Tourismus / Österreicher dürfen ab Dienstag wieder ans Meer fahren
Die Regierung in Wien gibt dem wachsenden Druck im In- und Ausland nach: Ab kommenden Dienstag werden die Österreicher wieder frei nach Italien und in 30 weitere Länder in Europa fahren können.
Seit Wochen drängten Bundeskanzler Sebastian Kurz und Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (beide ÖVP) ihre Landsleute, wegen der Corona-Bedrohung ihren Sommerurlaub heuer in der Heimat zu verbringen. Das Werben war so intensiv, dass dahinter Interessen der heimischen Tourismuswirtschaft vermutet wurden: Wer im Sommer nicht an die Adria fahren oder nach Griechenland fliegen kann, trägt mit einem Heimaturlaub zur Linderung der Corona-Nöte österreichischer Hoteliers bei.
Entsprechend sauer hatten die südlichen Nachbarn reagiert. Denn auch wenn diese einseitig die Grenze öffneten, brachte dies wenig, solange Österreich von allen Rückreisenden einen negativen Corona-Test oder eine zweiwöchige Heimquarantäne verlangt. Slowenien warf den Österreichern nationalen Egoismus vor: „Offenbar ist der Wunsch, Touristen zu halten, so groß, dass wir uns nicht in eine positive Richtung bewegen können“, ärgerte sich ein Außenamtssprecher in Laibach (Ljubljana) Anfang des Monats. Vorigen Freitag öffnete Wien die Grenze zu Slowenien, weil die Schließung angesichts der deutlich besseren slowenischen Corona-Statistik beim Nachbarn nicht länger zu argumentieren war.
Umso lauter der Protest aus Italien, wo die nördliche Region Venetien mit ihren bei Österreichern beliebten Badeorten wie Jesolo, Caorle oder Lignano auf eine viel niedrigere Reproduktionszahl als in Österreich verweisen kann. „Wir sind nicht Europas Verpestete“, protestierte Regionalpräsident Luca Zaia gegen die Haltung Wiens. Der italienische Konsumentenschutzverband Codacons zeigte Österreich vorige Woche beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) wegen einer Verletzung der EU-Verträge an. „Österreichs Verhalten verletzt alle europäischen und internationalen Verträge“, so die Organisation.
Österreicher wollen raus
Doch auch im Inland wuchs der Druck auf die Bundesregierung. Je weniger Neuinfektionen gemeldet werden, desto geringer wird das Verständnis für restriktive Maßnahmen wie Reiseverbote. Hatte Kanzler Kurz zu Beginn der Krise noch selbst die Angst mit Horrorszenarien geschürt, so ist die Regierung angesichts des schwindenden Verständnisses für Schutzmaskenpflicht und Abstandsregeln nun um Frohbotschaften bemüht. Eine solche verkündeten Außenminister Alexander Schallenberg und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am Mittwoch: Drei Monate nach Verhängung der Reisebeschränkungen werden Österreichs Grenzen ab 16. Juni für insgesamt 31 europäische Länder geöffnet. Auch Italien ist darunter. Freies Reisen in alle Nachbarstaaten ist damit möglich. Auch Urlaub auf Mallorca oder Ibiza wird möglich sein, wenn auch erst in der Hauptsaison: Die Grenze zu Spanien bleibt nämlich noch bis 1. Juli zu, was aber in diesem Fall nicht an einer protektionistischen Verzögerung Wiens liegt. Madrid selbst hat entschieden, seine Grenzen bis Ende Juni geschlossen zu halten.
„Heute stoßen wir ein Fenster auf, ein großes Fenster in Richtung neue Reisenormalität“, verkündete Schallenberg, ohne den Hinweis zu vergessen, der den darbenden einheimischen Touristikern wichtig ist: Er empfiehlt weiterhin, den Urlaub heuer möglichst in Österreich zu verbringen. Und ungeachtet der Grenzöffnungen bleibt der globale Reisehinweis aufrecht, wonach wegen der Pandemie weltweit ein „hohes Sicherheitsrisiko“ besteht. Ausdrücklich gewarnt wird weiter vor Reisen in die Lombardei. Zwar können die Behörden nicht kontrollieren, wohin in Italien die Urlauber letztlich fahren, aber Schallenberg warnte davor, dass es im Fall des Infektionsfalles für Betroffene dienstrechtliche Folgen und bei Beanspruchung konsularischer Hilfe Regressforderungen geben könne.
Keine volle Reisefreiheit
Von touristischer Normalität kann auch ab nächsten Dienstag noch keine Rede sein. Für Länder außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) gilt weiter die Bestimmung, dass bei der Rückreise entweder ein negativer Coronatest vorgewiesen oder eine zweiwöchige Quarantäne angetreten wird. Für Länder wie Serbien, Bosnien und Türkei besteht also weiter ein De-facto-Reiseverbot, womit vor allem für die vielen in Österreich lebenden Menschen aus diesen Ländern ein Heimaturlaub in diesem Jahr fraglich bleibt. Über die Grenzöffnung zum EWR-Raum will Wien in Abstimmung mit der EU entscheiden. Von der EU-Kommission wird am Freitag eine entsprechende Richtlinie erwartet.
Und sollte es in den nun ungehindert zu bereisenden Ländern wieder mehr Corona-Fälle geben, will Wien sofort die Reißleine ziehen. Sobald es in einem Land pro 100.000 Einwohner mehr als zehn Neuinfektionen pro Tag gebe, werde man, so Minister Anschober, Maßnahmen setzen.
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