Beutekunst?Serbisch-bosnisches Geschenk für Russlands Außenminister empört Kiew

Beutekunst? / Serbisch-bosnisches Geschenk für Russlands Außenminister empört Kiew
Vergangene Woche traf der russische Außenminister Sergej Lawrow (l.) den bosnischen Serbenführer Milorad Dodik Foto: Elvis Barukcic/AFP

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Eine Russlands Außenminister Sergej Lawrow als Staatsgeschenk überreichte Ikone sorgt im Vielvölkerstaat Bosnien-Herzegowina für diplomatischen Wirbel. Die Ukraine argwöhnt, dass der bosnische Serbenführer Milorad Dodik dem Gast aus Moskau Beutekunst aus Lugansk als Morgengabe vermacht hat.

Der Beschenkte hat von dem Staatsgeschenk des Anstoßes längst genug. Die Ikone, die Russlands Außenminister Sergej Lawrow vergangene Woche bei seiner Bosnien-Visite erhielt, werde den Gebern zurückgegeben „für die weitere Klärung ihrer Geschichte durch Interpol“, teilte das Außenministerium in Moskau am Wochenende lapidar mit.

Die handtellergroße Ikone, die Bosniens serbisches Staatspräsidiumsmitglied Milorad Dodik Mitte Dezember dem russischen Chefdiplomaten überreichte, hat sich indes vor allem für den Geber als heiße Kartoffel entpuppt: Es mehrt sich der Verdacht, dass es sich bei seinem Geschenk möglicherweise um von bosnisch-serbischen Söldern geraubte Beutekunst aus der seit 2014 von russischen Separatisten kontrollierten Ost-Ukraine handelt.

Als „Zeichen der serbischen-russischen Freundschaft“ hatte Bosniens russophiler Serbenführer dem Chefdiplomaten bei einem Empfang in Ost-Sarajevo stolz das Kleinod vermacht. Die Ikone sei vor 300 Jahren entstanden und in „Lugansk gefunden“ worden, lautete die karge Presseinformation über das verschenkte Kulturgut. Doch das kleinformatige Staatsgeschenk hat dem Vielvölkerstaat großen Ärger und diplomatische Verwicklungen beschert. Die Botschaft der Ukraine und auch das Außenministerium in Kiew fordern detaillierte Informationen über die Herkunft des „ukrainischen Kulturguts“.

Mutmaßungen über Herkunft der Ikone

„Woher hat Dodik die gestohlene Ikone?“, fragt sich in Sarajevo nicht nur das Webportal „Balkans Aljazeera“. Falls sich der Verdacht bestätige, dass die Ikone in der Ukraine geraubt und nach Bosnien gebracht worden sei, müsse „jemand ins Gefängnis“, fordert Zeljko Komsic, Dodiks kroatischer Amtskollege im dreiköpfigen Staatspräsidium. Von einem „enormen Schaden“ für Bosnien und Herzegowina spricht Außenministerin Bisera Turkovic: Bosniens Staatsanwaltschaft müsse feststellen, wie der amtierende Vorsitzende des Staatspräsidiums an die Ikone gelangt sei.

Zu deren Herkunft schweigt sich der sonst so wortgewaltige Dodik weiter hartnäckig aus. Laut dem Webportal tacno.net könnte das sowjetische Siegel auf der Rückseite der Ikone auch ein Hinweis sein, dass es sich bei dieser nicht um Beutekunst aus dem jüngsten Ukraine-Krieg, sondern aus dem Zweiten Weltkrieg handle. Möglicherweise zähle die Ikone zu den Tausenden von Kunstwerken, die auf Geheiß von Hermann Göring vor dem Rückzug der Wehrmacht aus der Ukraine 1943 geraubt worden seien: „Wenn es sich bestätigen sollte, dass es sich um Beutekunst aus dem Zweiten Weltkrieg handelt, wäre das ein Hinweis, dass bis heute auf den Schwarzmärkten des Balkan mit der Nazi-Beute gehandelt wird. Und dass ranghohe Balkan-Politiker Zugang zu diesen geheimen Sammlungen und kriminellen Märkten haben.“