Katalonien: Vor Europas ungewöhnlichster Wahl

Katalonien: Vor Europas ungewöhnlichster Wahl

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Von unserem Korrespondenten Ralph Schulze

Die kommende Wahl in Spaniens Konfliktregion Katalonien ist wohl der ungewöhnlichste Urnengang, der dieses Jahr in Europa stattfindet: Mehrere katalanische Spitzenkandidaten des Separatistenlagers sitzen in Untersuchungshaft. Andere werden mit Haftbefehl gesucht. Das sind nicht gerade gute Vorzeichen für eine Abstimmung in einer demokratischen und freiheitlichen Gesellschaft.

Dass diese Wahl am 21. Dezember, also kurz vor Weihnachten, unter solch extremen Umständen stattfindet, haben sich die Protagonisten der Unabhängigkeitsbewegung freilich selbst eingebrockt. Sie hatten versucht, mit gesetzeswidrigen Mitteln die Unabhängigkeit Kataloniens durchzusetzen. Dies war weder für Spanien noch für Europa hinnehmbar. Nun müssen die Separatistenführer die Konsequenzen tragen.

Zu diesen gehört, dass einige dieser Separatistenanführer vermutlich vorerst nicht ins Katalonien-Parlament zurückkehren können. Wie etwa der katalanische Ex-Ministerpräsident Carles Puigdemont. Er war mit einigen Gefolgsleuten vor der spanischen Justiz, die ihn der Rebellion beschuldigt, nach Belgien geflüchtet. Bei Rückkehr droht ihm die Festnahme. Auch Puigdemonts Ex-Vize, Oriol Junqueras, der zusammen mit drei weiteren Aktivisten in U-Haft sitzt, wird sein Abgeordnetenmandat wohl nicht antreten können.

Kopf-an-Kopf-Rennen

Zur Erinnerung: Nach einem illegalen Unabhängigkeitsreferendum und einer widerrechtlichen Abspaltungserklärung der katalanischen Separatisten im Oktober hatte Spaniens Zentralregierung eingegriffen: Madrid setzte die Regionalregierung in Barcelona ab und ordnete Neuwahl an. Drastische Schritte, die durch die Verfassung gedeckt waren und mit denen die abdriftende Region wieder auf den Weg der Legalität geholt werden soll.

Bald wird man sehen, ob die Neuwahl dazu beiträgt, die Lage in der brodelnden Region zu beruhigen. Alle Umfragen deuten darauf hin, dass die Separatisten aus ihrem bisherigen radikalen Abspaltungskurs keinen Profit zu schlagen vermögen. Sie könnten ihre bisherige absolute Mehrheit im Katalonien-Parlament verlieren. Das pro-spanische Lager scheint derweil aufzuholen. Einige Meinungsforscher sagen sogar ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus.

Demokratischen Spielregeln

Ob diese prognostizierte leichte Windänderung ausreicht, um in Katalonien einen Macht- und damit einen Kurswechsel einzuleiten, bleibt abzuwarten. Doch auch wenn alles beim Alten bleiben und die Separatisten wieder im Regionalparlament die Oberhand gewinnen sollten: Sie werden sich, wenn sie nicht wieder mit der Justiz kollidieren wollen, künftig an die spanische Verfassung halten müssen, die bisher die Abspaltung einer Region nicht vorsieht.

Das bedeutet mit anderen Worten, dass die Separatisten beim Streben nach einem eigenen katalanischen Staat die demokratischen Spielregeln respektieren müssen. Spaniens Verfassungsrichter stellten ausdrücklich fest, dass es keineswegs illegal ist, nach regionaler Unabhängigkeit zu streben – solange dies mit legalen Mitteln geschieht. Das heißt also durch Verhandlungen und durch Überzeugungsarbeit, um in Spanien eine politische Mehrheit für eine Verfassungsänderung zu gewinnen.

Verfassungsreform soll kommen

Auch wenn dies mühsam und steinig ist: Es gibt kleine Fortschritte. So vereinbarten Spaniens konservativer Regierungschef Mariano Rajoy und der sozialistische Oppositionsführer Pedro Sánchez, das heiße Eisen einer Verfassungsreform endlich anzupacken. Das ist eine gute Nachricht. Viele sehen in einer Modernisierung des angestaubten spanischen Grundgesetzes, das aus dem Jahr 1978 stammt, den Schlüssel für eine Lösung des Katalonien-Konflikts. Auch Spaniens Sozialistenchef Sánchez setzt auf diesen Weg. Er will versuchen, die immer lauter werdenden Rufe der spanischen Regionen nach mehr Anerkennung und größerer politischer Autonomie in die Verfassung einzupassen.

Sánchez verweist zu Recht darauf, dass Spanien nicht nur „eine große Nation“, sondern eine „Nation der Nationen“ ist. Denn nicht nur in Katalonien wächst der Unmut gegen die übermächtige Staatsmacht. Auch im Baskenland, in Valencia, auf den Balearischen Inseln oder in Galicien regt sich das regionale Selbstbewusstsein. Durchweg Regionen, die ihre eigene Sprache und Kultur pflegen, und wo nicht wenige Menschen ihre regionale Heimat mehr lieben als die Nation.

Abstimmungen über Eigenständigkeit

Diesem wachsenden Nationalitätengefühl im Vielvölkerstaat Spanien müsse Rechnung getragen werden, fordert Sánchez. Durch mehr Föderalismus, durch mehr Mitsprache der Regionen und durch weniger Zentralismus, der außerhalb des Machtzentrums in der Hauptstadt Madrids zuweilen als Bevormundung ankommt.

Irgendwann wird ebenfalls die Frage auf den Tisch gehören, ob man nicht den Regionen erlauben sollte, über ihre Zukunft abzustimmen. Ein Wunsch, der in Katalonien – laut Umfragen – von einer breiten Mehrheit und in ganz Spanien inzwischen auch schon von einem Drittel der Bevölkerung geteilt wird. Abstimmungen über Eigenständigkeit, die im britischen Schottland wie im kanadischen Quebec legal stattfinden konnten – und dort nicht zu einem Bruch der Nation führten.

BillieTH
9. Dezember 2017 - 20.20

en effet, mais selon notre Bokassa il y a rien a dire a la politique de mattraquage menee par la partie homologue du CSV Eapagne. meme aucune commentaire du cote de Wisseler et co si c'est oui ou non normal que la police attaque sa propre population pendant unbreferendum populaire. j'auserais esperer que l'opposition montrerait qd meme qq's signes de reflexes democratiques ds ce dissier avant octobre 2018.