Von kleinen und großen Chefs

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Eine Frau und ein Mann erklären, was es für sie bedeutet, eine große oder eine kleine Firma zu führen.

Wie es ist, an der Spitze eines großen Unternehmens zu stehen, warum Frauen anders als Männer führen und warum Chefs eine „kugelsichere Weste“ brauchen – darüber hat das Tageblatt mit Christiane Wickler, der Direktorin der Pall-Center-Gruppe, gesprochen.

Und Nedzha Rastoder erklärt, was ihn bewegte, das sichere Arbeitsverhältnis zu kündigen und seine Firma zu gründen.

Lieber ein kleiner „Boss“

Von Lucien Montebrusco

Er hat das realisiert, was sich so mancher Beschäftigter insgeheim wünscht, aber niemals umsetzen wird: nach langen Jahren im sicheren Arbeitsverhältnis den Sprung in die Selbstständigkeit zu wagen. Nedzha Rastoder tat dies vor sieben Jahren. Nach zwei Jahrzehnten im Dienst anderer Firmen gründete der heute 45 Jahre alte Luxemburger montenegrinischer Herkunft seine eigene Firma. Auf die Frage nach den Beweggründen antwortet er mit einem schlichten, aber resoluten „lieber ein kleiner ‚Boss‘ der eigenen Firma als ein großer Chef in der Firma eines anderen“.

Rastoders Unternehmen ist ein Kleinunternehmen. Mit seinen heute zehn Beschäftigten baut er Wohnhäuser. Seine Mannschaft zählt u.a. einen Heizungsmonteur, einen Bewehrer, einen Elekro- und einen Bauingenieur sowie mehrere Hilfsarbeiter. Obwohl er Chef ist, ist auch Rastoder selbst täglich mit seinen Leuten auf der Baustelle, zieht mit ihnen Mauern hoch, hilft beim Gießen der Betondecken.

Unternehmensgründung leicht gemacht

War es schwer, den eigenen Betrieb zu gründen? Eigentlich nicht, sagt er. Lediglich die Buchhaltung musste er an eine spezialisierte Firma „outsourcen“, wegen des Französischen. Obwohl er selbst seit langem im Bau tätig ist und über viel Fachwissen verfügt, zögerte Nedzha nicht, sich zusätzliche Kenntnisse während einschlägiger Kurse bei der Handwerksföderation anzueignen. Falls erfordert, würden er und seine Mitarbeiter Weiterbildungen absolvieren, sagt er. Auch wegen der neuen bautechnischen Anforderungen, Stichwort Energieeffizienz? Das stelle kein Problem dar, sagt er und erinnert an seine Spezialisten in der Mannschaft.

Über Probleme mit den Behörden könne er nicht klagen. Nur bei den Gemeinden dauere es mit den Baugenehmigungen manchmal etwas zu lang. Das könne ein Unternehmen, vor allem ein kleineres, schon in Bedrängnis bringen. Schließlich laufen die Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Bank weiter. Wirklich keine Sorgen mit den staatlichen Verwaltungen? Doch, mit dem Vertikalkataster schon. Auch hier dauere alles zu lang, sagt er, fügt aber gleichzeitig hinzu, dass das wohl am Personalmangel in dieser Verwaltung liegt.

Gegenseitiges Vertrauen ist wichtig

Sorgen über die Auftragslage für seinen Betrieb macht sich Rastoder nicht. Das Geschäft im Bausektor läuft ganz gut, nicht nur für ihn. Missmutig wird er jedoch, wenn er an die Billigkonkurrenz von Firmen aus Osteuropa denkt. Die setzen die anderen Unternehmen, wie seines zum Beispiel, mit ihren Niedriglöhnen für ihre Arbeiter aus Osteuropa mächtig unter Druck.

