TunesienNajla Bouden Romdhane wird die erste Regierungschefin ihres Landes

Tunesien / Najla Bouden Romdhane wird die erste Regierungschefin ihres Landes
Die Geologin Najla Bouden Romdhane soll eine neue Regierung in Tunesien bilden Foto: AFP/Tunisian Presidency

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In Tunesien hat Präsident Kais Saied zwei Monate nach der Entmachtung der Regierung die kaum bekannte Universitäts-Mitarbeiterin Najla Bouden Romdhane zur Regierungschefin ernannt.

In einer Video-Botschaft hatte Saied am Mittwoch erklärt, er wolle mit seiner Wahl die Frauen in Tunesien ehren. Er habe Romdhane aufgefordert, in den kommenden Stunden oder Tagen ein Kabinett vorzuschlagen, denn es sei bereits viel Zeit verloren worden. Die neue Regierung solle Reformen etwa im Gesundheits-, Bildungs- und Transportsektor anstoßen. Die Geologin Romdhane war im Bildungsministerium zuständig für die Umsetzung von Projekten der Weltbank. Sie wäre die erste Frau an der Spitze einer Regierung in Tunesien. Der Staatschef bezeichnete die Nominierung Boudens als „Ehre für Tunesien und Anerkennung für die tunesischen Frauen“. Obwohl Saied wiederholt betonte, wie „historisch“ die Ernennung einer Frau sei, kam in dem Video nur er zu Wort.

Erst am Sonntag hatten Tausende Menschen in Tunis gegen Saied protestiert, der 2019 zum Präsidenten gewählt worden war. Sie warfen ihm vor, mit der Ausweitung seiner Machtbefugnisse einen Staatsstreich angezettelt zu haben. Saied hatte im Juli Regierung und Parlament entmachtet. Vergangene Woche hebelte er darüber hinaus Teile der Verfassung aus und verschaffte sich so die Macht, per Dekret zu regieren. Er verteidigte sein Vorgehen als notwendig, um den politischen und wirtschaftlichen Stillstand in Tunesien zu überwinden und die Corona-Pandemie in den Griff zu bekommen. Seine Gegner fürchten dagegen um die demokratischen Errungenschaften, die sie mit der Revolution von 2011 erlangten.

Auf Hilfe angewiesen

Dass Saied gestern mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel telefonierte, wird auch darauf zurückgeführt, dass Tunesien dringend auf internationale finanzielle Hilfe angewiesen ist. Deutschland und die EU gehören zu den Hauptunterstützern des nordafrikanischen Landes. Die internationale Reaktion auf die innenpolitische Entwicklung ist deshalb für Tunesien mit Blick auf finanzielle Hilfe westlicher Länder wichtig.

Tunesien sieht sich mit einer Krise der öffentlichen Finanzen konfrontiert, nachdem die jahrelange wirtschaftliche Stagnation durch die Corona-Pandemie und politische Querelen noch verschärft wurde. „Der Schlüssel ist die Möglichkeit der Unterstützung durch den Internationalen Währungsfonds“, sagte Viktor Szabo, Portfoliomanager für Schwellenländer bei ABRDN in London. (Reuters/AFP)