CSU-Chef Markus Söder:„Mehr an Unterstützung für Armin Laschet geht nicht“

CSU-Chef Markus Söder: / „Mehr an Unterstützung für Armin Laschet geht nicht“
Sollte dies ein Beitrag dazu sein, dem Wahlkampf zu mehr Ernsthaftigkeit zu verhelfen? Markus Söder (r.) und Armin Laschet essen zusammen in einem Bratwurst-Restaurant Nürnberger Würstchen Foto: dpa/Daniel Karmann

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Markus Söder hält sich für einen der freundlichsten CSU-Vorsitzenden, den ein CDU-Vorsitzender je erlebt hat. Das bezieht er auch auf diesen Wahlkampf. Er spricht über den Wunsch nach Erneuerung in der Regierung, über seine künftige Rolle in Berlin und Bilder mit Bratwürsten im Wahlkampf.

Tageblatt: Herr Söder, noch zwei Tage bis zur Wahl. Spielen Sie schon Szenarien für den 26. September um 18.05 Uhr durch?

Markus Söder: Es wird ein Wimpernschlagfinale. Die Demoskopen melden wachsende Zustimmung für die Union. Auf dem CSU-Parteitag haben wir die Trendwende eingeleitet – zum einen durch Geschlossenheit, zum anderen gibt es große Sorge vor einem Linksbündnis. Deswegen haben wir noch alle Chancen, am Ende vor der SPD zu liegen. Und darauf kommt es an.

Der Wahlkampf war in den letzten Monaten von einer bemerkenswerten Unernsthaftigkeit geprägt

Hat Armin Laschet auf den letzten Metern also noch geliefert?

Natürlich. Wir haben alle geliefert. Der Wahlkampf war in den letzten Monaten von einer bemerkenswerten Unernsthaftigkeit geprägt. Es wurde über Lebensläufe, Lacher oder Lobeshymnen diskutiert. Auf der Schlussetappe stelle ich eine Rückkehr zu den ernsthaften Themen und zur Frage möglicher Regierungskonstellationen fest. Bei vielen Menschen hat ein Nachdenken stattgefunden.

Im finalen Wahlaufruf der CSU warnen Sie vor Nachteilen für Industrie-Beschäftigte, Minijobber, Beamte oder Familien im Fall eines Linksbündnisses. Lässt sich mit Drohszenarien eine Wahl gewinnen?

Transparenz ist vor einer Wahl wichtig. Nicht jeder liest die Programme bis ins Detail. Wir haben uns die Programme von SPD, Grünen und Linkspartei vorgeknöpft und übersetzt, was die jeweiligen Pläne bedeuten: Eingriffe in die Landwirtschaft und den Mittelstand, Belastungen für die Pendler im ländlichen Raum und für die Beamten durch eine allgemeine Bürgerversicherung, Mehrbelastungen für Ehepaare durch eine Abschaffung des Ehegattensplittings. Umgekehrt haben wir ja schon vor Wochen unser Programm vorgelegt und beim Parteitag noch einmal klare Akzente gesetzt. Beides ist wichtig: Die Menschen sollen wissen, was kommen kann und was wir stattdessen zu bieten haben.

Bleibt es dabei, dass die Union als Juniorpartner in einer Koalition nicht infrage kommt?

Die SPD will auf keinen Fall mit der Union regieren, Kevin Kühnert droht gar mit einem kompletten Rückzug von allen Ämtern – das wäre sogar ein Anreiz, eine solche Koalition doch noch mal zu überlegen. Aber im Ernst – Fakt ist: Entweder die Union liegt vorne, dann kann sie eine Regierung bilden. Oder die SPD, dann wird sie alles tun, um eine Regierung ohne uns aufzustellen. Davon bin ich überzeugt.

Wäre für Sie denn eine große Koalition noch eine denkbare Option?

Neben den politischen Wellenschlägen der letzten Wochen gibt es im Strömungsverlauf der Gesellschaft nach 16 Jahren bei manchen den Wunsch nach einigen grundlegenden Erneuerungen. Das betrifft die Digitalisierung, den Klimaschutz, die wirtschaftliche und gesellschaftliche Modernisierung. Eine Neuauflage der GroKo stünde eher für ein reines „Weiter so“. Wir brauchen nicht nur Stabilität, sondern auch bürgerliche Erneuerung.

Mathematische Möglichkeiten und politische Sinnhaftigkeit sind zwei grundverschiedene Dinge

Halten Sie eine Regierungsbildung der Union für möglich, wenn sie auf Platz zwei landen?

