ReferendumNeuseeland stimmt für Sterbehilfe und gegen Cannabis

Referendum / Neuseeland stimmt für Sterbehilfe und gegen Cannabis
Die Neuseeländer wählten vor zwei Wochen nicht nur ein neues Parlament, sondern hatten auch über zwei gesellschaftspolitische Themen zu entscheiden Foto: Michael Bradley/AFP

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Mitte Oktober haben die Neuseeländer ein neues Parlament gewählt und dabei gleichzeitig über zwei Volksentscheide abgestimmt. Deren Ergebnisse wurden nun bekannt gegeben: Die Neuseeländer wollen Sterbehilfe legalisieren, Cannabis soll aber weiterhin illegal bleiben.

Die Neuseeländer haben mit großer Mehrheit dafür gestimmt, Sterbehilfe für Menschen mit einer unheilbaren Krankheit zu legalisieren. Die vorläufigen Ergebnisse, die gestern von der Wahlkommission veröffentlicht wurden, zeigen, dass 65,2 Prozent der Wähler für die Legalisierung der aktiven Sterbehilfe stimmten. Neuseeland ist damit das siebte Land der Welt, das assistiertes Sterben legalisiert. Auch die Schweiz, die Niederlande, Luxemburg, Kanada, Kolumbien und Belgien erlauben Euthanasie.

Das Referendum war teilweise vom Leben, Kampf und Tod der Neuseeländerin Lecretia Seales inspiriert, die 2015 im Alter von 42 Jahren an einem Gehirntumor starb. Die Anwältin hatte bis zu ihrem Lebensende um ihr Recht zu sterben gekämpft und eine emotionale Debatte in dem Land ausgelöst. Neuseeland hatte über ein Vierteljahrhundert mit sich gerungen, das Thema gesetzlich zu regeln.

Matt Vickers, der Mann der verstorbenen Lecretia Seales, wurde in lokalen Medien mit den Worten zitiert, er sei nach der Entscheidung voller „Erleichterung und Dankbarkeit“. Die Ergebnisse des Volksentscheids sind bindend und müssen von der neuen sozialdemokratischen Regierung nun innerhalb eines Jahres umgesetzt werden. Auch die Aktivistin Mary Panko, die für das selbstbestimmte Sterben gekämpft hatte, sagte, es sei ein „bedeutsamer Tag“ für ihr Land.

„Ergebnis des gesunden Menschenverstandes“

Das zweite Referendum über die Legalisierung von Marihuana scheiterte hingegen. Nur 46,1 Prozent der Neuseeländer befürworteten diesen Schritt. Noch fehlt zwar die Auswertung von fast einer halben Million Sonderstimmen, doch Experten halten es für unwahrscheinlich, dass diese Stimmen das Endergebnis noch wesentlich verändern werden. Ein Aktivist, der sich gegen die Legalisierung ausgesprochen hatte, sagte vor Medienvertretern, es sei „das richtige Ergebnis“ und „das Ergebnis des gesunden Menschenverstandes“. „Gewöhnliche Kiwis haben erkannt, dass eine Legalisierung den Cannabis-Konsum auf keinen Fall verringern kann“, sagte Aaron Ironside von „Say Nope to Dope NZ“.

Neuseeland fragt seine Bürger immer wieder nach ihrer Meinung. So stand 2016 zur Abstimmung, ob der Pazifikstaat eine neue Flagge bekommen sollte. Vor allem der damalige neuseeländische Premierminister John Key wollte sich vom Union Jack verabschieden, der seiner Meinung nach an die einstige Kolonialmacht Großbritannien erinnerte. Außerdem störte sich Key daran, dass die neuseeländische Flagge ständig mit der australischen verwechselt wird. Doch die Alternative – eine schwarz-weiß-blaue Flagge mit Silberfarn und Sternen – konnte sich bei der letztendlichen Abstimmung im Volk nicht durchsetzen.

Neben der Abstimmung über die Volksentscheide hatte das neuseeländische Volk auch ein neues Parlament gewählt. Diese Wahl endete mit einem Erdrutschsieg der sozialdemokratischen Partei und bestätigte die amtierende Regierungschefin Jacinda Ardern in ihrem Amt. Die Wahl bescherte dem Pazifikstaat zudem sein bisher vielfältigstes Parlament: Fast 50 Prozent der neuen Abgeordneten sind Frauen, rund zehn Prozent stammen aus der LGBTQ-Gemeinde und 16 Parlamentarier sind Māori. Außerdem ziehen erstmals Abgeordnete mit afrikanischem und lateinamerikanischem Hintergrund ins Parlament ein.