SommersaisonSchleimige Plage: Die Meerwalnuss bedroht Kroatiens Fischbestand – und den Tourismus

Sommersaison / Schleimige Plage: Die Meerwalnuss bedroht Kroatiens Fischbestand – und den Tourismus
Die Miniaturqualle könnte zu einer Bedrohung für den Tourismus in der Mittelmeer-Region werden  Symbolbild: Grgo Jelavic/Pixsell via XinHua/dpa

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Mit Bangen blicken Kroatiens Adria-Gastronomen der zweiten Corona-Saison entgegen. Denn Meeresbiologen rechnen für den Sommer schon jetzt mit einer starken Zunahme eher unerwünschter Küstengäste. Die Meerwalnuss gefährdet den Fischbestand – und droht das Baden zum glitschigen Vergnügen zu machen.

Sie ist klein, durchsichtig und zart – und wird von Fischern und Gastronomen dennoch gleichermaßen gefürchtet. Seit die ursprünglich an der Atlantik-Küste Nord- und Südamerikas beheimatete „Meerwalnuss“ vermutlich am Rumpf oder im Balastwasser von Frachtschiffen in den 80er-Jahren ins Schwarzmeer gelangte, ist die gefräßige Rippenqualle auch wegen des Klimawandels und fehlender natürlicher Feinde in Europas Meeren auf dem Vormarsch: Selbst in der relativ kalten Ostsee wurde die nur wenige Zentimeter große Miniqualle in den letzten Jahren vermehrt gesichtet.

Mit Bangen blicken Kroatiens Adria-Gastronomen nach Einbußen von rund 50 Prozent im Vorjahr ihrer zweiten Corona-Saison entgegen. Zur Sorge um das Fernbleiben der Besucher gesellt sich nun auch noch die Furcht vor einer starken Zunahme der ebenso glitschigen wie unerwünschten Küstengäste. „Die gefährlichen Rippenquallen bedrohen den Fischbestand und den Tourismus in der Nördlichen Adria!“, titelt aufgeregt die Zeitung Novi List in Rijeka.

Tatsächlich sind die gefräßigen Meerwalnüsse wegen ihres enormen Bedarfs an Plankton, Krebstierchen und Larven vor allem für kleinere Adriafische wie Sardinen oder Sardellen ein Nahrungskonkurrent: Im Schwarzen Meer sorgten die Meerwalnüsse selbst für Ertragseinbrüche von bis zu 90 Prozent bei der Sardellenfischerei.

Badende haben im Gegensatz zu unfreiwilligen Begegnungen mit größeren Quallen bei der Berührung der an sich harmlosen Meerwalnüsse zwar keine schmerzhaften Ausschläge oder Verbrennungen zu fürchten. Doch die zur warmen Jahreszeit täglich bis zu 10.000 Eier legenden Miniquallen vermehren sich rasend schnell. Nicht nur das lappenartige Meerestreibgut selbst, sondern vor allem die von den Meerwalnüssen produzierten Eier und Schleimmassen machen das Wasser dickflüssig: Wenn Schwimmen im Meer zum glibbrigen Schleimbad wird, reagieren auch hartgesottene Badegäste angeekelt und abgeschreckt.

In der Adria wurden die Meerwalnüsse zum ersten Mal 2016 gesichtet. Seitdem hat sich ihr alljährliches Auftreten zwischen Mai und November stark vermehrt. Wenn es am Ende des Frühjahrs oder Anfang Sommer zur spürbaren Erwärmung des Meeres komme, sei mit dem „massenhaften Auftreten der Quallen an der Westküste Istriens“ zu rechnen, warnt der Meeresbiologe Paolo Paliaga von der Universität Pula gegenüber der kroatischen Nachrichtenagentur HINA. Es sei „außerordentlich wichtig“, die Entwicklung und die Auswirkung der „Qualleninvasion“ zu verfolgen: „Die nördliche Adria ist die produktivste Region des Mittelmeers, was den Fischbestand angeht – und eine wichtige Wirtschaftsressource für Kroatien, Italien und Slowenien.“

Tatsächlich sind es nicht nur die warmen Temperaturen, sondern auch die begrenzte Zirkulation der Meeresgewässer, die im nördlichen Zipfel der Adria die Ausbreitung der Meerwalnüsse begünstigen. Touristen, die tagsüber das gemeinsame Bad mit den schleimigen Meeresbewohnern lieber vermeiden, können sich abends immerhin an deren farbenfrohem Naturschauspiel erfreuen: Im Dunkeln erzeugen die Meerwalnüsse ein blaugrün schimmerndes Licht.