KraftsportAutos heben, Atlas-Steine bewegen: So lief der Strongman-Wettkampf in Koerich

Kraftsport / Autos heben, Atlas-Steine bewegen: So lief der Strongman-Wettkampf in Koerich
Femke Huisman wurde Erste bei den Frauen: Hier beim „Log Lift“ schaffte sie innerhalb von zwei Minuten 19 Wiederholungen Foto: Editpress/Claude Lenert

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Der Sport ist hierzulande noch nicht bekannt, doch das soll sich künftig ändern. Das ist zumindest der Plan der Silverbacks, Team des ATC Gym in Koerich, die am Samstag das bisher größte internationale Strongman-Turnier in Luxemburg organisiert haben.

„Wir haben uns als Ziel gesetzt, den Kraftsport allgemein zu fördern, sei es im Powerlifting, im Gewichtheben oder im Strongman“, sagt Trainer und Organisator Mark Notschaele zu Beginn des Wettkampfs. Beim Powerlifting, auch Kraftdreikampf genannt, geht es darum, das maximale Gewicht in den drei Disziplinen Squat, Bench Press und Deadlift zu bewegen, während beim Gewichtheben das Reißen und Stoßen bewertet werden. Die Wettkampfdisziplinen im Strongman, das in Luxemburg im Gegensatz zum Powerlifting und Gewichtheben noch keinem Verband angehört, sind wiederum anders – und können sogar je nach Turnier variieren. „Der Veranstalter hat die Wahl zwischen rund 30 verschiedenen Übungen“, erklärt Nicolas Beaumont, der aus Frankreich kommt und bereits Strongman-Wettkämpfe bestritten hat. „Das kann vom Ziehen eines Trucks bis hin zum Tragen von Sandsäcken gehen. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.“ Bei den größten Events im Ausland wie „The World’s Strongest Man“ oder den „Highland Games“ stehen dann beispielsweise Conan Wheel oder Hercules Hold auf dem Programm. Strongman-Veranstaltungen finden außerdem meistens draußen statt – wie hier in der von den „Koericher Schlassfrënn“ zur Verfügung gestellten Location.

Hier, im Schatten des Schlosses, haben sich die Veranstalter für fünf verschiedene Disziplinen entschieden: Car Deadlift, Log Lift, Silverbullet Hold, Atlas Stones to Platform und anschließend das Carry Medley. Ziel beim „Auto-Kreuzheben“ ist es, das Fahrzeug innerhalb von zwei Minuten so oft wie möglich zu heben. Bei jeder Wiederholung muss der Sportler eine aufrechte Körperstellung einnehmen. Zusätzlich zum Eigengewicht des Fahrzeugs können noch Gewichte hinzugefügt werden. Dies variiert jedoch je nach Kategorie, in der die Athleten antreten. Das Turnier ist in drei Gruppen eingeteilt: Frauen (sechs Teilnehmerinnen), Männer unter 105 kg (elf Teilnehmer) und Männer über 105 kg (fünf Teilnehmer). Trotz ihres Namens richtet sich die Sportart an alle Interessierten: „Ich mache Strongwoman“, betont Anke Senster, die aus den Niederlanden angereist ist. Sie schafft 20 Wiederholungen beim Car Deadlift, ihre Lieblingsdisziplin sind jedoch die Atlas-Steine.

Der Franzose Nicolas Beaumont hob den Jeep samt Zusatzgewicht zweimal
Der Franzose Nicolas Beaumont hob den Jeep samt Zusatzgewicht zweimal Foto: Editpress/Claude Lenert

Auch beim Log Lift wird deutlich, dass Strongman den Sportlern sowohl in Sachen Kraft als auch im Bereich der Kondition vieles abverlangt. Eine Wiederholung zählt nur dann als solche, wenn das Gerät zur Hochstrecke gebracht wird, das Chrono stoppt erneut bei zwei Minuten. Im Gegensatz zum Stoßen beim Gewichtheben dürfen die Athleten den „Log“ auf Höhe der Oberschenkel abstützen. Für die Frauen stehen 40 kg auf dem Programm, während die Männer unter 105 kg jeweils 65 kg und jene in der Schwergewichtsklasse jeweils 85 kg zur Hochstrecke bringen müssen. Kein leichtes Unterfangen: Umso beeindruckender ist es zu sehen, wie Tjorven Castelijns und Tom Maessen die 85 kg ganze 14 bzw. 15 Mal schaffen.

Ein bekanntes Gesicht: der ehemalige Kugelstoßer Tom Habscheid mit dem 90 kg schweren Atlas-Stein
Ein bekanntes Gesicht: der ehemalige Kugelstoßer Tom Habscheid mit dem 90 kg schweren Atlas-Stein Foto: Laura Giacomini

Bei der dritten Disziplin, dem Silverbullet Hold, gibt es zunächst eine Pause für die stark beanspruchte Beinmuskulatur. Dafür ist aber ein anderer Aspekt besonders gefordert: Konzentration. Die Athleten halten einen „Captain of Crush“, ein Gerät, das die Griffstärke trainiert, in einer Hand. Zwischen den Aluminiumgriffen befindet sich noch ein Gewicht von 1,25 kg. Ziel ist es, den „Captain of Crush“ so lange geschlossen zu halten, bis das Gewicht auf den Boden fällt. Hier schneidet Vikram Rashakrishnan in der Kategorie -105 kg mit 29 Sekunden am besten ab, während Femke Huisman während mehr als einer Minute die Blicke auf sich zieht.

