Andy Schleck: Am Scheideweg

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Am Samstag (14.06.14) startet die Tour de Suisse in Bellinzona im schönen Kanton Tessin. Am Start sind auch drei Luxemburger (Andy Schleck, Frank Schleck, Laurent Didier). Für Andy Schleck, den Tour-de-France-Sieger von 2010, wird die Schweiz-Rundfahrt zum Schlüsselrennen schlechthin.

Fünf Tage nach seinem 29. Geburtstag (geb. am 10. Juni 1985) wird Andy Schleck definitiv wissen, wo er in sportlicher Hinsicht mit sich und der Welt dran ist. Denn schon am zweiten Tag der Tour de Suisse, die am Samstag (14.06.14) in den Straßen von Bellinzona mit einem Einzelzeitfahren über 9,4 km beginnt, geht es den Berg hoch – und wie!

Die Etappen

Samstag, 14. Juni: 1. Etappe, Bellinzona – Bellinzona (EZF 9,4 km); Sonntag, 15. Juni: 2. Etappe, Bellinzona – Sarnen (181,8 km); Montag, 16. Juni: 2. Etappe, Sarnen – Heiden (202,9 km); Dienstag, 17. Juni: 3. Etappe, Heiden – Ossingen (160,4 km); Mittwoch, 18. Juni: 4.Etappe, Ossingen – Büren a.d. Aare (183,6 km); Donnerstag, 19. Juni: 6. Etappe, Büren a.d. Aare – Delémont (192,8 km); Freitag, 20. Juni: 7. Etappe, Worb – Worb (EZF 24,5 km); Samstag, 21. Juni: 8. Etappe, Delémont – Verbier (219,1 km); Sonntag, 22. Juni: 9. Etappe, Martigny – Saas-Fee (156,5 km).

Die Sonntagsetappe startet am späten Morgen in Bellinzona und führt auf den 181,8 km nach Sarnen gleich über vier Pässe. Zuerst müssen die Fahrer über den Gotthardpass (2.093 m), dann über den Furkapass, mit 2.416 m das „Dach“ der Tour, und anschließend über den Grimselpass (2.177 m).

Nur einmal Top Ten

Obwohl die drei Bergriesen relativ weit vom Ziel liegen (vom Scheitel des Grimsel bis nach Sarnen, dem Hauptort des Kantons Obwalden, sind es noch 63 km), dürften sie schonungslos aufdecken, in welcher Verfassung die Konkurrenten sind. Falls es danach noch einer Bestätigung bedarf, bleibt immer noch der Brünigpass etwas mehr als 20 km vor der Ankunft. Dieser Berg zählt mit 1.024 m zwar nur zur zweiten Kategorie, doch ist diese Rampe bei Meiringen bis zu 13 Prozent steil.

„Ich möchte wieder erfolgreich sein“, hatte Andy Schleck in letzter Zeit in verschiedenen Interviews immer wieder gesagt. „Ich habe die Tour de France auf dem Papier gewonnen, ich habe Etappen gewonnen. Ich war Andy Schleck, ich war wer. Das möchte ich wieder werden.“ Seine Worte klangen wie die Hilferufe eines jungen Mannes, der versucht, aus einer langen sportlichen Krise herauszukommen. „Ich tue alles, um wieder erfolgreich zu sein. Ich trainiere hart und bin auf meinem Formgewicht. Ich kann nicht mehr tun als mein Bestes.“

Die Resultate aber lassen auf sich warten. Ein kurzer Blick in die Ergebnislisten gibt zu denken. Seit seinem Sieg auf der Etappe Pinerolo-Galibier Serre Chevalier (21.7.2011) und seinem 2. Gesamtplatz bei der Tour de France 2011 schaffte es Andy Schleck in den folgenden drei Jahren nur noch einmal in die „Top Ten“, und das war … bei der Luxemburger Meisterschaft 2013. Dort belegte er Rang 10.

Es ist also nachvollziehbar, dass die Verantwortlichen des Trek-Teams die Tour de Suisse abwarten wollen, ehe sie entscheiden, ob Andy Schleck zum Aufgebot der Tour de France gehört oder nicht. Sollte er die gute Form auf den Schweizer Straßen wiederfinden, wäre eine Nominierung für die Frankreich-Rundfahrt die reinste Formsache.

Andernfalls aber scheint es nicht gerade rosig um die sportliche Zukunft des jungen Vaters auszusehen. Bei der Luxemburg-Rundfahrt fuhr Andy den andern hinterher, am Donnerstag bei der TdS-Generalprobe in Gippingen (G.P. des Kantons Aargau) kam er laut Cyclingnews.com mit dem Gruppetto als 92. auf 15’43“ ins Ziel, im Klassement des Veranstalters aber steht er unter DNF (Did Not Finish).

Ein Tagesgeschäft

Andy Schleck steht am Wendepunkt seiner Karriere. Vor zehn Jahren wurde er Profi, seither hat er sich selbst, seinen Teams und dem Luxemburger Radsport viel gebracht. Zu Buche stehen u.a. Siege bei der Tour de France 2010 und bei Liège-Bastogne-Liège 2009, 2. Plätze bei der Tour (2009, 2011), dem Giro (2007) und der Flèche Wallonne (2009), drei Etappenerfolge in der Tour (2010/2, 2011), usw. Weil der Sport aber ein Tagesgeschäft ist, haben die Geldgeber wenig Zeit für irgendwelche Sentimentalität.

Nur die aktuellen Ergebnisse zählen. Es gilt demnach, in der Tour de Suisse Farbe zu bekennen.

An der Seite von Andy Schleck fahren neben Teamleader Fabian Cancellara, Matthew Busche, Stijn Devolder, Grégory Rast und Danny Van Poppel auch Bruder Frank Schleck und Laurent Didier. Frank ist der zweiterfolgreichste Teilnehmer an dieser Tour de Suisse. Er geht zum elften Mal an den Start, holte sich die Rundfahrt 2010, war 2. im Jahr 2012., 6. im Jahr 2006 und 7. in den Jahren 2007 und 2011. Außerdem trug er zwei Etappen davon (2007, 2010).

Nur Alberto Rui Costa machte es besser als Frank Schleck. Neben vier Tagessiegen (2010, 2012, 2013/2) schrieb er seinen Namen zweimal ins Palmarès der Rundfahrt (2012, 2013). Rui Costa peilt also das Triplé an. Drei aufeinanderfolgende Schlusssiege hat noch keiner bei der Tour de Suisse geschafft. Auch nicht der Italiener Pasquale Fornara, der die Rundfahrt viermal gewann (1952, 1954, 1957, 1958) oder die Schweizer Stars Ferdy Kübler (1942, 1948, 1951) und Hugo Koblet (1950, 1953, 1955), die dreimal erfolgreich waren.

Für die 78. Tour de Suisse sind 18 UCI-WorldTour-Teams und vier Wild-Card-Teams mit jeweils acht Fahrern gemeldet. Neben Rui Costa sind Bradley Wiggins, Dario Cataldo, Bauke Mollema, Roman Kreuziger und Mathias Frank die aussichtsreichsten Konkurrenten auf den Gesamtsieg.