BalkanstaatenWegen Rezessionsängsten wird auf möglichst frühe Neuwahlen gesetzt

Balkanstaaten / Wegen Rezessionsängsten wird auf möglichst frühe Neuwahlen gesetzt
Kroatiens Premierminister Andrej Plenkovic will wählen lassen, bevor die Wirtschaftskrise vollends durchschlägt Foto: AFP/Damir Sencar

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Nach der Krise ist vor der Krise: Auch die Furcht vor der nahenden Rezession lässt die Regierungen auf dem Balkan auf möglichst schnelle Neuwahlen setzen.

Noch ist die Viruskrise nicht ausgestanden und schon droht dem gebeutelten Balkan das nächste Krisental: Auch das Wissen um die nahende Rezession lässt Regierungen mit Ablaufdatum in Südosteuropa eilig an die Urnen drängen.

Früher als ursprünglich geplant hat Serbiens Parlament nach 52 Tagen den Ausnahmezustand aufgehoben. Trotz der Aufforderung der Opposition, die Wahl wegen der Corona-Krise auf den Herbst zu verschieben, hat der allgewaltige Staatschef Aleksandar Vucic diese für den 21. Juni angesetzt. Am klaren Sieg seiner nationalpopulistischen SNS gibt es angesichts des von ihr kontrollierten Medienwalds sowie der zersplitterten und mehrheitlich zum Wahlboykott entschlossenen Opposition kaum Zweifel. Doch nicht nur die sich mehrenden Topfschlagproteste unzufriedener Bürger, sondern auch erste Entlassungswellen und die verschlechterten Konjunkturprognosen lassen Vucic lieber auf Sommer- als auf Herbstwahlen setzen. 

Der Präsident wolle so schnell wie möglich die Wahl, weil die Serben nach dem Ausnahmezustand rasch mit dem „realen Leben und der Krise konfrontiert“ würden, sagt der Oppositionsabgeordnete Djordje Vukadinovic. Vucic treibe die Eile, „damit es sich die Wahlboykotteure nicht anders überlegen“, vermutet die Zeitung Danas

In dem von einer Übergangsregierung geführten Nordmazedonien will Präsident Stevo Pendarovski nächste Woche mit den Parteien über einen neuen Wahltermin beraten. Die favorisierten Sozialdemokraten von Ex-Premier Zoran Zaev drängen auf möglichst baldige Wahlen. Die rechtspopulistische Oppositionspartei VMRO tritt auf die Bremse. 

Düstere Wirtschaftsprognosen

Vier Monate vor dem Ablauf der Legislaturperiode steuert auch Kroatiens Regierungspartei HDZ schnelle Neuwahlen an. „Ob die Wahlen im Juni, Juli, August oder September steigen – das ist nur ein kleiner Unterschied“, versichert Premier und HDZ-Chef Andrej Plenkovic.

Doch auch beim Wahltermin entscheiden Nuancen über Sieg und Niederlage. Statt wie 2016 im September geht Kroatiens Presse angesichts der düsteren Wirtschaftsprognosen mittlerweile von einem Urnengang in der ersten Juli-Hälfte aus. „Plenkovic will uns direkt vom Ausnahmezustand in die Wahlkabine schicken“, orakelt das Webportal „index.hr“: „Er will die Wahl, bevor uns die Krise mit voller Wucht erwischt.“

Tatsächlich dürften leere Zimmer und Kassen in der Sommersaison in dem vom Tourismus stark abhängigen Adriastaat das Rating der HDZ kräftig purzeln lassen. Doch auch ihre während der Pandemie angezogenen Umfragewerte lässt die HDZ auf einen möglichst frühen Wahltermin setzen. „Nur Naive glauben, dass die HDZ von der Pandemie nicht profitieren will“, titelt das Webportal „24sata“: Je früher die Wahl ausgeschrieben werde, desto eher könne die HDZ im Stimmenstreit „auf die Karte des Siegs über das Virus setzen“.