Umfrage in elf EU-StaatenMehrheit will in Konflikt USA-China neutral bleiben

Umfrage in elf EU-Staaten / Mehrheit will in Konflikt USA-China neutral bleiben
Der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat dazu geführt, dass Russland und China enger zusammenrücken Foto: Thomas Peter/Pool/AFP

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Wie sind die Beziehungen zwischen China und der Europäischen Union zu bewerten, wie sollen die EU-Staaten auf einen Konflikt zwischen den USA und China oder chinesische Waffenlieferungen an Russland reagieren? Und welche Beziehungen sind nach einem Ende des Krieges in der Ukraine noch mit Russland möglich? Diese und andere Fragen zur europäischen Außenpolitik wurden bei einer Umfrage des „European Council on Foreign Relations“ (ECFR) in elf EU-Staaten* gestellt.

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die Spannungen zwischen den EU-Staaten und den USA einerseits sowie Russland und China andererseits in seit dem Ende des Kalten Krieges nicht mehr gekanntem Maße verschärft. Während sich der politische Westen einig in seiner Reaktion gegenüber Russland ist, kann das über den Umgang mit China nicht behauptet werden. Denn zwischen den EU-Staaten gibt es keine eindeutige Position darüber, wie man sich gegenüber China positionieren soll, zu unterschiedlich sind die Interessen. Während die EU-Kommission mit ihrer Präsidentin Ursula von der Leyen von einer Risikominderung in den Beziehungen zwischen der EU und China spricht und für den Aufbau alternativer Lieferketten plädiert, wollen Frankreich und Deutschland ihre wirtschaftlichen Beziehungen zum Reich der Mitte nicht aufs Spiel setzen. Der französische Präsident Emmanuel Macron meinte gar in einem Zeitungsinterview nach einem Besuch in Peking, die EU sollte sich aus einem Konflikt zwischen den USA und China über Taiwan heraushalten und sich als dritte Macht neben den beiden aufbauen.

Die von zunehmend mehr EU-Politikern geteilte Ansicht, dass China für die Europäer ein „systemischer Rivale“ ist – hier eine Demokratie, da eine autoritäre Führung –, wird in dieser Eindeutigkeit noch nicht von allen Befragten in der Studie so gesehen. Insgesamt ist China für eine Mehrheit von 43 Prozent vielmehr „ein notwendiger Partner, mit dem wir strategisch zusammenarbeiten müssen“. Nur 24 Prozent sehen in China einen Rivalen, elf Prozent sogar einen „Gegner, mit dem wir in einem Konflikt sind“. Allerdings gibt es signifikante Unterschiede zwischen den Ländern, in denen die Umfrage durchgeführt wurde. Während in Bulgarien (58 Prozent), Ungarn (54) und Spanien (51) die Mehrheit der Befragten in China einen notwendigen Partner sehen, sind in Polen (36), Deutschland (33), Frankreich (31) und Schweden (31) weitaus weniger dieser Ansicht. In Bulgarien sehen zudem nur acht Prozent einen Rivalen, während in Deutschland und Schweden jeweils 50 Prozent der Befragten China als Rivalen oder gar Gegner erachten.

Die wirtschaftliche Präsenz Chinas in Europa wird im Durchschnitt eher mit Skepsis betrachtet. Für keine der gestellten Fragen gibt es Zuspruch, im Gegenteil: Eine relative Mehrheit von 43 Prozent findet es inakzeptabel, dass chinesische Unternehmen in Europa Infrastrukturprojekte wie Brücken oder Häfen bauen, 39 Prozent können das akzeptieren, 18 Prozent geben keine Antwort. Eine Mehrheit von 52 Prozent der Befragten ist dagegen, dass China Technologie-Unternehmen in Europa kauft (31 Prozent dafür). 59 Prozent wollen nicht, dass chinesische Unternehmen Zeitungen in Europa kaufen (31 Prozent dafür) und 65 Prozent der Befragten sind dagegen, dass chinesische Unternehmen in den Besitz von europäischen Häfen, Brücken oder anderen Infrastrukturen in Europa gelangen (18 Prozent dafür).

