Ungarn / Nach EVP-Bruch mehren sich die Probleme für Premier Viktor Orban
Nach dem faktischen Rauswurf aus der EVP und dem Machtwechsel in den USA mehren sich für Ungarns Premier Viktor Orban die Baustellen – und Probleme. Auf die Protektion Berlins kann der Rechtsausleger international nicht mehr bauen. Und im Inland wittert die Opposition zunehmend Morgenluft.
Das Pflegen von Feindbildern bleibt für Ungarns streitbaren Premier Viktor Orban unverzichtbarer Teil des Regierungsgeschäfts. Es gebe „keinerlei Unterschied mehr zwischen der EVP und der europäischen Linken“ poltert der Rechtsausleger nach dem faktischen Rauswurf seines nationalpopulistischen Fidesz aus Europas christdemokratischen Parteiverbund.
Vollmundig ruft der selbsterklärte Pionier eines „illiberalen“ Europas nun zum Aufbau einer neuen europäischen Rechten auf, die gegen Multikulturalismus, Homosexuelle und Migranten, aber für christliche Werte streite. Doch egal, ob Fidesz im Europaparlament künftig die Kräfte mit den Gesinnungsfreunden der polnischen PiS oder italienischen Lega bündelt, sich einer der beiden bestehenden rechtspopulistischen Fraktionen anschließt oder eine neue aus der Taufe hebt: Der Bedeutungsverlust scheint Orban gewiss.
Bisher sei Fidesz der böse Bube gewesen, der mit den guten Jungs an demselben Tisch sitze, „jetzt ist Fidesz nur noch der böse Bube“, umschreibt Peter Kreko, Direktor des Budapester Institut „Political Capital“ dessen veränderte Rolle. Tatsächlich dürfte vor allem die fehlende Protektion Berlins Orban bei seinen Dauerkonflikten mit Brüssel künftig zu schaffen machen: Jahrelang hatte die deutsche CDU/CSU stets die schützende Hand über den EU-Solisten gehalten.
Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass manche Schwesterparteien in der Region wie die slowenische SDS dem Fidesz-Beispiel folgen könnten. Doch ausgemacht ist dies keineswegs. Im Gegenteil: Vor allem im EU-Wartesaal könnte der sehr starke Einfluss Ungarns mit dem EVP-Ausscheren bröckeln. „Eine Entfernung von Budapest ist möglich“, titelt die Belgrader Zeitung Danas mit Blick auf Serbiens rechtspopulistische Regierungspartei SNS, die mit der EVP seit 2013 assoziiert ist. Auch der Machtwechsel in den USA dürfte Orban neuen Gegenwind bescheren. Vereint mit der EU will der neue Präsident Joe Biden gegen die „autoritären Kräfte“ zu Felde ziehen – und hat dabei auch Ungarn im Blick: Vor allem Orbans Fraternisieren mit Peking und Moskau ist Washington ein Dorn im Auge.
Zufriedenheit mit Fidesz sinkt
Vermehrten Gegenwind in der internationalen Arena wusste Orban bisher stets zur Profilierung als kompromissloser Kämpfer für die nationalen Interessen im eigenen Land zu nutzen. Doch nun mehren sich für ihn auch in der Heimat die Baustellen – und Probleme: Vor der Parlamentswahl im nächsten Jahr wittert die Opposition erstmals seit langem wieder Morgenluft.
Auch das jahrelang auf satten Wachstumswellen segelnde Ungarn hat die Corona-Krise hart getroffen – und die Umfragewerte der Regierungspartei sinken lassen. Die Wirtschaft ist 2020 um 5,3 Prozent geschrumpft und dürfte erst 2022 wieder das Vorkrisenniveau erreichen. Trotz sehr harter Präventivmaßnahmen haben die über 15.500 Corona-Tote die Schwächen von Ungarns Gesundheitssystems schonungslos offengelegt.
Ähnlich wie bei der von ihr 2019 gewonnenen Bürgermeisterwahl in Budapest will die zersplitterte, von der sozialistischen MSZP bis hin zur nationalistischen Jobbik reichende Opposition mit der Bündelung ihrer Kräfte 2022 den Machtwechsel erzwingen – und pro Wahlkreis jeweils nur einen Kandidaten nominieren. Sollte ihr das Vorhaben gelingen, könnte das Wahlrennen für Orban erstmals seit seiner Rückkehr auf die Regierungsbank 2010 wieder knapp werden. In den jüngsten Umfragen ist die Opposition Platzhirsch Fidesz auffällig nahe auf den Pelz gerückt: Selbst unter erklärten Fidesz-Anhängern ist laut den Meinungsforschern die Zufriedenheit mit Orban deutlich am Sinken.
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