Der nächste Schlag des Putin-Regimes / Unabhängiger russischer Internet-TV-Sender „Doschd“ zum „ausländischen Agenten“ erklärt
Seit Jahren trotzt der unabhängige russische Internet-TV-Sender „Doschd“ dem Druck des Kremls. Nun haben Russlands Behörden den Kanal zum „ausländischen Agenten“ erklärt. Ohne jegliche Erklärung.
Tichon Dsjadko klingt, als müsste er sich selbst Mut zureden. „Wir sind ein Fernsehsender, wir werden unsere Arbeit weitermachen wie bisher“, sagt der Chefredakteur des russischen Internetsenders „Doschd“ (Regen). Wie bisher ist in diesen Tagen allerdings wenig in den Redaktionsräumen in einer ehemaligen Kristallfabrik im Moskauer Norden los. „Ausländischer Agent“ ist „Doschd“ nun. Offiziell gebrandmarkt vom Staat. Ohne jegliche Erklärung. Auch ohne Ermittlungsverfahren, ohne Klage, ohne Prozess. Einfach abgestempelt, weil der Sender den Machthabern oft genug auf die Füße getreten ist. „Journalismus ist kein Verbrechen“, schreiben einige Journalisten auf ihre Plakate und stellen sich am Tag nach der Entscheidung des Ministeriums, die die liberal Gesinnten in Russland entsetzt, vor die Geheimdienstzentrale mitten in Moskau. Polizisten führen die Protestierenden ab.
Die Behörde trägt seit Monaten Medien, Aktivisten und Journalisten in die Liste ein, mittlerweile sind es mehr als 40. Es ist ein Stigma, das an die dunklen Kapitel des Landes erinnert. Für Russlands unabhängige Presse, aber auch für die Konsumenten werden die Freiräume immer enger. „Es gibt in Russland zwei Realitäten, die parallel existieren: das wahre Leben und die Agenda des Kremls. Diese Realitäten klaffen weit auseinander, das merken immer mehr Menschen hier. Und so will der Kreml das wahre Leben ausschalten, damit nur noch die eigene Agenda bleibt“, sagt der „Doschd“-Moderator Michail Fischman.
Keine Schönfärberei
„Doschd“ zeigte immer wieder das „Leben“: Proteste gegen die Regierung, Prozesse gegen Kreml-Kritiker, die willkürliche Jagd des Regimes auf Andersdenkende. Keine Schönfärberei, wie das Staatsfernsehen es Tag um Tag zu tun pflegt. Ein Störsender in knalligem Pink. Die Gründer hatten ihr Projekt vor elf Jahren „optimistischer Sender“ genannt. Optimistisches aber berichten die „Doschd“-Journalisten kaum, denn das bietet die politische Lage im Land nicht.
Zum „ausländischen Agenten“ erklärt Russland laut Gesetz all jene, die politisch aktiv sind und aus dem Ausland finanziert werden. Was „Doschd“ in den Augen der Behörden zum politischen Aktivisten macht und warum der in Russland registrierte und von Russen getragene Sender als „ausländisch finanziert“ gesehen wird, wissen die „Doschd“-Macher nicht. Sie wissen nur, dass sie nun gezwungen sind, jede ihrer Meldungen mit einem ellenlangen Hinweis auf ihre „Agententätigkeit“ hinzuweisen und den Behörden eine genaueste Aufstellung ihrer Ausgaben zukommen zu lassen. Journalisten, die das Label tragen müssen, selbst wenn sie nicht mehr als solche arbeiten sollten, müssen selbst jeden Teebeutel aufschreiben, den sie kaufen. Auf der Seite des Justizministeriums kann jeder solche Rechenschaftsberichte einsehen. Bei Fehlern drohen erst Geld-, später auch Haftstrafen.
Etwa wegen EU-Geldern?
Dass die Bezeichnung mehr als nur Papierkram bedeutet, zeigt die Erfahrung, die das Internetmedium „Meduza“ machen musste, im Mai ebenfalls zum „ausländischen Agenten“ erklärt. Die Werbekunden sprangen gänzlich ab, denn auch sie hätten den „Agenten“-Hinweis bringen müssen. „Meduza“ hat Gehälter gekürzt, Mitarbeiter verloren, sah sich in der Existenz bedroht. Seitdem hält sich das Internetprojekt über Spenden der Leser. Wie lange, wissen die Macher nicht.
Auch „Doschd“ trotzte lange dem Druck des Kremls. Einst wurden die „Regentropfen“, wie sich die Journalisten selbst bezeichnen, vom Kabelnetz genommen, verloren Redaktionsräume wie Kollegen. Sie gingen schließlich in der Wohnung ihrer Gründerin auf Sendung. Heute finanziert sich der Sender durch Bezahlabos, Spenden, Werbeeinnahmen und Projekt-Gelder der EU. Vielleicht sind es gerade diese Gelder, durch die der Sender auf die „Agentenliste“ geriet. Das weiß niemand genau. Wie auch niemand weiß, wen der Staat zum nächsten „Agenten“ macht.
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Dat stemmt net !!
Maria Vladimirovna Zakharova huet positioun zu dem Thema geholl, an och ganz genau erkläert wisou se op der Lescht sinn. Ausserdem, wou ass de Problem? D’Amerikaner hunn dat selwecht Gesetz säit 1938, an do kréit keen Hong dono.
„foreign agents registration act 22 U.S.C. art 611“
Just dass bei deenen gudden AMIS natierlech Persounen a legal Entitéite gelëscht sinn.