Nach der Flutkatastrophe im SauertalUnbeschwertes Wandervergnügen nach den Naturgewalten?

Nach der Flutkatastrophe im Sauertal / Unbeschwertes Wandervergnügen nach den Naturgewalten?
Wie auf den Hinweisschildern zu sehen, sind im Müllerthal noch einige Trails gesperrt oder nur über Umleitungen begehbar Foto: Herbert Becker

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Vor rund sechs Wochen hat das Hochwasser in großen Landesteilen des Großherzogtums immense Schäden angerichtet. Neben unzähligen privaten Schicksalen haben die enormen Wassermassen auch etliche touristische Infrastrukturen im Sauertal in Mitleidenschaft gezogen. Unser Korrespondent Herbert Becker hat sich vor Ort in den betroffenen Gemeinden ein Bild von der aktuellen Lage gemacht.

Zum Teil dramatische Szenen haben sich Mitte Juli in zahlreichen Gemeinden entlang der Sauer abgespielt. Mehr als 10 Meter über Normalpegel wurden am ansonsten romantischen und ruhigen Flusslauf gemessen. Menschen flüchteten sich auf die Dächer ihrer überfluteten Häuser, Keller liefen voll, Unzählige verloren binnen weniger Stunden ihr gesamtes Hab und Gut. Anders als im rheinland-pfälzischen Ahrtal waren im Großherzogtum glücklicherweise keine Opfer zu beklagen. Der Gesamtschaden beträgt nach ersten vorsichtigen Schätzungen mehr als 50 Millionen Euro. Da die meisten Hausbesitzer keine Versicherungen gegen solche Naturgewalten abgeschlossen haben, hat die Regierung die bis dato festgestellte Schadenssumme als Soforthilfe bereitgestellt.

Arg in Mitleidenschaft gezogen wurden auch die Auwälder in Ufernähe der Sauer. Das Hochwasser hat stellenweise regelrechte Schneisen in die Natur geschlagen.
Arg in Mitleidenschaft gezogen wurden auch die Auwälder in Ufernähe der Sauer. Das Hochwasser hat stellenweise regelrechte Schneisen in die Natur geschlagen. Foto: Herbert Becker

Betroffen von der Flutkatastrophe, gemessen wurden mehr als 100 Liter Regen auf den Quadratmeter, sind jedoch auch zahlreiche touristische Infrastrukturen wie Campingplätze, Rad- und Wanderwege und Brücken. Auch die Auwälder entlang der Sauer sind größtenteils zerstört, Bäume und Sträucher förmlich dem Erdboden gleichgemacht. Bis auf wenige hundert Meter Strecke, an denen Unterspülungen Schäden angerichtet haben, blieben die Radwege entlang der Nationalstraße 10 jedoch verschont und sind zurzeit auch schon wieder stark frequentiert von zahlreichen Feriengästen.

Besonders getroffen hat es dieses Mal die an der Untersauer gelegenen Gemeinden wie Rosport, Born oder Steinheim, aber auch in Echternach und im Müllerthal sind zahlreiche Schäden zu beklagen.

Müllerthal

Touristisches Ausflugsziel Nr. 1 für unzählige Urlaubsgäste, aber auch Einheimische ist das pittoreske Müllerthal mit seinen bekannten Trails und der üppigen Vegetation. Bei unserer Visite am vergangenen Wochenende sind die Parkplätze im Müllerthal alle besetzt, zahlreiche Gäste aus den Niederlanden,  Belgien und Deutschland sind hier unterwegs und informieren sich bei der lokalen Tourist-Info über die zurzeit begehbaren Wanderrouten.

„Es hat uns dieses Mal nicht so hart getroffen wie 2018“, erklärt uns Marianne Origer vom „Office régional du tourisme“ (ORT) Müllerthal. „Einige Wanderwege sind momentan noch gesperrt bzw. müssen über Umleitungen gegangen werden. Das Gros jedoch ist frei und der Gästestrom hat in den vergangenen Wochen auch wieder zugenommen. Auch der Fahrradtourismus findet keine Einschränkungen vor, lediglich eine kaum erwähnenswerte kleine Strecke bei Echternach wurde unterspült und wird wieder instandgesetzt.“

Erleichtert zeigte sich die Familie Stock-Konnert, die im Müllerthal das Hotel „Le Cigalon“ mit angrenzendem Campingplatz betreibt. Nachdem der Kasselbach 2018 mit reißenden Wassermassen nahezu das komplette Anwesen zerstört hatte, der Wiederaufbau bis zur Neueröffnung dauerte fast zwei Jahre, blieb der Familienbetrieb bei der erneuten Flutwelle verschont.

