Krimi im Krankenhaus

Krimi im Krankenhaus
Der größte Kokainfund der letzten 18 Jahren in Spanien wird 2017 in Algeciras (Spanien) aufgestöbert. Laut Behörden hat die spanische Polizei 5,8 Tonnen Kokain konfisziert und drei Verdächtige festgenommen.

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Das Campo de Gibraltar zwischen der britischen Kronkolonie und der Stadt Cádiz scheint fest in der Hand der Drogenmafia zu sein. Jetzt haben vermummte Drogengangster einen Festgenommenen in einem Handstreich befreit.

Von unserem Korrespondenten Heinz Krieger

Der Nachmittag schien ruhig in der Notaufnahme des Krankenhauses von La Línea de la Concepcion an der Grenze zu Gibraltar. Die Polizei hatte einen jungen Mann gebracht, der mit dem Motorrad gestürzt war und versorgt werden sollte. Doch dazu kam es nicht. Vor der Klinik fuhren mehrere Gelände- und Lieferwagen vor. Knapp zwei Dutzend vermummte Männer sprangen heraus, stürmten in die Notaufnahme, stießen Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger zur Seite, griffen sich den Verletzten und fuhren mit ihm davon. Der Spuk war in Minuten vorbei. Verletzt wurde in dem Tumult niemand und auch die Krankenhauseinrichtung ging nicht zu Bruch.

Die beiden Polizisten, die den Patienten bewachten, wurden überrumpelt, konnten angesichts der Übermacht nichts tun. Immerhin konnten sie einen der Angreifer überwältigen und fesseln. Nach den anderen und dem Befreiten wird gesucht. Er ist Samuel Crespo, ein polizeibekannter Drogenhändler vom Clan Los Castañas. In der Campo de Gibraltar genannten Region zwischen der britischen Felsenkolonie und der Provinzhauptstadt Cádiz beherrschen die Brüder Castañas, die Bande von Francisco Tejón Carrasco und die von Abdallah El Haj Messi das Drogengeschäft.

Haschisch aus Marokko

Dazu gehört auch der Hafen Algeciras an der Bucht von Gibraltar, wo erst vor kurzem Rauschgift aus Lateinamerika im Wert von mehr als 200 Millionen Euro (230 Millionen Franken) beschlagnahmt worden ist. Das Tagesgeschäft aber wird mit Haschisch gemacht, das mit Booten über die nur 14 Kilometer breite Meerenge von Marokko nach Spanien gebracht und dort verteilt wird.

Den Dauerstreit zwischen Spanien und Gibraltar um die Meeresgrenze in der Bucht nutzen die Drogenhändler manchmal aus. Sie werfen das Haschisch über Bord, wenn sie sich bedrängt fühlen, und flüchten dann nach Gibraltar, wo sie als „normale Bootstouristen“ von der britischen Küstenwache selten behelligt werden. Die Guardia Civil del Maar, die spanische Polizei zur See, darf sie nicht bis in britisches Hoheitsgebiet jagen.

Nur ein kleiner Dealer

Samuel Crespo, ein junger Mann mit auffällig langen Haaren, war eigentlich nur ein kleines Licht in der großen Organisation. Dennoch wurde er befreit, ob aus Ganoventreue oder aus Furcht, er könnte der Polizei irgendwelche Pläne verraten, ist offen. Samuel war mit einem Mädchen auf dem Rücksitz durch La Linea gefahren. Eine Polizeistreife wollte ihn kontrollieren, weil erst vor wenigen Wochen ein Motorradpaar auf einige Personen geschossen hatte.

Samuel hielt an, das Mädchen stieg ab und er raste dann mit seinem Motorrad davon, der Polizeiwagen hinterher. In einem Kreisverkehr hatte der Fluchtende wohl seine Fahrkünste überschätzt und stürzte. Die beiden Polizisten nahmen ihn fest, brachten ihn aber vor der Inhaftierung in einer Polizeizelle in die Notaufnahme. Samuel hatte sich beim Sturz im Gesicht und am Bein verletzt. Dort wurde er befreit.

Der Vorfall hatte in der wöchentlichen Fragestunde im Parlament zu Madrid ein Nachspiel. Innenminister Juan Antonio Zoido musste sich gegen den Vorwurf wehren, dass man zu wenige und zu schlecht ausgerüstete Polizisten im Campo de Gibraltar habe. Die Polizeigewerkschaft drängt schon seit langem auf Verstärkung, denn die „Narcos“ seien bei Vorfällen meist so in der Überzahl, dass sie auf Polizeipräsenz kaum noch reagierten, kritisieren die Gewerkschafter. „Narcos“ ist die spanische Bezeichnung für Drogenhändler. Narcóticos sind Drogen. Die Polizeigewerkschaft SUP erinnerte daran, dass im vergangenen Jahr die Polizeidienststellen vor Ort 68 Mal vergeblich um Verstärkung gebeten hatten.