Spanien kämpft gegen Piraten

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Von unserem Korrespondenten Heinz Krieger

Bei der europäischen Operation Atalanta zum Schutz der Schifffahrt vor Piraten an der Küste Somalias ist Spanien von Anfang an dabei. Jetzt beansprucht es die Kommandozentrale. Denn nach dem Brexit 2019 müssen die Briten die hergeben.

Schnelle Schlauchboote mit bis an die Zähne bewaffneten Marineinfanteristen an Bord rasen über die See zu einem Schiff und lassen ihre Maschinengewehre in langen Salven dröhnen. Hubschrauber kreisen über dem Kampfplatz. Der Auftrag ist klar: Ein Schiff soll aus den Händen von Piraten befreit werden. Der Stolz der spanischen Marine, Flugzeugträger Juan Carlos I., war im Einsatz und auch die Fregatte Reina Sofia. Das königliche Familientreffen zur See fand laut Manöverlage vor der Küste von Celego statt, einem fiktiven Land, das auf den für die Zuschauer aufgestellten Schautafeln mit Landkarten allerdings verdächtig nach Somalia aussah.

Spanien wirbt um Kommando

Wer militärische Spektakel liebt, der kam in dieser Woche vor dem Marinestützpunkt Rota in Südspanien auf seine Kosten. Denn der „Kampf“ war ein Manöver zur See, das Schlagkraft und Koordination beweisen sollte. Das ist gelungen. Spaniens Verteidigungsministerin Maria Dolores De Cospedal stellte sichtlich zufrieden vor den Beobachtern von der EU und der NATO fest: „Ich denke, dass Spanien ein ausgezeichneter Kandidat ist, um künftig das Oberkommando der Operation Atalanta zu übernehmen.“ Ihr sei „wichtig, darauf hinzuweisen, dass dieses Angebot, das Atalanta-Kommando im Marinestützpunkt Rota anzusiedeln, Hand in Hand geht mit der Einrichtung des Zentrums für maritime Sicherheit am Horn von Afrika in der französischen Bretagne, genauer gesagt in Brest“, fügte Cospedal hinzu. Sie sprach auf Englisch, um Zwischentöne nicht durch Übersetzung verloren gehen zu lassen.

Damit war, auch ohne Zwischentöne, klar, dass Frankreich und Spanien an einem Strang ziehen, um wichtige militärische Kommandozentralen der Europäischen Union zu übernehmen, die nach dem Brexit – vorgesehen am 29. März 2019 – von den Briten zurückgegeben werden müssen. Bisher liegen die Befehlsstellen in Northwood im Großraum London.

Doppelbrief an Mogherini

Das Tauziehen um das Brexit-Erbe findet nicht nur in Rota unter der andalusischen Sonne statt. Schon am 28. März haben Verteidigungsministerin De Cospedal und ihre französische Kollegin Florence Parly gemeinsam an die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini geschrieben, mit den Briefköpfen beider Ministerien in Paris und Madrid. In dem an die „liebe Hohe Repräsentantin“ gerichteten Schreiben betonen die Ministerinnen, dass sich ihre beiden Länder 2008 stark gemacht haben für das Projekt EU NAVFOR Atalanta. So heißt die europäische See-Einsatzgruppe im Amts-Englisch. Eng verbunden mit den Atalanta-Einsätzen vor der Küste Ostafrikas auf Höhe Somalias seien die am Horn von Afrika mit dem Zugang zum Roten Meer und dem Suezkanal. Deshalb solle dessen Kommandozentrum MSCHOA nach Frankreich verlegt werden. Die enge Abstimmung zwischen Paris und Madrid spreche dafür, legen Parly und De Cospedal in ihrem Brief nahe.

Mogherini, die im Mai auf einer EU-Fachsitzung einen Vorschlag machen soll, hat als Italienerin allerdings ein Problem. Denn auch Italien will die bisherigen Briten-Kommandos gerne für sich haben.

Von Anfang an dabei

Spanien führt seinen bisherigen Einsatz bei Atalanta als Argument für einen Zuschlag des Kommando-Sitzes für Rota an. Spanien ist das einzige europäische Land, das ununterbrochen und bei allen Einsätzen gegen die Piraterie vor Somalia Schiffe und Flugzeuge entsandt hat. Andere EU-Länder waren nur sporadisch dabei. 33 Kriegsschiffe der spanischen Flotte seien in den zehn Jahren im Einsatz gewesen. In Dschibuti seien zudem Flugzeuge der spanischen Luftwaffe für den Einsatz über dem Indischen Ozean stationiert worden.


Rota und Moron

Rota ist schon jetzt nicht nur Stützpunkt für spanische Kriegsschiffe. Der Militärhafen ist auch eine Basis der US-Flotte. So sind dort vier amerikanische Raketenkreuzer stationiert. Und in Morón, einem Luftwaffenstützpunkt bei Sevilla, sind Einheiten der US-Marines stationiert, die in Nordafrika eingreifen sollen – wenn der Befehl vom Afrika-Kommando der US-Streitkräfte kommt. Dann klingelt das Telefon und es heißt: „Stuttgart calling.“ Denn der Sitz von Africom ist in den Kelley-Barracks in Stuttgart-Möhringen.