Kein Vertrauen in US-Verteidigung

Auf die Frage, wie sich ihr Land in einem Konflikt zwischen den USA und China wegen Taiwan verhalten soll, schlägt sich eine große Mehrheit auf die Seite des französischen Präsidenten. Im Durchschnitt wollen 62 Prozent, dass sich ihr Land „neutral“ verhält, nur 23 Prozent wollen die USA unterstützen. Dabei zeigen die Schweden mit 35 Prozent die größte Bereitschaft, Washington in einem Konflikt mit Peking beizustehen, doch immerhin 49 Prozent wollen neutral bleiben. Die neutrale Haltung ist vor allem in Österreich (80), Bulgarien (79), Ungarn (73) und Italien (65) am ausgeprägtesten. In Macron Frankreich sind es allerdings „nur“ 53 Prozent, die in einem solchen Konflikt auf Neutralität setzen, beim deutschen Nachbarn sind es 60 Prozent.

Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass in neun der beteiligten Länder (die Frage wurde nicht in Österreich und Bulgarien gestellt) 74 Prozent der Befragten meinten, Europa könne sich nicht auf die US-Verteidigung verlassen und müsse eigene Verteidigungskapazitäten aufbauen. Bei der Umfrage im November 2020 lag dieser Wert noch bei 66 Prozent. Nur mehr acht (8) Prozent sind der Ansicht, dass sich die Europäer keine Gedanken über eine eigene Verteidigung machen sollten, da sie von den USA geschützt würden.

Sollte China Waffen und Munition an Russland liefern, sprechen sich im Durchschnitt nur eine relative Mehrheit von 41 Prozent dafür aus, Sanktionen gegen China zu verhängen „selbst wenn das den westlichen Wirtschaften schadet“; 33 Prozent sind gegen Wirtschaftssanktionen gegen Peking und 26 Prozent wissen es nicht. Am meisten Zustimmung erhalten die Sanktionen in Schweden (56), Dänemark (53) und den Niederlanden (51); am wenigsten in Bulgarien (24), Italien (29) und Österreich (31).

Russland ist für Mehrheit ein „Gegner“

Russland wird im Durchschnitt von 55 Prozent der Befragten als „Gegner“ betrachtet, mit dem man in einem Konflikt steht. Neun Prozent sehen das Land als Rivalen, 19 Prozent als „notwendigen Partner“, immerhin noch vier Prozent als Alliierten und 13 Prozent wissen es nicht. Hier sticht vor allem Bulgarien hervor, wo immerhin 18 Prozent in Russland einen Alliierten sehen und 47 Prozent einen notwendigen Partner; nur 17 Prozent sehen in Russland einen Gegner. Das tun die meisten der Befragten in Dänemark (74), Polen (71), Schweden (70) und den Niederlanden (67). In Frankreich sind noch 50 Prozent der Befragten dieser Ansicht, während es in Österreich und Ungarn (jeweils 46 Prozent) sowie Italien (37) nur mehr eine relative Mehrheit das so sehen.

Auf die Nachkriegszeit angesprochen, wollen im Durchschnitt 48 Prozent der Befragten nur eine begrenzte Beziehung zu Russland, 21 Prozent hingegen ein völlig kooperatives Verhältnis. Immerhin 18 Prozent wollen gar keine zwischenstaatlichen Beziehungen mehr und 13 Prozent wissen es nicht. Auch hier sind es vor allem die Befragten in Bulgarien, die mit 51 Prozent wieder vollständige Beziehungen mit Russland aufnehmen wollen, gefolgt von Österreich (36), Ungarn (32), Deutschland (26) und Italien (22). Außer in Bulgarien will eine relative bis absolute Mehrheit der Befragten in den anderen Ländern nur mehr eine begrenzte Beziehung zu Russland.

* Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Italien, Niederlande, Österreich, Polen, Schweden, Spanien, Ungarn. Mehr zur Umfrage: ecfr.eu.

Beobachter
8. Juni 2023 - 6.34

Das Nato Luftmanöver über Deutschland könnte zum Angriffskrieg gegen Russland genutzt werden! Selenskys würde sich freuen.Das wäre eine Gegenoffensive!