SlowenienWestbalkan-Gipfel ohne klare Beitrittszusagen für ermattete EU-Anwärter

Slowenien / Westbalkan-Gipfel ohne klare Beitrittszusagen für ermattete EU-Anwärter
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bereiste bereits vergangene Woche den Westbalkan, wo sie unter anderem in Bosnien-Herzegowina den Vorsitzenden des dortigen Ministerrates Zoran Tegeltija (l.) sowie den kroatischen Regierungschef Andrej Plenkovic bei der Einweihung der „Svilaj“-Brücke traf, die Kroatien mit Bosnien und Herzegowina verbindet Foto: AP/dpa

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Neue Impulse für den auf Eis gelegten Erweiterungsprozess sind von dem am Dienstag begonnenen Westbalkan-Gipfel in Slowenien nicht zu erwarten. Statt mit konkreten Beitrittsperspektiven sollen die ermatteten Anwärter in der EU-Dauerwarteschleife mit Milliardenhilfen bei der Stange gehalten werden.

Zumindest die Brüsseler Amtsträger warteten vor dem am Dienstag begonnenen Westbalkan-Gipfel im slowenischen Brdo bei Kranj wieder mit dem vertrauten Süßholz für die ermatteten EU-Anwärter auf. Die Zukunft der Staaten des Westbalkans liege in der EU, wiederholte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei ihrer Blitzreise durch die Anwärterstaaten vergangene Woche erneut das seit fast zwei Jahrzehnten von der EU verkündete Erweiterungsmantra.

Schon auf dem Gipfel von Thessaloniki 2003 hatte die EU den Westbalkan-Staaten eine Beitrittsperspektive gelobt. Seitdem ist nur Kroatien 2013 der Beitritt geglückt. Selbst das von Gipfelgastgeber Slowenien formulierte Beitrittsziel 2030 gilt für die Dauergäste im EU-Wartesaal als kaum mehr realistisch. Statt sich der EU anzunähern, rückt der Beitritt zu Europas Wohlstandsbündnis für die Anwärter Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien in immer weitere Ferne.

Einerseits ist das Interesse in der Alt-EU an der Erweiterung stark erlahmt. Andererseits mehren sich auf dem Westbalkan die autoritären Tendenzen und scheint sich beispielsweise Serbien eher von rechtsstaatlichen Verhältnissen zu entfernen, statt sich europäischen Werten anzunähern. Man müsse der Region eine glaubwürdige Beitrittsperspektive geben, forderte vor dem Gipfel dennoch der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz: „Andere Staaten“ könnten sich sonst das Vakuum zunutze machen.

Wedeln mit dem Scheckbuch

Vor allem die Furcht vor dem wachsenden Einfluss von China, Russland und der Türkei in der Region ist es, was die EU auf dem Gipfel in Slowenien um eine Kompromissformel ringen lässt, um die Anwärter auch ohne konkrete Zusagen bei der Stange zu halten. Denn schon im Vorfeld des Gipfels sorgten Agenturberichte, wonach EU-Mitglieder wie Frankreich, die Niederlande und Dänemark den Kandidaten nicht einmal mehr die Beitrittsperspektive garantieren und gar die Visafreiheit bei Reisen in die Schengenstaaten überprüfen wollten, in der Region für erneute Ernüchterung. „Die EU will den Westbalkan nicht mehr“, titelte enttäuscht die serbische Zeitung Blic.

Tatsächlich ist sich die EU bei der Frage des Umgangs mit den Anwärtern keineswegs einig. Immerhin sollen sich die Partner in Sachen Erweiterung bei dem Gipfel auf eine Kompromissformel für das energische Treten auf der Stelle verständigt haben. Einerseits will sich die EU weiter zum Erweiterungsprozess bekennen. Andererseits soll auf Drängen von Paris betont werden, dass die Aufnahme neuer Mitglieder erst eine Weiterentwicklung der EU voraussetzt.

Der Stab mit der Karotte des Beitrittsversprechens droht sich für die Anwärter von Gipfel zu Gipfel stets weiter zu verlängern. Doch immerhin geht das diplomatische Schulterklopfen der EU auch mit kräftigem Scheckbuchwedeln einher: Bis 2028 will Brüssel ein Hilfsprogramm für den Westbalkan in Höhe von 30 Milliarden Euro auf den Weg bringen.