Formel 1 / Verstappen nutzt Mercedes-Schwäche

Max Verstappen freute sich über einen „großartigen Tag“ dank einer „tollen Strategie“
Verstappen vernascht Mercedes und Vettel schimpft sich nur noch durchs Formel-1-Mittelfeld: Red-Bull-Pilot Max Verstappen hat im Reifenpoker von Silverstone die Mercedes-Siegesserie im fünften Saisonrennen durchbrochen. Sebastian Vettel hingegen haderte mal wieder mit seinem Auto und den Ferrari-Strategen – und kam auch wegen eines Drehers nicht über den enttäuschenden zwölften Rang hinaus.
„Durch meinen frühen Boxenstopp war die Strategie für den Eimer, wir hätten viel mehr Boden gutmachen können“, sagte Vettel bei RTL: „Aber ab dem Moment war das Rennen Quark.“ Der junge wilde Niederländer Verstappen düpierte derweil bei seinem neunten Formel-1-Sieg die scheinbar unschlagbaren Mercedes mit einer mutigen Reifenstrategie und viel Gefühl im Fuß. Weltmeister Lewis Hamilton wurde zumindest Zweiter vor seinem Teamkollegen Valtteri Bottas. In der WM hat er nun 30 Punkte Vorsprung auf den neuen Zweiten Verstappen.
„Bisher hatten wir nicht die Gelegenheit, richtig Druck auf Mercedes zu machen, heute war das anders“, sagte Verstappen: „Das hatte ich so nicht erwartet. Wir hatten einen großartigen Tag, eine tolle Strategie.“ Hamilton haderte über das gesamte Rennen mit seinen Pneus, „wenn man deren Reifen sieht, hatten sie nicht die gleichen Probleme wie wir“, sagte er später: „Mit dieser Blasenbildung habe ich nicht gerechnet.“ Dennoch egalisierte Hamilton auf seiner Heimstrecke, auf der er siebenmal gewann, mit seinem 155. Podestplatz einen weiteren Formel-1-Rekord von Michael Schumacher. Weiterhin trennen den 35-Jährigen nur vier Rennsiege und ein WM-Titel vom Deutschen.
Der im Dauerkrisenmodus befindliche Ex-Weltmeister Vettel verlor im Ferrari sein Rennen an einem wieder mal verlorenen Wochenende bereits in der ersten Kurve, als er mit einem Reifen kurz aufs Gras kam, sich ohne Gegnerkontakt drehte und sich vom letzten Platz mühsam nach vorne kämpfen musste. An der Spitze konnten sich Bottas und Hamilton überraschend nicht von Verstappen absetzen. Die Medium-Reifen der Mercedes-Piloten bauten schnell ab, der auf der härteren Mischung gestartete Verstappen übernahm so nach dem ersten Reifenwechsel der nachtschwarzen Silberpfeile nach 15 Runden die Führung.
Keine Reifenpannen
Auch mit dem härtesten Reifensatz hatte vor allem Hamilton erhebliche Probleme. Vettel wurde nach 23 Runden von Ferrari an die Box beordert – äußert widerwillig, wie man dem Boxenfunk entnehmen konnte. Der Deutsche war der Ansicht, dass seine Walzen noch gut in Schuss waren. „Ich gebe weiter mein Bestes. Aber ihr wisst, dass ihr es vermasselt habt“, wetterte Vettel wenig später, als er auf Rang 13 hinter einem Trio festhing. Verstappen wechselte in Runde 27, kam nach einem fehlerhaften Stopp seiner Red-Bull-Crew knapp hinter Bottas auf die Strecke, jagte dem Finnen aber schon nach wenigen Kurven die Führung wieder ab – und erhielt vom Team freie Fahrt. Anders als in der Vorwoche, als in der Schlussphase bei Hamilton, Bottas und McLaren-Pilot Carlos Sainz die Reifen platzten, setzten die meisten Piloten dieses Mal auf zwei Stopps, die denkwürdigen Bilder wiederholten sich nicht.
