MeinungWirecard-Skandal in Deutschland zieht weiter Kreise

Meinung / Wirecard-Skandal in Deutschland zieht weiter Kreise
Blick auf die Wirecard-Zentrale in Aschheim, Bayern Foto: dpa/Matthias Balk

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Der Fall hat das Zeug zu einem echten Wirtschafts- und Polit-Thriller. Es geht um dubiose Geschäftsgebaren eines Dax-Konzerns, unzureichende Kontrollen und reichlich viel Geld. Zu den Mitwirkenden zählen kriminelle Manager, russische Geheimdienste, aber auch höchste deutsche Regierungskreise. Wer will es der Filmgesellschaft Ufa da verdenken, dass sie sich bereits mit dem festen Vorsatz trägt, den Stoff in einer Mischung aus Fiktion und Dokumentation für ein breiteres Publikum aufzubereiten?

Die Aufarbeitung des Falls steht freilich noch ganz am Anfang. Sicher ist nur, dass die inzwischen insolvente Wirecard AG scheinbar in atemberaubendem Tempo gewachsen war, ohne dass irgendeine Aufsichtsbehörde wirklich dahinterkam, was es mit dem Bezahlabwickler genau auf sich hatte. So kam es beispielsweise zu dem Kuriosum, dass jetzt 1,9 Milliarden Euro verschwunden sind, von denen aber unklar ist, ob sie überhaupt jemals existierten. Dabei hatten Journalisten schon vor Jahren publik gemacht, dass Wirecard bereits 2008 in den Geruch manipulierter Bilanzen gekommen war. Zwar soll es seit dem Frühjahr 2019 verschärfte Prüfungen wegen des Verdachts von Marktmanipulationen gegeben haben, worüber auch der deutsche Finanzminister Olaf Scholz im Bilde war. Aber im Herbst desselben Jahres hatte sich die deutsche Kanzlerin Angela Merkel bei einer China-Reise noch persönlich für Wirecard verwendet, wie ihre Sprecherin am Montag erneut einräumen musste. Wie konnte das passieren?

Spätestens an diesem Punkt wird klar, dass sich der Wirecard-Skandal politisch nicht auf einen Bundesminister mit SPD-Parteibuch reduzieren lässt. Involviert war die gesamte Bundesregierung. Deshalb sollte sich weder der eine noch der andere Koalitionspartner irgendwelche Geländegewinne im anstehenden Bundestagswahlkampf versprechen, wenn es zur Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses kommt.

Abgründiges Treiben aufklären

Die für nächste Woche anberaumte Sondersitzung des Finanzausschusses im Bundestag dürfte nur ein Vorgeplänkel dafür sein. Die Opposition wird sich die Gelegenheit wohl kaum entgehen lassen, Schwarz-Rot vorzuführen. Und der Fall ist wohl auch zu komplex, als dass sich mit der kurzzeitigen Befragung einiger weniger Regierungsmitglieder genügend Licht ins Dunkel bringen ließe. Ein Untersuchungsausschuss kann den Kreis der Zeugen beträchtlich erweitern, Akten herbeiziehen und der Regierung monatelang das Leben schwer machen.

Vergessen werden sollte dabei allerdings nicht, dass es kein Teufelswerk ist, wenn sich Spitzenpolitiker für das Wohlergehen einheimischer Unternehmen verwenden. Das darf man sogar von ihnen erwarten. Schließlich geht es auch um die Sicherung von Arbeitsplätzen. Problematisch wird es dann, wenn Sorglosigkeit herrscht, für wen man da eigentlich Reklame macht. Das abgründige Treiben von Wirecard wurde dadurch noch begünstigt. Es gehört umfassend aufgeklärt.