SportschießenUnter strengen Augen: Der Sport-Schéiss-Club Kayl über Polizeikontrollen und eigene Schätze

Sportschießen / Unter strengen Augen: Der Sport-Schéiss-Club Kayl über Polizeikontrollen und eigene Schätze
Mit einem Druck von 1,3 Bar feuert Menn Georgen auf sein Ziel. Per Lichtmessung wird der Schuss erfasst und auf dem Bildschirm angezeigt  Foto: Editpress/Julien Garroy

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Sicherheit geht vor – dies ist ganz deutlich der Eindruck, den die Kayler Sportschützen vermitteln wollen. Das klare Regelwerk, Polizeikontrollen und Videoüberwachung: Beim SSCK wird nichts dem Zufall überlassen. Den Rest erledigt das Justizministerium. 

Wie in fast allen Vereinen gibt es auch beim Sport-Schéiss-Club Kayl diese eine gute Seele: Menn Georgen ist mit seinen „fast“ 73 Jahren der freiwillige Platzwart des Schießklubs. Es waren Freunde und Familienmitglieder seiner späteren Ehefrau, die ihn vor 30 Jahren bis ans Ende der rue Eweschbour führten. Seitdem gehört der Schütze zum festen Inventar, räumt den Kollegen hinterher und hält die Grünanlage in Schuss. Der Mann mit dem Passe-Partout hat aber nicht nur die Zugangsmittel zum lokalen Schießstand in der Tasche, sondern ebenfalls die Schlüssel für seine Waffenschränke in den eigenen vier Wänden. „Mit zunehmender Zeit wird man immer ehrgeiziger. Ich habe alles ausprobiert, vom Gewehr bis zur Pistole“, lacht Goergen.

Bei der täglichen Fahrt zur Kayler Anlage sind die Schlüssel und Waffe aber nicht das Einzige, das Goergen bei sich trägt. Der sogenannte Waffenschein („permis d’arme“) muss auf Wunsch der Polizei stets vorgezeigt werden können. Während den rund 30 Junioren das Material vom Verein zur Verfügung gestellt wird, sind die Senioren selbst für ihr Arsenal zuständig. Für eine gebrauchte Sportpistole muss man rund 700 Euro auf den Tisch blättern. Der Preis für ein neuwertiges Luftgewehr liegt bei etwa 1.700 Euro. Das eigene Gewehr darf nur für den Transport zwischen Schießhalle und Domizil im Auto untergebracht werden. Auch für das Aufbewahren in den eigenen vier Wänden sieht das Gesetz klare Regeln vor: Munition und Waffen müssen beispielsweise separat voneinander und abgesperrt gelagert werden.

Um in Luxemburg überhaupt an eine Schusswaffe zu gelangen, sind mehrere Schritte (und die Volljährigkeit) erforderlich. „Es gibt klare Prozeduren“, erklärt Vereinspräsident Marc Melchior. Der erste Gang führt zum Klub, der einen Lizenzantrag stellt. Danach schickt einer der sieben nationalen Waffenschmiede sämtliche Dokumente ans Justizministerium. Nach einem psychologischen Gutachten hat der „Service armes prohibées“ dann das letzte Wort. „Man wird komplett durchleuchtet“, fügt Vizepräsident Marc Marbach hinzu. „Und wenn man irgendwann beispielsweise in eine Schlägerei verwickelt ist, kann der Schein auch ganz schnell wieder weg sein …“ Mal kommt es auch vor, dass die Polizei die Waffenbesitzer zu Hause oder im Vereinshaus kontrolliert.

„Ein ganz normales Hobby“

Für die Schützen sei dieser Sport ein „Hobby wie alle anderen auch“, sagt der SSCK-Präsident. Grundkenntnisse braucht es laut Vorstandsmitgliedern keine. Bestes Beispiel dafür ist Sylvie Schmit. Vier Jahre nach ihrem Lizenzantrag in Kayl holte sie 2015 die Goldmedaille (Luftpistole) bei den Spielen der kleinen Staaten (JPEE) in Island. „Sie hat es ausprobiert und jeder sah gleich, dass es ihr im Blut liegen würde“, erinnert er sich. Stolz ist man ebenfalls auf Weltmeister Alberto De Vita. Der Polizist schnappte sich diesen Titel beim Polizeischießen in den Vereinigten Staaten. Sylvie Nockels, Jean-Marie Cirelli oder Nachwuchshoffnung Michel Katzenmeier gehören zu den weiteren Aushängeschildern in Kayl, die täglich vor den Scheiben stehen. Technik-, Schuss- und Mentaltraining gehören zum Alltag. 

Rund 80 Prozent der 900 Mitglieder zielen aber nur als Freizeitbeschäftigung auf die Scheiben. Der SSCK ist mit dieser Zahl der drittgrößte Klub im Land, hinter Echternach (2.100) und Hesperingen (1.500). Dieses Trio kämpft traditionell um den Meistertitel. Allein die Kayler schicken sechs Mannschaften bei den Luftpistolen-Wettbewerben ins Rennen. Rund 100 der Kayler Schützen sind Polizisten, insgesamt sind 15% der Lizenzierten Frauen. Dabei ist man besonders stolz auf die Jugendarbeit: „Wir sind die Einzigen, die fast 30 Junioren in ihren Reihen haben“, sagt Marc Marbach. Das jüngste Mitglied des Vereins ist gerade mal zehn Jahre alt und Luftgewehr-Schütze. Drei Coaches (Pistolen-Nationaltrainerin Marianne Meyers, André Ley und Christian Thillen) sind ehrenamtlich im Verein tätig. Erst einmal ausgebildet, wird später auch im Schießsport mächtig um Talente gebuhlt.

Sperrstunde um 19.00 Uhr

Letztes Jahr feierte der Verein aus dem Süden sein 50-jähriges Bestehen – und zu diesem Anlass wurden weder Kosten noch Mühen gescheut. 2018 investierte der Verein 165.000 Euro in die Modernisierung seines 25-Meter-Stands. Hinzu kommen jährlich 35.000 Euro Unterhaltskosten sowie die Löhne für zwei Angestellte (Bedienung und Sekretariat). Gesellige Abende in der „Buvette“ gehören zum Standardprogramm, denn ab 19.00 Uhr ist sportliche Sperrstunde. Vier Stunden – ab 15.00 – darf täglich gezielt und getroffen werden. „Später am Abend wollen wir das nicht, denn je nachdem, wie stark der Wind bläst, kann man die Schüsse auch in Kayl hören. Und wir wollen die Menschen nicht verärgern“, sagt Melchior. Bleiproben des Bodenbelags und Dezibel-Analysen – mit und ohne Blätter auf den Bäumen rund ums Kayler Poteau – gehören ebenso zu den Auflagen, an die sich der Verein halten muss. 

Sicherheit, Sauberkeit und Ordnung sind ohnehin die drei Eckpfeiler, mit denen der Klub in Verbindung gebracht werden möchte. Wer schießt, muss sich ins Kontrollheft eintragen und akzeptieren, dass die komplette Anlage videoüberwacht wird. Muss eine Scheibe gewechselt werden und das Stopp-Signal leuchtet auf, darf keine Waffe mehr berührt werden. „Die Regeln sind für alle klar und hängen überall aus.“ Schwarze Schafe werden ohnehin frühzeitig ausgemustert: „Wir haben keinen Einblick in das Privatleben der Menschen. Es gab auch schon Kandidaten, die keinen Waffenschein vom Justizministerium erhalten haben und deshalb auch nicht zum Klub gehören dürfen“, sagt Melchior.