Retro 2020Heimspiel: Über einen ganz besonderen Arbeitsplatz im Jahr 2020

Retro 2020 / Heimspiel: Über einen ganz besonderen Arbeitsplatz im Jahr 2020
Ein ungewohntes Bild 2020: Bei der Tour de Luxembourg durften Journalisten aus sicherer Entfernung und mit Masken mit den Fahrern von Angesicht zu Angesicht sprechen.  Archivbild: Anouk Flesch/Tageblatt

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Wie in vielen anderen Berufen auch, stellte das Jahr 2020 den Journalismus vor ganz besondere Probleme. Face-to-Face-Interviews waren kaum mehr möglich, der Austausch mit Kollegen fand über Videoanrufe statt und der hauseigene Fernseher wurde wichtiger denn je. 

Als ich Anfang Dezember dieses Jahres aus meinem Arbeitszimmer blickte, sah ich Schneeflocken auf die dunkle Straße fallen. Ich arbeitete gerade an einem Artikel und erinnerte mich an die Tour de France 2018 zurück. Ich erinnerte mich an die dritte Etappe, ein Teamzeitfahren rund um Cholet. Auf dem Weg zum Pressezentrum wunderte ich mich über Kollegen, die mir in dicken Jacken entgegenkamen – immerhin waren es knapp über 30 Grad. Im Pressezentrum angekommen, erkannte ich den Grund für die Jacken schnell: Der damalige Arbeitsplatz sollte eine Eishalle sein, in der Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt herrschten.

Als ich meinen Artikel an diesem Tag im Dezember beendete, legte ich eine Pause ein. Ich ging durch die Wohnung und sah, dass in der Küche doch vielleicht noch mal der Staubsauger benutzt werden könnte. Gleichzeitig erinnerte mich dieses Szenario an die Reise mit Fola Esch zum Europa-League-Qualifikationsspiel am 17. Juli 2019 in Tifllis. Überall kauten georgische Journalisten auf Sonnenblumenkernen herum und ließen die Schale einfach auf den Boden fallen.

Ganz so verblüffende Entdeckungen durfte ich in meinem ganz persönlichen Pressezentrum 2020, der eigenen Wohnung, leider nicht machen. Das höchste der Gefühle war der Besuch einer Blaumeise im Sommer, die sich kurz neben mich auf den Schreibtisch hockte, dann aber auch gleich wieder das Weite suchte. Jedenfalls kehrte zumindest ein wenig Normalität in das Journalisten-Leben ein, als ich mich zumindest für eine Woche im September in das Pressezentrum der Tour de Luxembourg begeben durfte. Ein gut akklimatisierter Bus, der nah an der Ziellinie platziert wurde und in dem man auf mehreren Bildschirmen das Renngeschehen verfolgen konnte. 

Es tat gut, Konversationen mit den Kollegen zu führen, aber vor allem einen direkten Austausch mit den Sportlern zu haben. Zwar nahmen sich viele luxemburgische Sportler während des Jahres auch Zeit, über das Handy zu sprechen, aber Face-to-Face-Interviews bleiben dann doch die angenehmere und effektivere Variante.