US-WahlenNew Yorker tendieren zur persönlichen Stimmabgabe

US-Wahlen / New Yorker tendieren zur persönlichen Stimmabgabe
Viele New Yorker nutzen die Möglichkeit des „Early Voting“ Foto: Spencer Platt/Getty Images/AFP

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Seit letztem Samstag können New Yorker ihre Stimme zur anstehenden Präsidentschaftswahl abgeben. Zum ersten Mal in ihrer Geschichte nämlich richtete die Stadt sogenannte „Early Voting Sites“ ein, die den rund 5 Millionen registrierten Wählern vorzeitige Stimmabgabe ermöglichen soll.

Hintergrund sind die steigenden Corona-Zahlen, denen der als Board of Elections bekannte Wahlausschuss vorbeugen will. Allerdings scheint es auch die Sorge um ihre Gültigkeit zu sein, die die erprobten New Yorker zur persönlichen Stimmabgabe animiert.

„Wir wollen sicherstellen, dass man uns nicht vergisst“, heißt es etwa von zwei älteren Damen, die sich zu der als Wohllokal umfunktionierten „Robert Wagner Middle School“ bewegen. Wie selbstverständlich verweisen sie dabei auf die jüngsten Pannen des Board of Elections, die das Vertrauen in die Briefwahl als alternativer Wahlmethode stark beeinträchtigt haben. So wurden im September 100.000 Umschläge mit falscher Namens- und Adressenkennzeichnung verschickt, durch die Stimmzettel für ungültig erklärt werden könnten.

Schuld daran trägt zum Teil das konservative und in seiner Struktur überlebte Board of Elections, das den Druck der Wahlunterlagen an Privatunternehmen – hier die Firma Phoenix Graphics im nahegelegenen Rochester – delegierte. Es fehlt an Kontrollmechanismen innerhalb des in der Vergangenheit wegen Nepotismus in Verruf geratenen Gremiums. Als weiteres Hindernis kommt hinzu, dass Wähler ihren Umschlag selbst frankieren müssen, anders als in Kalifornien, Washington oder Nevada, wo keine Versandgebühren anfallen.

Der Erfolg der „Early Voting Sites“ erweist sich indes als unbestreitbar. Bis zum Donnerstagabend sind schon 600.000 Menschen, darunter auch Bürgermeister De Blasio, im Big Apple zur Urne geschritten. Zum Wochenende will die Stadt sogar ein weiteres Wahllokal an der Upper East Side eröffnen.

Wahlprognosen sehen Biden vorn

Die Dynamik in New York lässt sich auch auf landesweiter Ebene beobachten. So sind bereits über 80 Millionen Stimmen eingegangen. CNN rechnet mit der höchsten Wahlbeteiligung seit John F. Kennedys Sieg über Richard Nixon im Jahr 1960.

Als Stimmungsbarometer der im Minutentakt eingehenden Umfragewerte gilt dabei die Webseite „FiveThirtyEight“, die Prognosen in ein mathematisches Modell verwandelt, wonach jedes nur erdenkliche Wahlszenario durchkalkuliert wird. Im Falle des vermeintlichen Wahlentscheiders Florida errechnen die Betreiber dem demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden eine 65-Prozent-Gewinnchance. Diese basiert unter anderem auf aktuellen Studien wie jener der Florida Atlantic University, die den Demokraten leicht im Vorteil sieht. Wie sehr dies am Ende der Realität entspricht, bleibt abzuwarten.

Das Supreme Court will faire Wahl

Auf Bundesebene hat das Oberste Gericht indes eine entscheidende Weiche für den Verlauf des Wahltags und die anschließende Stimmzählung gestellt. Entgegen den lautstarken Forderungen Donald Trumps, am 3. November schon ein Resultat verkünden zu wollen, werden in Pennsylvania nach einer Entscheidung der Obersten Richter nun auch nachträglich per Briefwahl eingegangene Stimmen für gültig erklärt.

Auch in North Carolina werden noch bis zu neun Tage später eingetroffene Wahlzettel berücksichtigt. Der vom Obersten Gericht verabschiedete Beschluss wendet sich somit gegen den formellen Protest der Republikaner, die in beiden Staaten eine sogenannte „Blaue Welle“ der Demokraten zu verhindern hofften. In Minnesota steht ein entsprechender Entschluss noch aus. Die erst am Montag vereidigte Amy Coney Barrett hatte sich im Übrigen nicht an den Beschlüssen des Supreme Court beteiligt. Die als konservativ geltende Richterin wolle sich nicht kurzfristig in das Wahlkampfgeschehen einmischen.