In Silverstone ging es dafür auf sportpolitischem Parkett rund: Fünf der zehn Rennställe haben ihre Absicht bekundet, gegen das Urteil in der Kopier-Affäre um Racing Point in Berufung zu gehen. Dies sind Ferrari, McLaren, Williams, Renault und auch Racing Point selbst. Sie haben bis Mittwoch 10.30 Uhr MESZ Zeit, diese Absicht zu bestätigen. Der Fall, in dessen Zentrum bislang der illegale Designprozess technisch legaler Bremsbelüftungen steht, würde vor dem internationalen Berufungsgericht der FIA verhandelt. Dies würde Wochen bis Monate in Anspruch nehmen. Racing Point wurde am Freitag mit einer Geldstrafe von 400.000 Euro und dem Abzug von 15 WM-Punkten in der Konstrukteurswertung belegt. Das Team fühlt sich zu Unrecht bestraft. Den weiteren beteiligten Parteien geht die Strafe nicht weit genug, zumal Racing Point die fraglichen Bremsbelüftungen, die unerlaubterweise dem Design von Mercedes entsprechen, weiterhin einsetzen darf. (SID)
Formel 1 in Zahlen
5. Lauf zur Formel-1-WM 2020, 52 Runden = 306,198 km
1. Max Verstappen (Niederlande) Red Bull-Honda 1:19:41,993 Stunden (Durchschnittsgeschwindigkeit: 230,513 km/h), 2. Lewis Hamilton (Großbritannien) Mercedes 11,326 Sekunden zurück, 3. Valtteri Bottas (Finnland) Mercedes 19,231, 4. Charles Leclerc (Monaco) Ferrari 29,289, 5. Alexander Albon (Thailand) Red Bull-Honda 39,146, 6. Lance Stroll (Kanada) Racing Point-Mercedes 42,538, 7. Nico Hülkenberg (Deutschland) Racing Point-Mercedes 55,951, 8. Esteban Ocon (Frankreich) Renault 1:04,773 Minuten zurück, 9. Lando Norris (Großbritannien) McLaren-Renault 1:05,544, 10. Daniil Kwjat (Russland) AlphaTauri-Honda 1:09,669, 11. Pierre Gasly (Frankreich) AlphaTauri-Honda 1:10,642, 12. Sebastian Vettel (Deutschland) Ferrari 1:13,370, 13. Carlos Sainz jr. (Spanien) McLaren-Renault 1:14,070, eine Runde zurück: 14. Daniel Ricciardo (Australien) Renault, 15. Kimi Räikkönen (Finnland) Alfa Romeo Racing-Ferrari, 16. Romain Grosjean (Frankreich) Haas-Ferrari, 17. Antonio Giovinazzi (Italien) Alfa Romeo Racing-Ferrari, 18. George Russell (Großbritannien) Williams-Mercedes, 19. Nicholas Latifi (Kanada) Williams-Mercedes – ausgeschieden: Kevin Magnussen (Dänemark) Haas-Ferrari (9. Runde/Defekt)
Schnellste Rennrunde: Hamilton 1:28,451 (43. Runde)
Fahrerwertung: 1. Hamilton 107, 2. Verstappen 77, 3. Bottas 73, 4. Leclerc 45, 5. Norris 38, 6. Albon 36, 7. Stroll 28, 8. Perez 22, 9. Ricciardo 20, 10. Ocon 16, 11. Sainz jr. 15, 12. Gasly 12, 13. Vettel 10, 14. Hülkenberg 6, 15. Giovinazzi 2, 16. Kwjat 2, 17. Magnussen 1
Teamwertung: 1. Mercedes 180, 2. Red Bull-Honda 113, 3. Ferrari 55, 4. McLaren-Renault 53, 5. Racing Point-Mercedes 41, 6. Renault 36, 7. AlphaTauri-Honda 14, 8. Alfa Romeo Racing-Ferrari 2, 9. Haas-Ferrari
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