Machtkampf in MontenegroParlament will Präsident Djukanovic absetzen, der das Parlament auflösen will

Machtkampf in Montenegro / Parlament will Präsident Djukanovic absetzen, der das Parlament auflösen will
Montenegros Präsident Milo Djukanovic ringt mit dem heimischen Parlament Foto: Savo Prelevic/AFP

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Montenegros Präsident Milo Djukanovic will das missliebige Parlament auflösen, eine Parlamentsmehrheit den Dauerregenten hingegen vorzeitig aus dem Amt kippen. Der Machtkampf im Land der Schwarzen Berge wird durch die gescheiterte Ernennung neuer Verfassungsrichter kompliziert.

„Provinztricks“ zu seinem Machterhalt wirft der designierte, aber verhinderte Neu-Premier Miodrag Lekic (Demos) Montenegros Staatschef Milo Djukanovic (DPS) vor: Mit der Verweigerung eines Regierungsmandats an den von einer Parlamentsmehrheit unterstützten Demos-Chef vertiefe der Präsident „die tiefe Krise im Land“. Er habe nicht den Eindruck, dass es „eine klare Mehrheit“ gebe, begründet „Zar Milo“ hingegen die beabsichtigte Parlamentsauflösung mit zunächst fehlenden Unterschriften einiger Parlamentarier für den Regierungsauftrag an Lekic.

Tatsächlich hat sich eine Mehrheit von 41 der 81 Parlamentarier für den von der liberalen Demos, der Anti-Korruptions-Partei URA und der proserbischen DF unterstützten Lekic ausgesprochen. Da Djukanovic trotz der nun vorliegenden Unterschriften die beabsichtigte Auflösung des Parlaments notfalls „per Dekret“ durchsetzen will, haben die verhinderten Regierungspartner letzte Woche die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen den Staatschef beantragt.

Ein Sieger ist im verbissenen Kampf um die Macht vorläufig nicht in Sicht. Denn die Gegenspieler haben diesen ohne Schiedsrichter auszutragen. Weil die Wahl von neuen Verfassungsrichtern an der dafür nötigen Zwei-Drittel-Mehrheit gescheitert ist, verfügt das Verfassungsgericht nicht über das nötige Quorum – und kann weder über die Rechtmäßigkeit einer Amtsenthebung des Präsidenten noch über die einer präsidialen Parlamentsauflösung entscheiden.

Im Mafia-Staat wird ausgemistet

Seit 1989 teilte „Rasiermesser“ Djukanovic im Küstenstaat jahrzehntelang fast unangefochten die Karten aus. Doch seit bei der Parlamentswahl 2020 seine DPS erstmals in die Opposition verbannt wurde, weht dem Dauerregenten ein ungemütlicher Gegenwind ins Gesicht.

Mit vorgezogenen Parlamentswahlen hofft Djukanovic, sich ein günstigeres Umfeld für die 2023 anstehende Präsidentschaftswahl zu schaffen. Zwar haben sich die früheren Oppositionsparteien an den Schalthebeln der Macht mit endlosen Grabenkämpfen und zwei vorzeitig gestrauchelten Regierungen bisher auch nicht mit Ruhm bekleckert. Doch seit dem Machtwechsel hat zumindest der Kampf gegen die organisierte Kriminalität kräftig an Fahrt gewonnen – zum Leidwesen der DPS. Seit zwei Jahren wird konsequent ausgemistet im Mafia-Staat. Fast zwei Tonnen Kokain sind seit 2020 beschlagnahmt worden. Gleichzeitig wandern reihenweise ranghohe Würdenträger aus Polizei- und Justizkreisen wegen ihrer Mafia-Kontakte hinter Gittern – meist aus dem Dunstkreis der DPS.