BoxenDer Schuss durch die Toilettentür: Die Tragödie des Bubi Scholz

Boxen / Der Schuss durch die Toilettentür: Die Tragödie des Bubi Scholz
Das Bild, unter anderem 2009 in der Berliner Morgenpost erschienen, zeigt Gustav Schulz mit dem besagten Gewehr, das ein Fan ihm geschenkt hatte Foto: dpa/picture-alliance/Berliner Morgenpost

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Viele große Boxer kommen abseits des Sports nicht mehr klar. Zu ihnen gehörte auch der Deutsche „Bubi“ Scholz. Der frühere Europameister erschoss seine Frau durch die Toilettentür. Am Freitag vor 20 Jahren starb der Berliner.

„Promibonus“, „Berliner Filz“ – die Wut über das Urteil gegen Gustav „Bubi“ Schulz war in Deutschland groß. Der Box-Star hatte seine Frau mit einem Gewehr durch die Toilettentür erschossen. Für die entsetzliche Tat musste Scholz gerade mal drei Jahre hinter Gitter. Vielen ging an diesem 1. Februar 1985 die Strafe nicht weit genug.

Das Drama im Berliner Westend hatte die Republik aufgewühlt, mit Spannung verfolgte die Nation den Prozess um den Mann, dessen Tod sich am kommenden Freitag zum 20. Mal jährt. Das Gericht in Moabit konnte dem Angeklagten damals keinen Tötungsvorsatz nachweisen, viele Fragen blieben offen. Scholz hatte am 22. Juli 1984 seine Frau Helga in der gemeinsamen Villa am Grunewald erschossen – im Suff. Die beiden hatten wieder mal über Stunden gestritten, dem Alkohol zugesagt, ehe Scholz das Gewehr aus dem Keller holte und abdrückte.

Zuvor lebte das Paar viele Jahre auf der Sonnenseite, gehörte in der Nachkriegszeit im Westen Berlins zu den gern gesehenen Partygästen und genoss den Glamourfaktor. TV-Moderator Hans Rosendahl war ihr Trauzeuge, der spätere Kanzler Willy Brandt, Schauspieler Günter Pfitzmann und Box-Ikone Max Schmeling saßen bei den Kämpfen am Ring.

Ein „Unglück“

Scholz war auch deshalb so beliebt, weil er sich aus kleinen Verhältnissen im Arbeiterbezirk Prenzlauer Berg hochgeboxt hatte. Zwei Jahre gewann er alle Kämpfe durch K.o., wurde Europameister und zum Symbol des Wiederaufstiegs in Deutschlands. Daran änderte sich zunächst auch nichts, als der Rechtsausleger 1962 seinen wichtigsten Kampf um die WM gegen den US-Amerikaner Harold Johnson im ausverkauften Olympiastadion verlor.

In der Unterhaltungsindustrie gab Scholz ebenfalls eine gute Figur ab. Er spielte in einer TV-Produktion, war im Kölner Millowitsch-Theater zu sehen und brachte mit einem Orchester drei Singles auf den Markt. Beruflich ging es dem Paar nach der Boxkarriere weiterhin gut, Ehefrau Helga kümmerte sich um die Parfümerien, Scholz führte eine Werbeagentur. Doch im Laufe der Jahre verliert die Ehe an Schwung, die Einladungen werden weniger, Scholz leidet unter Depressionen, er trinkt, auch Helga greift zur Flasche. Die Streite werden heftiger, im Juli 1984 kommt es in der Villa zur Tragödie. Das Gericht attestierte Scholz später eine erhebliche Bewusstseinsstörung und verminderte Schuldfähigkeit – durch Tabletten, Alkohol und Depressionen.

1987 wird Scholz aus dem Knast entlassen, ein Jahr später tritt er noch einmal im Fernsehen auf, bei dem jungen Moderator Günther Jauch. Auf die Frage, ob das schreckliche Kapitel mit dem Aufenthalt im Gefängnis nun endlich abgeschlossen sei, sagte Scholz: „Das wird es nie sein“, weil es ein Unglück gewesen sei und Helga und er „29 Jahre sehr glücklich waren und ich mir einfach nicht vorstellen konnte, ohne meine Frau weiterleben zu können“.