DeutschlandWer mit wem? Stärke der SPD bringt Wahlkampf in Schwung

Deutschland / Wer mit wem? Stärke der SPD bringt Wahlkampf in Schwung
Grad läuft’s gut für Olaf Scholz: Der SPD-Politiker ist beliebtester Kanzlerkandidat Foto: dpa/Annette Riedl

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Sechs Wochen vor der Bundestagswahl haben Union und SPD den Ton im Kampf um das Kanzleramt spürbar verschärft. Für den SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz läuft es laut Umfragen gerade sehr gut, die Union macht sich selbst Mut. Und die FDP positioniert sich – an ihr könnte sich die Regierungsbildung entscheiden.

Olaf Scholz blickt am Sonntag beim ARD-Sommerinterview ziemlich entspannt in die Kameras. „Ich will der nächste Kanzler werden und den Regierungsbildungsauftrag bekommen“, sagt der SPD-Kanzlerkandidat ein ums andere Mal in verschiedenen Variationen. Er habe eine klare Vorstellung davon, was passieren müsse, damit in der Gesellschaft wieder mehr Respekt herrsche und Arbeitsplätze auch künftig gesichert seien. Darin unterscheide er sich von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Und setzt sein Scholz-Grinsen auf, das den Koalitionspartner Union schon das ein ums andere Mal zur Weißglut getrieben hat.

Scholz kann es sich erlauben, für einen Moment durch- und aufzuatmen. Seine persönlichen Umfragewerte sind sehr gut, er liegt weit vor den Konkurrenten Armin Laschet (CDU) und Annalena Baerbock (Grüne). Auch die SPD hat in einer Umfrage vom Sonntag erst mal wieder die Grünen als zweitstärkste Kraft im Bund abgelöst. Ob er in eine Koalition mit Union und FDP, eine sogenannte Deutschlandkoalition, einsteigen würde, auch als zweite Kraft? Darauf will der SPD-Kandidat erst mal nicht antworten. Klar ist: Olaf Scholz wäre eine Ampel unter seiner Führung mit Grünen und FDP die allerliebste Koalition. Doch dafür muss er die Union hinter sich lassen oder die FDP ins Boot holen.

Verschärfter Ton

Die FDP jedoch grenzte sich am Wochenende deutlich von Überlegungen einer Ampelkoalition unter roter oder grüner Führung ab. Ein Strategiepapier zur Wirtschaftspolitik für die Zeit nach der Wahl, das am Montag im Präsidium verabschiedet werden soll und unserer Redaktion exklusiv vorliegt, enthält ein klares Bekenntnis zum Rückzug des Staates aus der Wirtschaft, eine Absage an Steuererhöhungen und fordert den Ausstieg aus den Lockdown- und Corona-Maßnahmen. In FDP-Führungskreisen wird das Strategiepapier auch als Einordnung gehandelt, das inhaltliche Unterscheide zu SPD und Grünen deutlich macht. In zwölf Punkten werden Entwürfe für eine Wirtschaftspolitik nach dem 26. September skizziert. „Es ist an der Zeit für den Rückzug des Staates aus Markt und Wirtschaft. Wir brauchen fairen Wettbewerb und Transparenz, damit das wichtige Vertrauen zwischen Unternehmen und Marktteilnehmern wieder wachsen kann. Wir müssen die Wirtschaft in die Freiheit entlassen“, heißt es in einer Vorbemerkung.

Gefordert wird unter anderem der „Rückzug des Staates aus der Wirtschaft“, eine „Stärkung des Wettbewerbs“, ein „Ausstieg aus den Lockdown- und Corona-Maßnahmen“, private Investitionen verstärkt auszulösen und die Zuwanderung von Fachkräften gezielt zu steuern. Außerdem enthält das Papier eine klare Absage an Substanzsteuern wie etwa eine Vermögensteuer. Unions-Kanzlerkandidat Laschet erklärte bei einer Wahlkampfveranstaltung ebenfalls, alle politischen Wettbewerber links von der Union forderten Steuererhöhungen. „Wer das tut, vergeht sich am Wohlstand der Bundesrepublik Deutschland.“ Scholz wiederum nannte Steuererleichterungen für Besserverdienende ungerecht. Die inhaltliche Schnittmenge: schwierig.

Die Union verschärfte angesichts fallender Umfragewerte am Wochenende deutlich den Ton im Wahlkampf. Der frühere Unionsfraktionschef im Bundestag, Friedrich Merz, appellierte eindringlich an CDU und CSU, jetzt wirklich zu kämpfen: „Es ist nicht gelaufen.“ Der Hamburger CDU-Landesvorsitzende Christoph Ploß sagte zum Tageblatt: „Damit gegen die Union keine Regierung gebildet werden kann, ist eine klare inhaltliche Positionierung und ein klares Profil in den letzten Wahlkampfwochen notwendig. Die Unterschiede zu anderen Parteien müssen deutlich sichtbar werden – sonst wacht Deutschland am Wahlabend mit einem rot-rot-grünen Bündnis auf.“

Themen gibt es genug

Auch Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) sprach von einem „Weckruf für alle in der CDU und CSU. Wir müssen jetzt alle noch einmal eine Schippe drauflegen“. Die Union brauche einen klaren Fahrplan für mehr Klimaschutz. Dabei gehe es aber nicht um einen Unterbietungswettkampf mit anderen Parteien, wer früher aus Kohle und Verbrennungsmotoren aussteigen will. „Wir müssen die besten Köpfe aus Forschung, Wissenschaft und Wirtschaft in Deutschland vereinen und gleichzeitig unseren Nachwuchs so ausbilden, dass wir die Vorreiter sind, wenn endlich auch andere Regionen dieser Welt nachziehen. Ich sehe enormes Potenzial für private Investoren in Deutschland, die im Sinne des Klimawandels bei uns Geld verdienen können. Das ist in meinen Augen der richtige Ansatz für die Union“, betonte Karliczek.

Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock forderte am Wochenende wiederum eine Planungsbeschleunigung für Infrastrukturprojekte. „Es kann nicht sein, dass Infrastruktur Jahrzehnte braucht, bis sie gebaut ist. Aber das geht nur mit den Bürgerinnen und Bürgern zusammen und nicht gegen Bürgerinnen und Bürger.“

Themen also gibt es genug. Die Farbenspiele für den Abend des 26. September – sie sind weiter offen.