10.000 Fälle am Tag, 500.000 InfizierteWieso Spanien einen solchen Corona-Absturz erlebt

10.000 Fälle am Tag, 500.000 Infizierte / Wieso Spanien einen solchen Corona-Absturz erlebt
Nur in fünf von 17 spanischen Regionen nahmen Schulen nach sechs Monaten Corona-bedingter Auszeit den Präsenzunterricht wieder auf Foto: dpa/Jesús Hellín

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Spanien erlebt zurzeit einen wahren Corona-Absturz und muss wieder bis zu 10.000 Fällen pro Tag melden. Insgesamt wurden bereits mehr als eine halbe Million Infektionen gezählt. Das alles trotz der strengsten Corona-Regeln Europas. Was läuft da schief?

Bereits im Frühjahr war das spanische Königreich das EU-Territorium mit den meisten Corona-Fällen. Nun schwappt die zweite Welle durch Europa und Spanien ist schon wieder trauriger Spitzenreiter bei den Neuerkrankungen. Was läuft schief in dem südeuropäischen Urlaubsland, das in diesem Spätsommer erneut zum europäischen Hochrisikogebiet wurde?

Anfang der Woche übersprang die Zahl der seit Epidemie-Beginn registrierten Corona-Infektionen die 500.000-Marke. Das sind deutlich mehr Fälle als in Großbritannien, Frankreich und Italien. Und gut doppelt so viele wie in Deutschland. Nach Angaben des spanischen Gesundheitsministeriums wurden zuletzt täglich bis zu 10.000 neue Infektionen registriert – mit steigender Tendenz. Auch das ist in der EU ein unrühmlicher Rekord.

Die meisten Betroffenen haben zwar nur leichte oder gar keine Symptome. Aber die Krankenhäuser füllen sich wieder: Annähernd 1.000 Menschen müssen jeden Tag mit Komplikationen der Covid-19-Erkrankung ins Hospital eingeliefert werden. Auch die Zahl der Todesfälle wächst kontinuierlich. Momentan kommen alle 24 Stunden etwa 40 Corona-Tote hinzu. Insgesamt wurden seit Beginn der Epidemie nahezu 30.000 Todesopfer registriert.

Auch jetzt gilt totale Masken-Pflicht

Die wöchentliche Fallinzidenz Spaniens liegt bei über 100 Fällen pro 100.000 Einwohner – in keinem europäischen Land ist das statistische Ansteckungsrisiko höher. Weswegen Berlin und andere Regierungen eine generelle Reisewarnung aussprachen. 

Auch die spanischen Urlaubsinseln im Atlantik und im Mittelmeer blieben nicht von Spaniens Corona-Rückfall verschont. Wobei die hohen Infektionsraten überwiegend in den Inselhauptstädten registriert werden, aber nicht in den außerhalb dieser Ballungsgebiete liegenden Ferienorten.

Am schlimmsten betroffen ist der Großraum Madrid, in dem 6,7 Millionen Menschen leben. In der Hauptstadtregion kletterte die siebentägige Fallhäufigkeit pro 100.000 Bewohner mittlerweile auf fast 250 – das ist erheblich mehr als in den globalen Hotspotländern USA, Brasilien oder Indien.

Die Leichtigkeit, mit der sich das Virus in Spanien ausbreitet, überrascht auch deswegen, weil Spanien die strengsten Corona-Gesetze Europas hat: Im Frühjahr beschloss die Regierung des Sozialisten Pedro Sánchez ein striktes Ausgangsverbot, das sogar Sport und Spaziergänge an der frischen Luft untersagte. Und jetzt, nach der zweiten Virus-Welle, gilt zum Beispiel eine totale Maskenpflicht – auch wenn man alleine auf der Straße ist. Und zudem ein weitgehendes Rauchverbot in der Öffentlichkeit.

Doch trotz harter Gesetze bekommt Spanien die Epidemie nicht in den Griff. Warum? Liegt es am lockeren spanischen Lebensstil, zu dem die Begrüßung mit Umarmungen und Wangenküsschen gehört? Oder ist die spanische Bevölkerung nachlässiger im Umgang mit der Hygiene als andere Nationen?

Vermutlich nicht. Die südeuropäischen Nachbarländer mit ähnlichen Begrüßungsritualen haben weniger Corona-Probleme. Und in Sachen Hygiene: Die große Mehrheit der spanischen Bevölkerung verhält sich pflichtbewusst und stellt die Corona-Regeln nicht infrage. Entsprechend spielen Corona-Proteste derzeit, anders als in anderen Staaten, keine Rolle.

Kaputt gespartes Gesundheitssystem

Spaniens einflussreichste Tageszeitung El País kommt denn auch zu einem anderen Schluss: Das größte Problem sei das unzulängliche öffentliche Gesundheitssystem. Dieses sei in den letzten Jahren kaputtgespart worden: „Spanien gibt heute weniger für die Gesundheit aus als der EU-Durchschnitt.“

Besonders verhängnisvoll wirkt sich aktuell der Mangel von Corona-Ermittlern aus, welche die Kontaktpersonen von Infizierten aufspüren und so die Ansteckungsketten unterbrechen können. Zudem sind die Testlabors überlastet: Kranke mit Corona-Symptomen müssen eine Woche auf das Testergebnis warten. Mit diesen Defiziten ist es schwer, wirksam Infektionsketten zu unterbrechen.

„Wir reagieren nicht mit der notwendigen Geschwindigkeit“, kritisiert der Madrider Virusexperte und Mikrobiologe José Antonio López Guerrero. Spaniens ausgedünntes Gesundheitssystem sei einfach nicht in der Lage, vorbeugend zu handeln. Das Land laufe der Virus-Entwicklung hinterher.

HTK
9. September 2020 - 12.17

Kaputt gespartes Gesundheitssystem. Genau das ist der Punkt. Auch in den anderen "betroffenen" Ländern. Dazu gehören auch Great Britain und La Grande Nation.Je größer umso schlechter wie es scheint. Hinzu kommen Altersarmut und katastrophale Wohn-und Hygienebedingungen. Da freut sich das Virus.