PolenUnruhe und Freude nach Trumps Ankündigung einer geplanten Truppenreduktion in Deutschland

Polen / Unruhe und Freude nach Trumps Ankündigung einer geplanten Truppenreduktion in Deutschland
US-Soldaten bei einem Manöver im Juni 2017 im polnischen Orzysz Foto: AFP

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Polens Staatspräsident Andrzej Duda hat am Montagabend in der Nähe der pommerschen Kleinstadt Lebork die Zusammenarbeit zwischen US-Truppen und polnischer Armee gelobt. „Unsere Piloten und Artilleriesoldaten kooperieren bestens“, sagte Duda am Rande des „Anakonda-20“-Manövers von Armeeeinheiten beider Staaten.

„F-16-Jets haben amerikanische ‚Maverick‘-Raketen abgeschossen“, sagte Duda und unterstrich, die Piloten seien Polen gewesen und hätten alle Ziele getroffen. Duda besuchte das gemeinsame Manöver rund 200 Kilometer westlich der russisch-polnischen Grenze nur zwei Tage nach Berichten über bevorstehende US-Truppenverlegungen nach Polen.

Amerikanische Medienberichte über eine bedeutende US-Truppenreduktion in Deutschland hatten vor allem am Wochenende in Warschau und auch in Berlin und Brüssel für einige Unruhen gesorgt. Zuerst hatte das Wall Street Journal mit Verweis auf Regierungskreise in Washington berichtet, dass Donald Trump ohne Einweihung des Kongresses den Abzug von bis zu 9.500 US-Soldaten aus Deutschland noch in diesem Herbst beschlossen habe. Fast gleichzeitig berichtete die Presseagentur Reuters, dass ein Teil dieser Truppen nach Polen verlegt werden sollte. Konkrete Zahlen hierfür wurden nicht genannt. Auch hieß es, dass ein Teil der vorher in Deutschland stationierten Truppen zu anderen Verbündeten verlegt werden könnten. In Mittelosteuropa käme dafür vor allem Rumänien infrage.

Während Warschau die Berichte umgehend bereits am Samstagabend begrüßte, äußerte sich Berlin erst am Sonntag. Außenminister Heiko Maas drückte Sonntagfrüh gegenüber Bild am Sonntag das Bedauern der Bundesregierung über diesen Entscheid aus. „Wir sind enge Partner im transatlantischen Bündnis. Aber: Es ist kompliziert“, sagt Maas und äußerte indirekt die Befürchtung, dies könnte den nach der Ukraine-Krise von 2014 wieder ausgebrochenen Ost-West-Konflikt weiter zuspitzen. Doch Berlin ist daran selbst nicht ganz unschuldig, hat es doch mit dem deutsch-russischen Pipeline-Projekt immer wieder seine östlichen NATO-Partner, aber auch die Ukraine irritiert. North Stream 2 ist ein Beweggrund für Warschau, sich noch enger an die USA anzulehnen. Dies wird in Kommentaren zum transatlantischen Verhältnis in Polen immer wieder deutlich.

Im Staatsfernsehen TVP, das sich seit Jaroslaw Kaczynskis Machtübernahme im Herbst 2015 fest in der Hand von dessen Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) befindet, hieß es am Samstag, der US-Truppenabzug aus Deutschland sei eine direkte Folge des deutschen Beharrens auf North Stream 2. Begründet wurde der Truppenabzug aus Deutschland auch mit dem Verweis auf die niedrigen deutschen Verteidigungsausgaben unter zwei Prozent des BIP (die gegenwärtig 1,36 Prozent sollen erst 2031 zwei Prozent erreichen und nicht wie von der NATO gewünscht spätestens 2024), die von Trump immer wieder kritisiert wurde.

Bislang kein Protest aus dem Kreml

Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki hatte bereits am Samstag in einem Gespräch mit dem Privatradiosender RMF FM die Hoffnung auf eine Verstärkung der US-Truppenpräsenz in Polen infolge des Abzugs aus Deutschland geäußert. „Ich hoffe, einige der aus Deutschland abgezogenen Truppen werden nach Polen kommen“, sagte er. „Die wahre Gefahr“ liege heute im Osten von Polen, fügte Morawiecki mit Blick auf Russland hinzu. In Polen könnten die US-Truppen die Sicherheit für ganz Europa stärken, warb der Regierungschef. In dem Gespräch bestätige Morawiecki indirekt auch Verhandlungen mit der US-Administration über eine Truppenaufstockung in Polen.

Bisher befinden sich Regierungskreisen knapp 5.000 US-Truppen in Polen. Die meisten von ihnen sind im Westen des Landes entlang der Grenze zu Deutschland stationiert, allerdings gibt es auch rotierende US-Truppenverbände in Elblag und Orzysz, je nur wenige Dutzend Kilometer von der russischen Enklave Kaliningrad (dt. Königsberg) entfernt. Während US-Quellen von maximal tausend US-Truppen sprechen, die aus Deutschland nach Polen verlegt werden könnten, sprach das Staatsfernsehen TVP am Samstagabend „von bis zu 9.000 US-Soldaten“. Diese seien höchst willkommen, berichtete TVP. Die Stationierung „würde Polens Sicherheit weiter stärken“, berichtete der Staatssender.

Allerdings gab es am Wochenende auf dem regierungsnahen Nachrichtenportal wpolityce.pl durchaus auch warnende Stimmen. Ein ausführlicher Kommentar wies auf die „schlecht vorbereitete“ Entscheidung hin, die bereits vom ehemaligen US-Oberbefehlshaber für Europa, Ben Hodges, kritisiert worden sei.

In Polen wiederum ist Präsidentschaftswahlkampf und TVP hatte deshalb dank WSJ und Reuters einen willkommenen Anlass gefunden, auf die angeblich gute persönliche Freundschaft zwischen dem um seine Wiederwahl kämpfenden Andrzej Duda (PiS) und Trump hinzuweisen. In dieser Narration ist es kein Geringerer als Duda, der die zusätzlichen US-Truppen bei seinem letztjährigen Treffen mit Trump in Washington erreicht hat. Die staatliche russische Nachrichtenagentur TASS vermeldete bis Montag Abend auffälligerweise keinen Protest des Kremls über die angeblichen US-Truppen-Verlegungspläne nach Polen.