Plakativ gegen Deutschland

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Von unserem Korrespondenten Jens Mattern

In Polen stellt eine staatliche Behörde Bilder aus, bei denen Nazi-Symbole mit Logos deutscher Konzerne wie Mercedes verbunden werden. Hinter den Werken steht der Grafiker Wojciech Korkuc, ein Liebling der Rechten.

Das Hakenkreuz, das Volkswagen- und das Mercedes-Logo stehen in gleicher Größe untereinander, dazu steht auf dem Plakat „Made in Germany“. Eine Ausstellung des kontroversen Grafikers Wojciech Korkuc im ostpolnischen Lublin macht derzeit in Polen Schlagzeilen. Denn der Aussteller ist das Institut für Nationales Gedenken (IPN), eine Behörde mit staatsanwaltlicher Funktion, die Verbrechen gegen das polnische Volk nationalsozialistischer und kommunistischer Herkunft ahndet.

Korkuc ist hingegen ein Liebling der Rechten, der in der aktuellen Vergangenheitsdebatte viele kontroverse Plakate geschaffen hat. So montierte er den Spruch „Reparationen machen frei“ auf das Tor des Konzentrationslagers Auschwitz anstelle von „Arbeit macht frei“, was im vergangenen Sommer einen Skandal auslöste. Er habe nur eine Aufforderung an die Mörder richten wollen, verteidigte er sein Werk. Er hat auch Plakate geschaffen, die deutsche Verbrechen auflisten mit der Unterzeile „Deutschland hat dafür zu zahlen“.

„Die Plakate sind nicht fremdenfeindlich“

Polen fordert aktuell von Deutschland Reparationen für Schäden des Zweiten Weltkriegs. Auch ist seit März ein Gesetz in Kraft, das Personen mit Haft bestraft, welche Polen eine Mitschuld an Naziverbrechen zuschreibt. Dazu gehört der missverständliche Ausdruck „polnische Todeslager“, der immer wieder in ausländischen Medienberichten vorkommt und in Polen heftige Reaktionen auslöst. Auch hierzu entwarf der Grafiker mehrere Plakate, die Deutschland die Schuld zuwiesen und das Auschwitz-Tor mit Schwarz-Rot-Gold unterlegten.

Korkuc richtet sich in einigen seiner Werke, für die er oft mit großer Typografie arbeitet, auch gegen Russland und die Ukraine. „Die Plakate sind ausdrucksstark, jedoch nicht fremdenfeindlich“, so ein Sprecher des IPN auf Anfragen polnischer Medien. Viele Besucher hätten zudem sehr positiv auf die Bilder reagiert. Das Bild mit den Autologos habe „erzieherischen Charakter“, so Korkus. Es soll an die Verstrickung der Konzerne mit der NSDAP erinnern.

Korkuc wurde mehrfach ausgezeichnet

Der 50-jährige Korkuc wurde mehrfach international ausgezeichnet, unter anderem mit dem European Design Award. Seine Werke sind vielseitig – das Verspielte der polnischen Plakatkunst wechselt mit sehr verknappten Ausdrucksformen ab. Die jüngsten politischen Werke sind so einfach gehalten, dass sie in der schnelllebigen Welt der sozialen Netzwerke bestehen können, in der sie auch weite Verbreitung finden. Korkuc selbst hat sich jedenfalls zunehmend politisiert. Er ist seit einigen Jahren regelmäßiger Gast rechter Medien, die seit Amtsantritt der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) auf Regierungslinie sind. Auch liebt er provokante Auftritte: Bei einer Gala der liberalen Zeitung Gazeta Wyborcza entblößte er ein T-Shirt, auf dem das Wort „Scheiße“ in der Typografie der Zeitung stand.

Allerdings versucht der polnische Premierminister Mateusz Morawiecki derzeit, Polen in Europa als berechenbaren Wirtschaftspartner darzustellen, der Investoren anlockt. Das Beschwören des deutschen Erbfeindes kommt dem ehemaligen Banker ungelegen. Doch ein Enfant terrible wie Korkuc und seine Anhänger werden sich nicht so leicht steuern lassen. Auf Twitter nimmt er sich derzeit weitere deutsche Konzerne und ihre NS-Verstrickung vor, wie etwa Adidas, aus dessen drei Streifen er ein Hakenkreuz wachsen lässt. Nicht wirklich originell, jedoch sehr plakativ.