Gesetzesänderung für NATO-BeitrittKurde soll von Schweden an die Türkei ausgeliefert werden

Gesetzesänderung für NATO-Beitritt / Kurde soll von Schweden an die Türkei ausgeliefert werden
Demonstration am Sonntag in Stockholm: Mit unter anderem Flaggen der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK demonstrierten Aktivisten gegen einen Beitritt Schwedens zur NATO Foto: Maja Suslin/TT News Agency/AFP

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Schweden soll „konkrete Schritte“ unternehmen, um von der Türkei grünes Licht für den NATO-Beitritt zu erhalten. Dies habe der neue türkische Außenminister Hakan Fidan, der lange dem Inlandsgeheimdienst in der Türkei vorstand, seinem schwedischen Amtskollegen Tobias Billström in einem Telefongespräch mitgeteilt, melden türkische Medien. Welche Schritte erwartet würden, wurde nicht bekannt.

Seit Mai 2022 blockiert die Türkei die Ambitionen des skandinavischen Landes, der Verteidigungsallianz beizutreten. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wirft Schweden vor, kurdische Terrorgruppen zu unterstützen.

Das Oberste Gericht in Stockholm kam diese Woche Ankara entgegen, indem es erstmals die Auslieferung eines Kurden mit Kontakten zur „Kurdischen Arbeiterpartei“ (PKK) in die Türkei bewilligte. Die Vereinigung wird in Schweden wie in der ganzen EU als Terrororganisation eingestuft. Der 35-jährige türkische Staatsbürger gilt jedoch eher als Sympathisant denn als aktives Mitglied. Er floh nach Schweden, da er den weiteren Teil seiner Haftstrafe wegen Drogenschmuggels nicht in der Türkei absitzen wollte. Nun muss die Mitte-rechts-Regierung unter Ulf Kristersson über die Auslieferung entscheiden.

Seit dem 1. Juni ist in Schweden ein neues Terrorgesetz in Kraft, welches die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung unter Strafe stellt. Das Gesetz sieht zudem Strafverschärfungen bei verschiedenen Formen des Mitwirkens in verbotenen Organisationen vor. Das Zeigen der PKK-Fahne ist jedoch weiterhin erlaubt, wovon Kurden in Stockholm bei einer Protestdemonstration am Sonntag Gebrauch machten. Protestiert wurde sowohl gegen das neue Gesetz wie den geplanten NATO-Beitritt. „Wir werden sehen, ob das Terrorgesetz einen Unterschied macht“, so Yönet Can Tezel, der türkische Botschafter in Stockholm, der ein Verbot dieser Proteste verlangt.

Hoffen auf NATO-Gipfel in Vilnius

Erdogan, der im Mai wiedergewählt wurde, fordert von Schweden die „Auslieferung von 120 Terroristen“. Gemeint sind zumeist kurdische Oppositionelle, teils mit schwedischer Staatsbürgerschaft. In diesen Fällen kann Stockholm nicht nachgeben. Die schwedische Regierung erhofft sich jedoch weiterhin, dass die Führung in Ankara vor oder während des NATO-Gipfels am 10. und 11. Juli in Vilnius einlenkt. In der kommenden Woche findet zudem ein bilaterales Treffen statt, das NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg nach eigener Auskunft mit Erdogan arrangiert hat. Näheres ist nicht bekannt. Stoltenberg traf auch den schwedischen Außenminister Tobias Billström am Donnerstag in Brüssel.

Angesichts der russischen Invasion in der Ukraine entschieden sich die Regierungen der traditionell bündnisfreien Länder Schweden und Finnland im Frühjahr für die NATO-Mitgliedschaft. Finnland, dessen Beitrittsgesuch lange von der Türkei und Ungarn verzögert wurde, konnte am April Mitglied werden.

Ungarn, das sich an Schwedens Kritik an seiner Innenpolitik stört, will nach informellen Informationen der schwedischen Regierungspartei „Christdemokraten“ noch im Juni dem Beitritt im Parlament zustimmen.

Schweden hat im Gegensatz zu Finnland keine gemeinsame Grenze mit Russland, die schwedische Ostseeinsel Gotland ist jedoch im Fall eines russischen Angriffs auf das Baltikum von großer strategischer Bedeutung.