ÖsterreichSechs Millionen Euro: SPÖ verweigerte 2017 Kauf des Ibiza-Videos

Österreich / Sechs Millionen Euro: SPÖ verweigerte 2017 Kauf des Ibiza-Videos
Der FPÖ geht es schlecht, ihr geschasster Ex-Chef Strache liegt am Boden – mit dem Ibiza-Video ging alles los, auch die ÖVP ist in Erklärungsnöten, die SPÖ könnte es bald auch sein   Foto: AFP/Alex Hadala

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Die ÖVP-FPÖ-Koalition wäre gar nicht zustande gekommen oder gleich nach dem Start 2018 geplatzt, hätte die SPÖ das ihr für sechs Millionen Euro angebotene Ibiza-Video gekauft.

Im Ibiza-Untersuchungsausschuss des Nationalrates geht es um zwei Themenfelder: Auf dem einen wird beleuchtet, ob die von Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache in dem vor mehr als drei Jahren auf Ibiza mit einer vermeintlichen russischen Oligarchen-Nichte vor versteckten Kameras geäußerten Korruptionsfantasien im Alltag der Anfang 2018 gestarteten türkis-blauen Koalition einen Niederschlag fanden. Zum anderen soll der Ausschuss das Zustandekommen des heimlich aufgenommenen Videos unter die Lupe nehmen.

Beim ersten Themenkreis gerät die ÖVP zunehmend unter Druck, was wohl auch damit zu tun hat, dass die ruinierte FPÖ nicht mehr so interessant ist wie die Kanzlerpartei. Soeben neu aufgetauchte Chatprotokolle legen nahe, dass ÖVP-Chef Sebastian Kurz in den Postenschacher rund um die Regierungsbildung viel aktiver eingebunden war, als er vor der Sommerpause im Ausschuss ausgesagt hatte.

Ein Schelm, wer angesichts der neuesten Enthüllung Parteipolitisches denkt: Denn sie rückt plötzlich die SPÖ ins Zentrum. Der österreichischen Zeitung Presse wurden Protokolle einer Einvernahme des früheren SPÖ-Bundesgeschäftsführers Thomas Drozda zugespielt. Demnach soll der heutige Nationalratsabgeordnete vorige Woche ausgesagt haben, schon Ende 2017 vom Ibiza-Video gewusst zu haben. Der bekannte Wiener Anwalt M., der als Drahtzieher der Videofalle gilt, soll es ihm für sechs Millionen Euro angeboten haben.

ÖVP will SPÖ in Polit-Sumpf ziehen

Zwei Monate nach der Wahl hätte das Video freilich für die schwer angeschlagene SPÖ keinen Wert mehr gehabt, schon gar nicht diesen exorbitant hohen. Drozda soll schriftlich abgelehnt haben. Der Anwalt, der sein Werk zuvor schon den Neos vergeblich angeboten hatte, versuchte auch bei anderen SPÖ-Politikern sein Glück. Er warb offenbar ziemlich offensiv: Selbst in der zweiten Reihe der SPÖ sprach sich die Existenz des kompromittierenden Dokumentes herum. Es sollen sogar schon Wetten darauf abgeschlossen worden sein, wann die Kurz-Regierung in die Luft fliegt.

Drozda wird am 25. November vor dem Ibiza-Ausschuss aussagen. Schon jetzt ist klar, in welche Richtung die ÖVP die Befragung treiben wird: Die SPÖ soll der Mitwisserschaft beschuldigt und verdächtigt werden, dass sie das Video hätte kaufen wollen. Das ÖVP-Ausschussmitglied Klaus Fürlinger ortet bereits „immer mehr personelle Verflechtungen zwischen SPÖ und dem Anwalt M.“.

Ob das Ablenkmanöver gelingt, wird auch von der Frage abhängen, ob die SPÖ das Video aus grundsätzlichen Erwägungen oder nur deshalb nicht kaufte, weil es ihr zu teuer war.