Kopf des Tages100 Jahre Bernhard Kempa: Ein ewiger Name für den Handball

Kopf des Tages / 100 Jahre Bernhard Kempa: Ein ewiger Name für den Handball
 Foto: dpa/Uwe Anspach

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100 Jahre Bernhard Kempa

Wenn Bernhard Kempa die Corona-Pandemie noch erleben würde, hätte er sich wohl auch darüber nicht beklagt. Wie in den Jahren vor seinem Tod im Juli 2017 wäre das Leben der Handball-Ikone vermutlich so ruhig wie meistens verlaufen: Kempa stand morgens früh auf und las die Zeitung, machte täglich seinen Mittagsschlaf, und jeden Freitag ging er mit engen Freunden zum Italiener im schwäbischen Bad Boll, um Fisch zu essen.

„Ich denke, dass er die Corona-Situation, wie alles in seinem Leben, tapfer angenommen hätte – auch wenn das Restaurant im Moment leider geschlossen ist“, erzählt sein Sohn, der ebenfalls Bernhard Kempa heißt. An diesem Donnerstag wäre sein Vater 100 Jahre alt geworden.

Sein Name lebt im Handball weiter. Ein Sportartikelhersteller hat eine Marke daraus gemacht, in deren Trikots zahlreiche Clubs auflaufen. In alle Lehrbücher der Sportart schaffte es Kempa jedoch bis heute mit einer Idee, die er vor weit mehr als einem halben Jahrhundert im Training hatte.

Als Spielertrainer von Frisch Auf Göppingen wollte er seinen Jungs Anfang der 50er ein wenig Abwechslung bieten und erfand den Kempa-Trick. Bis heute begeistert dieser so simpel wie genial anmutende Spielzug Zuschauer und Trainer. Ein Passgeber hebt den Ball über die Abwehr in den Kreis, sein Mitspieler fängt ihn noch im Sprung und wirft ihn vor der Landung ins Tor. „Mit diesem Trick ist er bekannt geworden“, sagt der frühere Weltmeister-Trainer Heiner Brand.

Der 68-Jährige weiß, was für eine emotionale Wucht er auslösen kann: Im Halbfinale der WM 2007 bangt Brand am Spielfeldrand, während Deutschland und Frankreich sich ein packendes Duell liefern. Das Spiel ist schon in der Verlängerung, als Linksaußen Dominik Klein in den Kreis springt und einen genialen Pass von Markus Baur noch im Sprung verwandelt. Das Kölner Publikum tobt vor Begeisterung, mittendrin sitzt Bernhard Kempa. Auch dank seinem Trick schaffte es die DHB-Auswahl ins Finale und gewann später sogar den Titel. „Das mit dem Trick war für ihn schon sensationell, er hat immer mit Begeisterung darüber gesprochen“, erzählt sein Sohn. „Er ist damit ja quasi unsterblich geworden.“

Dabei hat Kempa noch so viel mehr erreicht. Nach der Geburt in Schlesien zieht er wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg von München nach Göppingen, wo er als Spieler, Spielertrainer und Trainer etliche deutsche Meisterschaften gewinnt. Unter Kempa holen die Schwaben 1960 zudem als erster deutscher Verein den Europapokal.

Der Sport prägte bis zu einer schweren Erkrankung vor wenigen Jahren sein Leben. „Solange er gesundheitlich fit war, ungefähr bis 2014 oder 2015, kam er noch regelmäßig in die Halle“, erzählt Thomas Lander, Präsident des Hauptvereins von Frisch Auf Göppingen. Die zahlreichen Erinnerungen an seine Laufbahn bewahrte Kempa zu Hause in Bad Boll in Regalen und Schränken auf. In einem riesigen Archiv lagerten dort Pokale, Wimpel, Zeitungen und Zeitschriften, die Frisch Auf demnächst in einem „Bernhard-Kempa-Museum“ in der heimischen Arena ausstellen möchte. Für Kempa selbst waren diese Dinge bis zuletzt Andenken an eine andere Handball-Zeit.

„Es war nicht mehr der Handball, den er kannte und den er selbst gespielt hat“, sagt sein Sohn. „Diese Härte im Handball, das war für ihn eigentlich nicht mehr regelkonform. Das hat ihm missfallen.“ Aber auch daraus hat sein Vater nie ein großes Thema gemacht. Er hat den Sport verfolgt, und er dürfte sich jedes Mal gefreut haben, wenn er seinen Trick am Fernseher oder in der Halle gesehen hat. Viel wichtiger waren ihm aber andere Dinge. Zum Beispiel der tägliche Mittagsschlaf. Oder der Besuch beim Italiener an jedem Freitag. (dpa)