Kraftausdauer im Fokus

Ein Highlight bei Strongman-Wettkämpfen sind immer wieder die „Atlas Stones“, die auch in Koerich unter den zahlreich erschienenen Zuschauern für Staunen sorgen. Die Aufgabe besteht darin, einen Atlas-Stein so oft wie möglich innerhalb von zwei Minuten auf eine Plattform zu heben. Hier sticht die 55 kg leichte Lara Fischbach hervor, die den 60 kg schweren Stein – also mehr als ihr Körpergewicht – viermal zur Strecke bringt. Einige Athleten schaffen es zwar, ihn auf Schulterhöhe zu stemmen, doch können ihn nicht bis zur angegebenen Stelle auf der Plattform bewegen. Dies ist aber nicht verwunderlich, denn der Stein beträgt bei den Männern unter 105 ganze 100 kg und in der höchsten Gewichtsklasse unglaubliche 120 kg, wobei das Gewicht leicht heruntergeschraubt werden kann. Der ehemalige Kugelstoßer Tom Habscheid (-105) hebt den 90 kg schweren Atlas-Stein einmal, hört danach aber auf. „Das reicht“, sagt er lachend und behält die restliche Kraft für die letzte Disziplin, das Carry Medley.

Hier werden nochmals die Kraftausdauer, Griffstärke und Schnelligkeit der Athleten getestet. Die Sportler haben die Wahl zwischen mehreren Objekten, von denen sie eines über eine vorgegebene Strecke tragen müssen. Ob Farmer’s Walk, Husafell Stone oder Iron Cross, bewertet wird dieses Mal entweder nach der zurückgelegten Distanz oder nach der Zeit, die die Athleten benötigen, um den Weg bis zu einem auf dem Boden positionierten Leitkegel zu bewältigen. Hier beweisen alle Teilnehmer, dass die Luft noch lange nicht bei ihnen raus ist, und geben noch mal alles zum Abschluss.

Am Ende werden die Punkte aus den fünf Disziplinen zusammengezählt. Bei den Frauen belegt Femke Huisman die Pole Position mit insgesamt 24 Punkten. Andy Collin von den Silverbacks lässt die Konkurrenz bei den Männern unter 105 kg mit 43 Punkten hinter sich. Tom Maessen, ebenfalls Silverbacks-Mitglied, sichert sich 22 Gesamtpunkte und somit Platz eins in der höchsten Gewichtsklasse. Null Punkte holt niemand, sodass das Turnier für alle Athleten als Erfolg gewertet werden kann.

„Es wurden bereits vier oder fünf Strongman-Wettkämpfe in Luxemburg organisiert, aber keines war bisher so groß wie dieses“, berichtet Silverbacks-Trainer Mark Notschaele. Er hofft, dass sich die Sportart, aber auch der Kraftsport allgemein, noch mehr in Luxemburg etablieren wird. Viele der Teilnehmer bestreiten auch Powerlifting-Wettkämpfe, andere wie Anke Senster konzentrieren sich ausschließlich auf Strongman. „Strongman kann für andere Kraftsportler wie Powerlifter und Gewichtheber durchaus interessant sein und zum Beispiel die Explosivität verbessern“, sagt Notschaele. Trainiert wird im ATC Gym, Informationen gibt es unter www.atcsports.lu. Und wer weiß, vielleicht wird es eines Tages auch einen Strongman-Verband in Luxemburg geben.


3 Fragen an …

 Foto: Laura Giacomini

Elyna Weber (Platz 2 bei den Frauen)

Sie sind sowohl im Powerlifting als auch im Strongman aktiv. Wie sind Sie auf diese Sportarten gestoßen?

Als Kind habe ich geturnt, mit dem Kraftsport habe ich aber erst im vergangenen Jahr begonnen. Ich war auf der Suche nach einem Sportzentrum, in dem man näher betreut wird, und bin so auf das ATC Gym gestoßen. Zu Beginn wollte ich nur Fitness machen und kam dann auf das Powerlifting. Beim Training mache ich etwas von beidem: Powerlifting und Strongman. Das hier ist mein erster Strongman-Wettkampf.

Wie sieht das Training für einen Strongman-Wettkampf aus? Haben Sie eine Lieblingsdisziplin?

Wenn wir im Team trainieren, führen wir Strongman-Übungen durch. Das macht sehr viel Spaß. Ansonsten mache ich die klassischen Übungen aus dem Kraftdreikampf: Squat, Bench und Deadlift. Aber auch Front Squats, Shoulder Press usw. Von den Disziplinen, die heute auf dem Programm stehen, mag ich die Atlas-Steine besonders.

Würden Sie also sagen, dass sich Strongman auch für Frauen eignet?

Auf jeden Fall! Als ich damit angefangen habe, wollte ich einfach stark werden. Ich finde es gut, als Frau stark zu sein, und wir haben auch viele starke Frauen hier.