Slowenischer Tritt in den FettnapfMysteriöser Plan zur Aufteilung Bosniens belastet nahende EU-Präsidentschaft

Slowenischer Tritt in den Fettnapf / Mysteriöser Plan zur Aufteilung Bosniens belastet nahende EU-Präsidentschaft
Salutschüsse zum Gedenken in Sarajevo: Die Vergangenheit ist noch präsent, doch in Hinterzimmern wird an einer Zukunft geschraubt, die vielen Sorgen bereitet Foto: AFP

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Das Gespenst neuer Grenzen geht wieder um in Europa. Seit Tagen sorgt ein angeblich von Ungarn ausgekochter und von Slowenien lancierter Plan zur Aufteilung von Bosnien auf dem Balkan für Wirbel. Realisierbar ist er kaum, aber hat Sloweniens nahende EU-Präsidentschaft schon jetzt schwer beschädigt.

Verbissen müht sich Sloweniens mal wieder in die Kritik geratener Vormann um Schadensbegrenzung. Es existiere kein Plan zur Änderung der bosnischen Grenzen, „der mit Sloweniens Regierung in Verbindung gebracht“ werden könnte, so das mehrmals wiederholte Dementi des rechtspopulistischen Premiers Janez Jansa. Kritiker argwöhnen indes, dass Jansas Kabinett den Plan zur Vollendung der jugoslawischen Teilungen zumindest in Umlauf gebracht habe: Albaniens Premier Edi Rama hat bereits bestätigt, dass er mit Jansa über das sogenannte „non-paper“ gesprochen habe.

Das Gespenst neuer Grenzen geht wieder um in Europa. Ein Autorenvermerk fehlt auf dem Dokument mit dem Titel „Westbalkan – ein Weg vorwärts“, das auf dem Balkan seit Tagen für heftigen Wirbel sorgt.

Das Hauptproblem des Westbalkans seien die „ungelösten nationalen Fragen der Serben, Albaner und Kroaten“, so das in diplomatischen Kreisen schon seit Februar kursierende, aber erst letzte Woche in die Öffentlichkeit gelangte Strategiepapier. Zu dessen Lösung schlägt es die Schaffung eines Großalbaniens, Großserbiens und Großkroatiens vor – auf Kosten von Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro und Nordmazedonien.

Spur zu Orban und Putin

Auch konkrete Schritte zur Umsetzung des Plans sind genannt: Zunächst sollten in einer „stillen Prozedur“ die Möglichkeiten zu dessen Umsetzung bei den regionalen und internationalen Entscheidungsträgern ausgelotet werden. Wer immer den Plan ersonnen ist: Dessen diskrete Lancierung ist fehlgeschlagen.

Die Verwirklichung von dessen Ideen würde Bosnien und die ganze Region „erneut in den Krieg führen“, warnt Sefik Dzaferovic, das muslimische Mitglied in Bosniens dreiköpfigem Staatspräsidium. Die Medien der Region beschäftigen sich derweil vor allem mit der Frage, wer hinter dem kaum realisierbaren Plan stehen könnte: Dessen Urheber wittern sie außer in Slowenien vor allem in Ungarn, aber auch in Serbien, Kroatien oder Russland.

Das slowenische Webportal „necenzurirano.si“, das das Papier veröffentlicht hat, sieht die Spur nach Budapest und Moskau führen. Ungarns Premier Viktor Orban und Kremlchef Wladimir Putin hätten dasselbe Ziel – die EU zu demütigen und ihre Rolle auf dem Westbalkan zu schwächen. Orban-Freund Jansa mime dabei die Rolle des Budapester Büttels – und Kuriers. Nicht nur eine weitere Verschlechterung der Beziehungen zu Bosnien befürchtet das Portal. Sloweniens bevorstehende EU-Präsidentschaft sei wegen der Affäre „bereits vorbei, bevor sie überhaupt beginnt“: „Wir werden zunehmend als Vorort von Budapest wahrgenommen – und haben nun noch weniger Freunde in Europa.“