Andy Schleck: Frank hat nichts genommen

Andy Schleck: Frank hat nichts genommen
(dpa)

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Am Etappenstart in Pau herrschte Chaos am Wagen des Teams von Frank Schleck. Der Luxemburger könnte der Tour den ersten großen Dopingskandal 2012 bescheren. Beim ihm wurde eine Substanz zur Verschleierung von Dopingmitteln gefunden.

Die Tour de France 2012 hat sich am Mittwoch mit reichlich Doping-Ballast auf die erste von zwei superschweren Pyrenäen-Etappen gemacht. Der positive Befund auf ein zur möglichen Verschleierung von Doping-Substanzen dienendes Diuretikum bei RadioShack-Profi Frank Schleck überschattete bei tropischen Temperaturen den Start am schicken Palais Beaumont von Pau. Zu diesem Zeitpunkt hatte der prominente Fahrer mit seiner Frau die Tour im Auto Richtung Luxemburg bereits verlassen.

„Ich streite ab, irgendeine verbotene Substanz genommen zu haben. Ich kann mir das Resultat nicht erklären und bestehe auf Öffnung der B-Probe“, erklärte Schleck in einer Stellungnahme.

„Schlimmstes Szenario“

„Das ist so ziemlich das schlimmste Szenario, was entstehen konnte“, beurteilte Brian Nygaard die Situation. Der Däne war im Vorjahr bei Leopard Teamchef des Luxemburgers und ist eng mit Schleck befreundet. In Pau hatte in vergangenen Tour-Jahren schon Lance Armstrong zu Doping-Verdächtigungen Stellung nehmen müssen, Alexander Winokourow war als Doper enttarnt worden und Michael Rasmussen war im Gelben Trikot aufgeflogen.

Schlecks Teamkollege Jens Voigt hatte sich am frühen Mittag als erster RadioShack-Fahrer aus dem dicht belagerten Mannschaftsbus getraut und stand in drei Sprachen Rede und Antwort. „Man kann jetzt nicht so tun, als sei nichts passiert. Das ist kein leichter Moment für mich, aber Frank ist mein Freund und bleibt mein Freund“, sagte der 40-jährige Routinier und älteste Tour-Teilnehmer. „Wir müssen jetzt versuchen, mit sechs Fahrern noch bis Paris zu kommen“, meinte der sechsfache Familienvater.

Gezielt ausgesucht

Der Radsport-Weltverband UCI, der den Zwölftplatzierten Schleck offensichtlich gezielt für eine Probe am 14. Juli in Cap d’Agde ausgesucht hatte, unterrichtete am Dienstagabend von „Unregelmäßigkeiten in einer Kontrolle“ beim letztjährigen Tour-Dritten Schleck. Das oft zur Verschleierung von Dopingmitteln eingesetzte Medikament Xipamid steht zwar nicht auf der Liste der verbotenen Substanzen – dennoch nahm das Team RadioShack den Luxemburger kurz nach Bekanntwerden des Befundes aus dem Rennen.

„Frank hätte theoretisch starten dürfen, aber das machte unter diesen Umständen keinen Sinn“, sagte Mannschaftssprecher Philippe Maertens. „Wir vertrauen ihm und müssen ihn auch schützen.“ Schleck war am Abend von der Polizei in Pau verhört worden. Er hätte dort freiwillig ausgesagt, teilte sein Team mit. „Frank ist sehr ruhiggeblieben“, berichtete Teamchef Alain Gallopin.

Geld an Dopingarzt überwiesen

Für den Luxemburger ist dies nicht der erste Dopingverdacht: 2008 musste er nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ zugeben, dem spanischen Dopingarzt Eufemiano Fuentes Geld überwiesen zu haben. „Der damalige Fall und der jetzige haben nichts miteinander zu tun. Für seine Kontakte zu Fuentes wurde er nicht bestraft“, erklärte sein Ex-Teamchef Bjarne Riis, der 2007 selbst Doping gestanden hatte.

„Sollte die B-Probe das erste Analyse-Ergebnis bestätigen, werde ich eine Klage gegen Unbekannt einreichen wegen Vergiftung“, sagte Schleck weiter. Auch sein Bruder Andy, der verletzungsbedingt fehlt, sprang ihm verbal bei. „Bei meinem Leben und bei meiner Familie, bin ich sicher, dass er nichts genommen hat“, sagte der Tour-Sieger von 2010 der Zeitung „Le Parisien“.

Positiver Befund

Schlecks positiven Befund lieferte das bei Dopern berüchtigte Labor Chatenay-Malabry am Stadtrand von Paris. Dort wurden 1999 auch die positiven und erst sechs Jahre später analysierten EPO-Proben von Tour-Rekordsieger Armstrong untersucht.

Die Wirkung des Mittels ist umstritten. Nach den Worten des deutschen Anti-Doping-Experten Professor Fritz Sörgel tritt schnell ein Gewöhnungseffekt des Körpers ein. Das Mittel wirkt nicht mehr stark entwässernd. „Gesunde reagieren auf ein Diuretikum gar nicht mehr, wenn sie es über mehrere Tage nehmen. Das habe ich in meiner Doktorarbeit nachgewiesen. Wenn ein Topathlet so etwas macht, muss er einen Blackout gehabt haben, wie Floyd Landis, der wissend, dass ein Etappensieg automatisch Dopingtests bringt, Testosteron einsetzte“, erklärte Sörgel der Nachrichtenagentur dpa.