Mathematische Möglichkeiten und politische Sinnhaftigkeit sind zwei grundverschiedene Dinge. Deswegen halte ich auch vom Modell Helmut Schmidts von 1976 wenig, mit schlechten Ergebnissen doch noch regieren zu wollen. Die Grünen würden das ohnehin nicht mitmachen.

Haben Sie die Sorge, dass die Union, wenn sie in der Opposition landet, durch die vielen widerstrebenden Karriereziele nicht geschlossen bleibt, sondern jeder gegen jeden anrennt?

Franz Müntefering sagte einmal: Opposition ist Mist. Das ist einer der wenigen Sätze eines Sozialdemokraten, den ich für zeitlos richtig halte.

Also fürchten Sie um den Charakter der Union als Volkspartei?

Ich halte solche Was-wäre-wenn-Spielchen für absurd. Jetzt müssen wir alles dafür tun, um stabil regieren zu können. Deswegen sagen wir klar, wofür wir stehen. Die Menschen entscheiden am Ende selbst, was sie wollen, aber sie sollen am Tag nach der Wahl nicht sagen: Hoppla, warum hat mich niemand gewarnt?

Auch wenn die Union stärkste Kraft wird, dürfte das Wahlergebnis nicht prickelnd sein. Was ist Ihre Idee, wie sich CDU/CSU wieder stabilisieren können?

Man kann sich am besten in der Regierung erneuern. Die CSU hat das immer wieder gemacht in den vergangenen Jahrzehnten. In der Opposition geht das nicht, das bedeutet nur Stillstand. Herausforderungen gibt es genug, wenn es um die Digitalisierung im Alltagsleben, um den Mobilfunk oder die öffentliche Verwaltung geht. Wir müssen Klimaschutz mit Nachhaltigkeit, aber auch mit Wohlstandsperspektive organisieren. Wir brauchen mehr internationale Sicherheit durch eine neue deutsche Außenpolitik mit mehr Gewicht für die Bundeswehr. Natürlich liegt mir die Union sehr am Herzen, aber die Menschen dürfen nicht den Eindruck haben, dass wir nur danach entscheiden, was für die Partei gut ist. Es geht immer zuerst um Land und Leute.

Und neben der vielen Erneuerung braucht es keine Fehleranalyse?

Ich habe immer schon gesagt, dass die Wahl knapp ausgehen wird. Nach 16 Jahren an der Regierung und durch den Rückzug einer überragenden Persönlichkeit wie Angela Merkel sind die Menschen flexibler in ihrer Entscheidung. Es wird knapp, aber alles ist möglich.

Sie wollten selbst Kanzlerkandidat werden, haben dies Armin Laschet auch spüren lassen. Gab es Momente, an denen Sie verzweifelt sind in diesem Wahlkampf?

Meine Unterstützung für Armin Laschet habe ich vielfach deutlich gemacht. Ich glaube sowieso, dass ich einer der freundlichsten CSU-Vorsitzenden bin, den ein CDU-Vorsitzender jemals erlebt hat. Wenn ich da an Franz Josef Strauß und Helmut Kohl oder Horst Seehofer und Angela Merkel denke, kann man das definitiv so festhalten. Unser Parteitag hat Armin Laschet sehr viel Kraft und Rückenwind gegeben. Wenn es einen Wendepunkt in diesem Wahlkampf gegeben hat, dann war es sicherlich der Parteitag der CSU.

Bleibt Ihr Platz in Bayern, egal was passiert?

Ich sitze hier in München, reise aber auch oft nach Berlin, weil ich im Koalitionsausschuss eine starke Rolle spielen muss. Der Koalitionsausschuss wird ohnehin wichtiger werden, gerade bei einem möglichen Viererbündnis unter Führung von CDU und CSU.

Mit Pantomime allein kann man noch keine politische Nachfolge für sich beanspruchen

Kann Olaf Scholz die Raute glaubwürdiger machen als Armin Laschet?

Mit Pantomime allein kann man noch keine politische Nachfolge für sich beanspruchen. Olaf Scholz ist ein erfahrener Finanzminister – in guten Zeiten ohne Krisen. Ich glaube, dass uns da ein Gerhard Schröder 2.0 droht. Auch Schröder stand anfangs für einen Neuanfang, aber das Experiment Rot-Grün hinterließ am Ende fünf Millionen Arbeitslose, einen immensen Schuldenberg ganz ohne Krise und eine völlig zerrissene SPD. Viele haben sich intensiv mit dem Laschet-Team beschäftigt, aber keiner mit der Scholz-Truppe. Wer würde denn in einer Regierung Scholz sitzen? Saskia Esken, die vom demokratischen Sozialismus schwärmt? Kevin Kühnert, der BMW enteignen wollte? Anton Hofreiter oder Janine Wissler als Ministerin?

