Mittwoch12. November 2025

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Algeriens WM-Star Anthar Yahia: Heimatverbunden und kämpferisch

Algeriens WM-Star Anthar Yahia: Heimatverbunden und kämpferisch

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FUSSBALL - Anthar Yahia kennt in Algerien jedes Kind. Mit seinem Tor im Entscheidungsspiel gegen Ägypten schoss er sein Heimatland zur Weltmeisterschaft. Der Profi des VfL Bochum erzählt im Tageblatt-Exklusiv-Interview über die Liebe zu seinem Heimatland und die Erlebnisse vor und während der Weltmeisterschaft in Südafrika. Morgen erwarten Tausende seiner Landsleute gespannt den Auftritt von...

Dan Elvinger

Tageblatt: Herr Yahia, Sie wurden 1982 geboren – im Jahr, als die algerische Fußballnationalmannschaft bei der WM in Spanien Deutschland besiegte und ein ganzes Land stolz machte. Nach dem „Nichtangriffspakt von Gijon“ beim Spiel zwischen Deutschland und Österreich schied Algerien trotz zweier Siege aus. Haben Ihre Eltern Ihnen Anekdoten und Geschichten von damals überliefert?

Anthar Yahia: „Na klar. Es gibt keinen jungen Algerier, der die Geschichten aus dieser Zeit nicht kennt. Ich bin im Elsass aufgewachsen und vor dem Spiel gegen Deutschland haben uns die Elsässer aufgezogen. Nach dem Sieg wurde gefeiert. Trotz des ‚Nichtangriffspakts‘ sehe ich dieses Turnier nicht als Enttäuschung und wir können stolz auf die Leistungen dieser Mannschaft sein.“

„T“: 28 Jahre später waren Sie Teil der Mannschaft, die an der Weltmeisterschaft in Südafrika teilnahm. Haben Sie das Ausscheiden und ihre Gelb-Rote Karte gegen die USA mittlerweile verdaut? Steckbrief ANTHAR YAHIA

o Geburtstag: 21. März 1082

o Geburtsort:
Mulhouse (F)

o Größe:
1,85 m

o Staatsangehörigkeit:
Franzose / Algerier

o Vereine:
FC Sochaux (1996-2000), Inter Mailand (2000-2000), SC Bastia (2001-2005), OGC Nizza (2005-2007), VfL Bochum (seit 2007)

A.Y.: „Den Platzverweis habe ich bereits aus meinem Gedächtnis gestrichen, weil er in den letzten Spielminuten des letzten Gruppenspiels passierte und daher auch nicht wirklich bedeutend war. Die WM war ein fantastisches Erlebnis und wir haben gezeigt, dass wir Spitzenteams wie England die Stirn bieten können. Wir hätten sogar gewinnen können.“

„T“: Um sich für Südafrika zu qualifizieren, musste Algerien im Entscheidungsspiel gegen Nachbar Ägypten antreten. Ein von Ausschreitungen und kaltem Hass geprägtes Spiel. Wie haben Sie diese Partien in Erinnerung?

A.Y.: „Ich habe während dieser Zeit grausame Erfahrungen gemacht. Ich werde diese Spiele nie vergessen. Wir hatten Angst, aber mit einem außerordentlichen Teamgeist haben wir es geschafft, uns zu qualifizieren. Das Verhalten einiger Ägypter war feige und beschämend.“

„T“: Mit Ihrem Tor haben Sie Algerien zur WM geschossen. Werden Sie in ihrem Heimatland als Held verehrt?

A.Y.: „Als Held nicht. Sagen wir es mal so: Die Zuschauer haben mich schon immer gemocht, weil ich ein Kämpfer bin und keinen Ball aufgebe. Ok, ich habe das Tor erzielt, aber Kader Ghezzal hat kurz davor ein entscheidendes Kopfballduell gewonnen und Karim Ziani den entscheidenden Pass geschlagen. Es war eine Teamleistung.“

„T“: Am Mittwoch steht das Länderspiel gegen Luxemburg an. Was wissen Sie über den Gegner?