Wie ist denn das Verhältnis des langjährigen Angestellten und heutigen Chefs Nedzha Rastoder zu seinen eigenen Mitarbeitern? Er pflege ein freundschaftliches Verhältnis zu seinen Mitarbeitern, die alle in Luxemburg leben. Ihm sei stets bewusst, dass auch sie Verpflichtungen gegenüber ihren Familien haben, auch sie müssen ein Hausdarlehen abstottern. Das Wichtigste sei gegenseitiges Vertrauen, sagt er. Und die Sicherheit auf der Baustelle. Ist es glatt und nass, hat der Arbeiter nichts auf der Baustelle verloren, präzisiert er. Von der Entwicklung seiner Firma hat Rastoder klare Vorstellungen: Stufe für Stufe will er nehmen. Wer eine Stufe überspringt, riskiert, zu stolpern, sagt er. Das möchte er nicht.


„Unternehmer zu sein, ist ’no gender'“

Von Daisy Schengen

Tageblatt: Frau Wickler, seit wann sind Sie an der Spitze des Pall Center und wie fühlt es sich an, ein so großes Unternehmen zu führen?

Christiane Wickler: Seit 1982 bin ich quasi „mein eigener Chef“. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete ich aber schon lange im Betrieb mit.

Was ist anders in der Führung eines großen Unternehmens als in einem kleinen Betrieb?
Man ist viel weniger allein (lacht). Es ist sehr angenehm, ich bin gern mit Menschen zusammen. Jeder Tag ist eine Herausforderung, um das ganze Team zu motivieren, um das Spiel zu gewinnen.

Wodurch zeichnet sich Ihrer Meinung nach ein „guter“ Chef aus?

Zuhören und einen Rahmen setzen können, Ruhe behalten. Außerdem muss er oder sie mit gutem Beispiel vorgehen und eigene Fehler zugeben können. Ein guter Vorgesetzter muss Entscheidungen treffen können, auch wenn sie oft unangenehm sind – das ist so. Eine schlechte Entscheidung ist besser als gar keine, nur so kommt man weiter. Nicht zuletzt sollte man motiviert und sich seiner Verantwortung bewusst sein.

Würden Sie aus Ihrer Erfahrung heraus sagen, dass Frauen einen anderen Führungsstil haben als Männer?

Zur Person

1982 begann die Geschichte des Pall Center, als Christiane Wickler die Führung der Tankstelle von ihrem Vater übernahm. Im Laufe der Jahrzehnte wuchs der Betrieb auf mehrere Supermärkte, Boutique-Bereiche und ein Restaurant. Die Pall-Center-Gruppe ist inzwischen an mehreren Standorten in Luxemburg vertreten. Das Unternehmen beschäftigt mehr als 200 Menschen.

Mein Vater war Unternehmer – ein Mann – und ich seine Tochter – eine Frau. Ich habe denselben Nachnamen, bin genau so „gedrillt“ worden, gehe die Dinge aber anders an als er. Frauen haben die Gesamtsituation im Blick, sie denken „global“. Wir sind viel mehr auf das Lang- als auf das Kurzfristige gerichtet: Wir sind keine Männer, befinden uns nicht auf der Jagd und müssen nicht mit Beute nach Hause kehren. Frauen sind außerdem viel sensibler, achten viel mehr auf Details.

Trotz alledem ist es mir wichtig, zu betonen, dass Unternehmertum an sich ein „no gender“-Bereich, also geschlechtsneutral, ist. Unternehmer zu werden, steht jedem offen und bietet auch jedem die Möglichkeit, erfolgreich zu sein – unabhängig von den Unterschieden in den Führungsstilen von Männern und Frauen. Wichtig ist, sich auf sein Ziel und nicht auf die Urteile anderer zu konzentrieren.

Das ist aber leichter gesagt als getan …

Selbstverständlich ist es für ein(e) Unternehmer(in) nicht einfach, den eigenen Weg zu gehen, wenn man ständig „unter Beschuss“ steht. In solchen Fällen muss man eben eine kugelsichere Weste anziehen.

 

Wernher
4. März 2018 - 18.38

It's good to be king. Dat wor nach ëmmer esou.