Spanien will in die EZB-Spitze

Spanien will in die EZB-Spitze
Luis de Guindos braucht die Unterstützung von mindestens 14 Ländern, die 65 Prozent der EU-Gesamtbevölkerung ausmachen

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Spaniens Wirtschaftsminister De Guindos soll neuer Vizepräsident der Europäischen Zentralbank werden. Madrid hat seine Kandidatur offiziell angemeldet. Er gilt als einer der Architekten des spanischen Wirtschaftsaufschwungs.

Von unserem Korrespondenten Heinz Krieger

Luis de Guindos rechnet sich gute Chancen aus, ab dem 1. Juni an der Seite von Mario Draghi die Geschicke der Europäischen Zentralbank (EZB) zu leiten. Der Posten wird frei, weil der Portugiese Vitor Constâncio am 31. Mai seine achtjährige Amtszeit beendet. Einziger Gegenkandidat ist der Gouverneur der irischen Zentralbank, Philip Lane.

Die spanische Regierung hatte bis kurz von Anmeldeschluss für die Kandidatur am Mittwoch um 17.00 Uhr mit der Bekanntgabe gewartet. Auf die Frage, warum man so lange gezögert hatte, gab Wirtschaftsminister De Guindos vor den Medien nur eine ausweichende Antwort. Das passt nicht zu ihm, denn der seit 2011 amtierende Minister gilt als Mann des offenen Wortes. Und so zögerte er auch nicht, seine Chancen für die Wahl auf den Posten als gut zu bezeichnen. Im Finanzministerrat Ecofin müssten ihm 14 Länder zustimmen, die 65 Prozent der EU-Gesamtbevölkerung ausmachen. Entsprechende Zusagen scheint man in Madrid zu haben. Wenn er nach der nicht bindenden Abstimmung im Europaparlament von den EU-Regierungschefs auf ihrer Sitzung am 22. und 23. März gewählt werde, würde er sein Amt als Wirtschaftsminister sofort räumen, sagte De Guindos.

Dann hat er eine positive Bilanz vorzuweisen. Als er Ende 2011 ins Amt kam, lag Spaniens Wirtschaft am Boden, die Staatsfinanzen waren zerrüttet. Er musste einen Rettungsschirm der EU für die spanischen Banken beantragen, um nicht das gesamte Land unter den europäischen Rettungsschirm mit harten Auflagen wie bei Griechenland zu führen. Inzwischen wächst die Wirtschaft wieder, stärker als in anderen EU-Ländern: vier Jahre hintereinander mit jeweils mehr als drei Prozent.

Solide Finanzpolitik und hohe Qualitäten

Die Abhängigkeit vom Bauwesen wurde beseitigt. „Heute ist der Export das Zugpferd“, sagte De Guindos. Er verwies als Ausweis für das hervorragende Ansehen Spaniens an den internationalen Finanzmärkten darauf, dass am Mittwoch, dem Tag seiner Nominierung, der Risikoaufschlag für Staatsanleihen bei nur noch 66 Punkten liege. Als er Minister wurde, waren das 600 Punkte. Für zehnjährige Anleihen mussten 1,4 Prozent bezahlt werden.
De Guindos wird überall gelobt, außer von der Opposition im Parlament, die Kritik an der Regierung als Pflicht sieht. Seinen Ritterschlag bekam Luis de Guindos vom damaligen deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble, als er sich vor zwei Jahren vergeblich um das Amt des Eurogruppen-Chefs bemühte.

Die „solide Finanzpolitik“ und die Reformen des spanischen Wirtschaftsministers hätten dazu geführt, dass Spanien „großes Vertrauen unter allen Mitgliedern der Eurogruppe“ genieße, sagte Schäuble damals. Und am Mittwoch lobte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici De Guindos als „Mann mit hohen Qualitäten“, mit dem man hervorragend zusammenarbeiten könne.

Der 58-jährige De Guindos hat Erfahrung außerhalb der Politik. Er arbeitete von 2004 bis 2008 als Investmentbanker bei Lehman Brothers, war Chef für Spanien und Portugal.
Nach dem Zusammenbruch der Bank arbeitete er bei PricewaterhouseCoopers und dem Energiemulti Endesa und ging 2010 zum Instituto de Empresa, einer privaten Wirtschaftsschule, besser bekannt als IE Business School, in Madrid. Mit De Guindos als EZB-Vizepräsident wäre die zweite Spitze der Zentralbank mit einem ehemaligen Investmentbanker besetzt: EZB-Chef Mario Draghi war einst in Diensten von Goldman Sachs.