A.Y.: „Ich habe Ausschnitte der Partie gegen Frankreich gesehen. Die Franzosen haben ein einfaches Spiel erwartet und haben sich getäuscht. Ich habe Respekt vor jedem Gegner, so auch vor Luxemburg. Außerdem weiß ich, dass viele junge Spieler aus Lothringen und dem Elsass in der luxemburgischen Meisterschaft spielen.“

„T“: Kennen Sie einige Luxemburger Nationalspieler?

A.Y.: „Ich kenne Jeff Strasser. Als ich noch in Nizza unter Vertrag stand, haben wir einmal gegeneinander gespielt. Er ist eine wahre Autorität auf dem Platz. Leider ist er gegen uns nicht dabei.“

„T“: Sie sind in Mulhouse geboren und aufgewachsen und haben für französische Jugendauswahlen gespielt. Warum haben Sie sich entschlossen, für Algerien zu spielen? War es eine sportliche oder persönliche Entscheidung?

A.Y.: „Zwischen mir und Algerien herrscht so etwas wie eine Liebesgeschichte. Außerdem habe ich vom dritten bis zum zehnten Lebensjahr in Algerien gewohnt. Daher wohl auch die Verbundenheit zu dem Land meiner Vorfahren. Dass ich in französische Jugendauswahlen berufen wurde, hat sich so ergeben. Aber ich habe früh auf mein Herz gehört. Bereits mit 19 fiel die Entscheidung, für Algerien anzutreten. Es war ein Kindheitstraum, mit Algerien an einer Weltmeisterschaft teilzunehmen.“

„T“: Viele algerische Talente, die in Frankreich aufwachsen, stehen vor derselben Entscheidung wie Sie. Können Sie diesen Generationen einen Rat geben?

A.Y.: „Ich gehöre zu der ersten Generation von Einwandererkindern, die sich für ihr Heimatland entschieden haben. Bekannte Spieler wie Samuel Eto’o oder Didier Drogba sind in dieser Thematik gute Vorbilder.“

„T“: Das Stade Josy Barthel wird am Mittwoch vielleicht ausverkauft sein. Vor allem weil viele Ihrer Landsleute nach Luxemburg kommen. Wie hoch ist der Stellenwert des Fußballs in Ihrer Heimat?

A.Y.: „Überall, wo wir spielen, sind die Stadien ausverkauft. Fußball spielt eine wichtige Rolle in der algerischen Gesellschaft.“

„T“: Zuletzt hat sich Algerien in der Qualifikation für die Afrikameisterschaft 2012 nicht mit Ruhm bekleckert. Wie reagiert das Publikum?

A.Y.: „Es ist natürlich unzufrieden. Nach dem Unentschieden gegen Tansania und der Niederlage gegen die Zentralafrikanische Republik ist das ihr gutes Recht.“

„T“: Bei Ihrem Verein in Bochum läuft es zurzeit auch nicht nach Plan. Ein zehnter Platz ist für einen ambitionierten Verein wie den VfL zu wenig. Was läuft schief?

A.Y.: „Zur neuen Saison wurde der Trainer ausgetauscht und viele neue Spieler geholt.
‚La mayonnaise n’a pas encore pris.‘ Wir müssen die Kurve kriegen, wenn wir noch um den Aufstieg in die Bundesliga mitspielen wollen.“ 


Gegner Algerien 

Am Mittwoch trifft die luxemburgische Nationalmannschaft in einem Testländerspiel auf Algerien. Die „Fennecs“ (Wüstenfüchse) haben bisher an drei Weltmeisterschaften teilgenommen. Im Sommer schied Algerien bei der WM in Südafrika in der Vorrunde aus. Gruppengegner waren Slowenien, die USA und England. Trainer der Nationalmannschaft ist Abdelhak Benchikha. Bekannteste Spieler der Nordafrikaner sind Anthar Yahia (VfL Bochum), Hassan Yebda (SSC Neapel) und Karim Ziani (VfL Wolfsburg).

Momentan belegen die „Wüstenfüchse“ mit 709 Punkten Platz 33 in der FIFA-Weltrangliste, 102 Plätze vor Luxemburg.