Born

Am härtesten an der Untersauer getroffen hat es den zur Gemeinde Rosport-Mompach gehörenden 450 Einwohner zählenden Ort Born. Ein Bild der Verwüstung bot in den Tagen der Flutkatastrophe der Campingplatz „Um Salzwaasser“ mit seinen 190 Stellplätzen.

Zahlreiche Wohnmobile wurden Opfer der reißenden Fluten: Sie wurden mitgerissen und zerschellten an Brücken oder am Treibgut. Auf dem Campingplatz türmten sich Metall, Bäume und Geäst. Die zum Zeitpunkt der Flutwelle anwesenden Campinggäste konnten allerdings rechtzeitig evakuiert werden.

Die Sanitärblöcke der Anlage standen bis zur Decke unter Wasser, die komplette Elektrik wurde zerstört. Laut Auskunft von Marianne Origer, beim ORT Müllerthal verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit, wird der Campingplatz dieses Jahr nicht mehr öffnen, sogar eine Wiedereröffnung in der nächsten Saison scheint zum jetzigen Zeitpunkt unwahrscheinlich, zu groß seien die entstandenen Schäden.

Rosport

Nur unwesentlich weniger hart traf es die Gemeinde Rosport. Bürgermeister Romain Osweiler zeigte sich bereits im Tageblatt-Interview vom 15. Juli mehr als betroffen vom katastrophalen Ausmaß der entstandenen Schäden, insbesondere in den Privathaushalten. Auch hier wurde der Campingplatz „Du Barrage“ komplett geflutet, erfahren wir von Gemeindesekretär Claude Osweiler. Und auch der nahegelegene Fußballplatz wies enorme Schäden auf, konnte aber zum Beginn der neuen Saison wieder bespielbar hergestellt werden.

Letztendlich glimpflich kam der von Séverine Mertens geleitete Campingplatz davon. Einige Wohnmobile waren auch hier nicht mehr zu retten, da sie von den Wassermassen mitgerissen wurden, das aber erst kürzlich neu eingeweihte Empfangsgebäude konnte mit Sandsäcken trocken gehalten werden. Rund ein Drittel der 200 vorhandenen Stellplätze ist aber aktuell noch nicht nutzbar, auch das Schwimmbad ist derzeit geschlossen.

Steinheim

Knapp 700 Seelen zählt die auch zu Rosport-Mompach gehörende Gemeinde Steinheim. Hier war der komplette Ort von den Wassermassen eingeschlossen, zahlreiche Bewohner mussten mit Booten evakuiert werden, da sie ihre Häuser nicht mehr betreten konnten. Die Friedhofsmauer hinter der Pfarrkirche St. Mariä Himmelfahrt wurde von der Flut eingedrückt und fiel in sich zusammen. Am Flussufer, gleich hinter dem Friedhof, türmen sich noch immer enorme Mengen an Treibgut. Ein einsamer, nahezu traurig aufs Wasser blickende Teddybär hat sich hier verfangen, der von seinem jungen Besitzer sicherlich schmerzlich vermisst wird. Hier haben die Gemeindemitarbeiter noch eine Menge an Aufräumarbeiten zu verrichten.

Moersdorf

Auch in der Nachbargemeinde Moersdorf wütete die braune Wasserflut in nicht unerheblichem Maße. Zahlreiche Gebäude in Ufernähe waren betroffen. Wie in Rosport und Echternach registrierten die Gemeindevertreter auch hier erhebliche Schäden in sechsstelliger Höhe an der Kläranlage. Die vor zwei Jahren erst eingeweihte neue Radfahrer- und Fußgängerbrücke zwischen Moersdorf und Mesenich (D), die von vielen Wanderern und Radtouristen genutzt wird, wurde kurzfristig gesperrt. Experten untersuchten die Konstruktion, da zahlreiche Wohnmobile, Wohnwagen und schweres Treibgut gegen die Brücke geprallt waren. Sie konnten die Statik aber letztendlich gewährleisten und der Übergang ist wieder passierbar.