Zählen Bilder von Ihrem Mittagessen mit Armin Laschet, bei dem es Nürnberger Bratwürste auf Herzchen-Tellern gab, auch als Pantomime?

Erstens sind Nürnberger Bratwürste die deutlich nahrhaftere Variante. Und zweitens geben wir Armin Laschet bei jedem Termin in Bayern viel Rückenwind. Auch heute bei unserer gemeinsamen Schlusskundgebung in München. Mehr an ehrlicher Sympathie und Unterstützung geht nicht.

Wolfgang Schäuble hat Angela Merkel eine Mitschuld am schlechten Zustand der Union gegeben. Was sagen Sie dazu? Ist Merkel durch ihre offene Wahlkampf-Unterstützung nicht über ihren Schatten gesprungen?

Angela Merkel kämpft wie ich sehr für Armin Laschet. Wenn alle so viel Engagement zeigen würden, wäre es gut.

Das klingt nach einem Schwarzen-Peter-Spiel für die Zeit nach der Wahl.

Wir kämpfen für den Erfolg. Man darf nicht vergessen, dass die CDU im Umbruch ist. Auch deswegen hat Armin Laschet meine volle Rückendeckung. Ich möchte keine Situation zwischen CDU und CSU mehr erleben wie 2018 oder gar wie in den 1970ern. Auf unser Wort kann man sich verlassen.

Zu Beginn des Wahlkampfes haben Sie noch mit einem Bündnis mit den Grünen geliebäugelt, auch weil sich so mehr Klimaschutz umsetzen ließe. Nun liebäugeln Sie mehr mit der FDP. Können Sie uns den Strategiewechsel erklären?

Ich habe nie eine bestimmte Koalition genannt – Hauptsache die Union führt. Für eine unionsgeführte Regierung geht es um drei zentrale Punkte: Modernisierung, Klimaschutz und eine neue soziale Balance. Die Modernisierung geht über Digitalisierung und Technologie. Beim Klimaschutz wollen wir nicht zurück in die Steinzeit wie die Grünen, sondern mit hohem Tempo in die Zukunft – dazu gehören E-Mobilität, natürliche CO2-Speicher, erneuerbare Energien und klimafreundliche Architektur. Zudem haben viele Menschen nach Corona Sorgen, ob sie ihren Lebensstandard halten können. Bei den sozialen Fragen sind uns daher zwei Punkte besonders wichtig: zum einen die Mütterrente, bei der es um Gerechtigkeit für Frauen und um die Anerkennung von Arbeit für die Familie als Lebensleistung geht. Zum anderen wollen wir keine Wohnungen enteignen, sondern setzen auf schnelleres Bauen durch steuerliche Anreize und eine Verdoppelung des Wohngeldes.

Braucht es nicht die Ehrlichkeit, dass die Bewältigung der Klimakrise große Umbrüche und auch Zumutungen mit sich bringen wird?

Anstatt von Zumutungen spreche ich von Veränderungen. Natürlich wird es Veränderungen geben. Im bayerischen Kabinett gab es früher häufig Schlachtplatte. Heute gibt es mehr Salat als Blutwurst. Die Menschen trennen heute selbstverständlich ihren Müll, ohne das infrage zu stellen. Der Umstieg vom Verbrenner auf einen E-Antrieb oder von Beton- und Stahlbauten auf Holzfassaden ist doch keine Zumutung, sondern das sind einfach zukunftsgerechte Formen. Allerdings braucht es die Balance: Wenn der Spritpreis steigt, braucht es einen sozialen Ausgleich und der muss über eine kräftige Erhöhung der Pendlerpauschale erfolgen.

J.C. Kemp
26. September 2021 - 15.11

Kann mir trotzdem nicht vorstellen, dass einer unterhalb des Weisswurstäquators im Horden der Rebublik mit vielen Stimmen zu rechnen hat.

HTK
24. September 2021 - 10.11

Der bevorstehende Untergang von Laschet ist das Sprungbrett für Söder bei den nächsten Wahlen.Er ist noch jung und kann warten.