MontenegroPräsident Djukanovic droht Abwahl in Stichwahl

Montenegro / Präsident Djukanovic droht Abwahl in Stichwahl
Jakov Milatovic könnte bei der Stichwahl am 2. April in Montenegro den langjährigen Präsidenten Milo Djukanovic ablösen Foto: AFP/Savo Prelevic

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Gewonnen – und doch verloren: Montenegros Dauerregent Milo Djukanovic hat die erste Runde der Präsidentschaftskür zwar wie erwartet für sich entschieden, aber muss in der Stichwahl die Abwahl fürchten. Denn sein Herausforderer Jakov Milatovic kann auf die Stimmen der ausgeschiedenen Konkurrenz zählen.

Ausgelassene Sieger sehen anders aus. Mit süßsäuerlichem Lächeln dozierte Dauerregent Milo Djukanovic nach der ersten Runde von Montenegros Präsidentschaftskür langatmig über bisher ungenutzte Stimmenpotenziale, die er bis zur Stichwahl am 2. April erschließen werde: „Es gibt keinen Gegenkandidaten, den ich mir gewünscht habe. Jeder ist schwächer als ich. Ich bin bereit, zu gewinnen – gegen wen auch immer.“

Doch obwohl der Amtsinhaber im siebenköpfigen Kandidatenfeld mit 35,2 Prozent der Stimmen im ersten Wahlgang wie erwartet vorne lag, muss das 61-jährige Politfossil im Duell gegen seinen 37-jährigen Rivalen Jakov Milatovic (29,2 Prozent) die Abwahl fürchten. Der Grund: Der frühere Wirtschaftsminister und Kandidat der Bewegung „Europa Jetzt“ (ES) kann auf den Löwenanteil der Stimmen der vorzeitig gestrauchelten Kandidaten zählen.

Er werde Djukanovic am 2. April „in die Rente schicken“, feierte der freudestrahlende Herausforderer unter dem Jubel seiner Anhänger den Einzug in die Stichwahl: „Dies ist ein Sieg all derjenigen, die die Fackel der Freiheit 30 Jahre lang getragen haben.“ „Djukanovic rennt eine Ehrenrunde“, kommentierte die Zeitung Vijesti in Podgorica zu Wochenbeginn spöttisch den Pyrrhussieg des Mannes, der seit über drei Jahrzehnten im Land der Schwarzen Berge die Karten austeilt.

Tatsächlich macht „Zar Milo“ nicht nur sein gegenüber den Wahlen 2018 um über ein Drittel geschrumpfter Stimmenanteil zu schaffen. Weil sich die proeuropäischen Reformkräfte nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten hatten einigen können, hatte der angeschlagene Platzhirsch insgeheim auf das von Analysten erwartete Stichwahlduell mit dem serbischen Nationalisten Andrija Mandic (DF) gehofft: Gegen den prorussischen Mann Belgrads hätte Djukanovic trotz bröckelnden Ratings eine realistische Siegeschance gehabt.

Stimmaufruf für Milatovic

Doch der Souverän machte dem gewieften Ränkeschmied an den Urnen einen Strich durch die Rechnung. Einerseits schnitt Mandic mit 19,2 Prozent der Stimmen schlechter ab als erwartet. Andererseits nahm der ebenfalls proeuropäische Aleksa Becic (10,9 Prozent) dem ES-Hoffnungsträger Milatovic weniger Stimmen ab, als von Djukanovic erhofft.

Auch mit der von ihm kurz vor den Präsidentschaftswahlen verfügten Auflösung des Parlaments und der Ausschreibung vorzeitiger Neuwahlen am 11. Juni dürfte Strippenzieher Djukanovic die Front seiner Gegner kaum aufbrechen können. Sowohl der drittplatzierte Mandic als auch der viertplatzierte Becic haben ihre Anhänger bereits dazu aufgerufen, in der Stichwahl für Milatovic zu stimmen.

Nachdem bereits die von Djukanovic geführte DPS bei der Parlamentswahl 2020 erstmals auf die Oppositionsbänke verbannt wurde, droht nun auch ihrem Vormann das Abstellgleis. Montenegro steht eine Zeitenwende, Djukanovic ungemütliche Zeiten bevor: Verliert der geschäftstüchtige „Pate“ seine Immunität, dürften ihm neue Justizermittlungen wegen Machtmissbrauch und Korruption drohen.