchiotti zurückgestuft und der Luxemburger war wie schon über 400 m Lagen mit viel Pech draußen.

Der Samstag hatte aber noch einen zweiten Landesrekord zu bieten, als Laurent Carnol auf seiner schwächsten Distanz als 30. in 27“99 anschlug. Damit hatte der englische Student erneut eine magische Barriere unterboten und über 50 m Brust seinen Rekord um 1/100 verbessert: „Das war ein gutes Warm-up für meine Hauptstrecke, die 200 Meter am Sonntag, und eine Bestzeit nimmt man immer gerne mit.“ Fränz Schneiders konnte zwar nicht den Rekord von Raphaël Stacchiotti von den Landesmeisterschaften Ende November in Bonneweg unterbieten, der Wiltzer schaffte es aber, über 100 m Rücken in 54“31 eine persönliche Bestzeit hinzulegen und bestätigte mit Platz 35 einmal mehr sein internationales Format: „Ich hab mich von Anfang an sehr gut gefühlt. Bin mit der Zeit sehr zufrieden.“

Enttäuschende Vorstellung

Den Auftakt am Samstag bestritt Sarah Rolko über 50 m Rücken und blieb erneut unter ihren Möglichkeiten. Dass die SL-Schwimmerin nach ihrer schweren Schulterverletzung noch über ihrem Rekord schwimmt (90/100), ist als normal anzusehen, dass sie aber 39/100 langsamer als bei den Meisterschaften war, wo sie eigenen Aussagen nach aus dem Training heraus antrat, ist nur auf den zusätzlichen Druck anzusehen. Positiv ist nur, dass die 17-Jährige 11/100 schneller war als bei der EM vor Jahresfrist in Eindhoven.

Der letzte EM-Tag der Europameisterschaften in Polen stand ganz im Zeichen von Laurent Carnol. Der SCDE-Schwimmer trat über 200 m Brust an, um seinen unglaublichen 4. Platz aus Eindhoven zu verteidigen, als er ein weiteres Stück Geschichte schrieb. Ganz Profi-like ging Laurent Carnol die Aufgabe an, kontrollierte auf Bahn 3 des 5. und letzten Vorlaufs das Rennen und schlug hinter dem Weltrekordhalter und Titelverteidiger Daniel Gyurta (HUN) als Dritter an, 47/100 über seinem Rekord. Damit hatte der 21-Jährige seine Karten noch nicht ganz aufgedeckt. Im gleichen Rennen feierte Raphaël Stacchiotti im Vorlauf mit seinem Klubkameraden seinen EM-Abschluss (er verzichtete auf die 200 m Kraul, wobei die Einstellung seines Rekords zur Finalteilnahme gereicht hätte) und schwamm noch einmal persönliche Bestzeit.

Zu großer Druck

Mit viel Spannung wurde schlussendlich dem Sonntagabend entgegengefiebert, als Laurent Carnol um 17.22 Uhr die EM-Bühne zum Show-down betrat. Wie bei den Weltmeisterschaften in Rom wurde er aber ein Opfer seiner eigenen Erwartungen. Nach außen wirkt die luxemburgische Nummer 1 besonnen und ruhig, innerlich konnte er aber möglicherweise dem Druck nicht standhalten.

Alle Augen waren in Stettin auf Laurent Carnol gerichtet, wie in Rom ging er die ersten 100 m schnell an, wahrscheinlich zu schnell, denn am Ende konnte er die Geschwindigkeit nicht halten und fiel ab. Wobei das Finish eigentlich die Stärke von Laurent Carnol ist. Am Ende reichte es „nur“ zu Platz 9 und die Enttäuschung dürfte bei ihm selbst am größten gewesen sein. Zur Verteidigung seines 4. Platzes hätte der Ettelbrücker seinen Rekord um exakt 2“69 unterbieten müssen, was fast schon utopisch klingt. Ganz Kühne hatten sogar von einem Podium geträumt, aber von einer Medaille war der Luxemburger dann doch ein Stück weit weg.