Auftragsschläger?In Serbien mehren sich die Hinweise auf von den Geheimdiensten inszenierte Krawalle

Auftragsschläger? / In Serbien mehren sich die Hinweise auf von den Geheimdiensten inszenierte Krawalle
Krawallmacher vom serbischen Geheimdienst instrumentalisiert? Die Hinweise darauf mehren sich. Foto: Andrej Isakovic/AFP

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Haben Serbiens Geheimdienste ihre Hooligan-Hilfstruppen gegen die eigene Polizei in Marsch gesetzt? In Belgrad mehren sich die Hinweise, dass die blutigen Corona-Krawalle in den ersten beiden Nächten der sich ausbreitenden Proteste gegen Präsident Vucic inszeniert worden sind.

Der Sitzstreik gab den Schlägern keine Chance. „Hinsetzen und Kapuzen runter!“, riefen die vor Serbiens Parlament kauernden Demonstranten den Maskenmännern in den schwarzen T-Shirts zu. „Schlagt nicht euer Volk, verhaftet die Hooligans!“, lautete derweil ihre Botschaft an die Polizei.

Steinwürfe, Parlamentssturm, vermummte Schläger, Dutzende von Verletzten und wie von Sinnen auf Demonstranten prügelnde Polizisten: Zwei Nächte hatten die Bilder aus Belgrad die Welt schockiert. Die Schadensbilanz des dritten Tages der sich im ganzen Land ausbreitenden Proteste gegen den allgewaltigen Präsidenten Aleksandar Vucic fällt auffällig bescheiden aus: Zwei von Hooligans verprügelte Journalisten, eine in die Menge gefeuerte Rakete. In Belgrad mehren sich Hinweise, dass die Krawalle in den Nächten zuvor inszeniert worden sind.

Haben die Geheimdienste zur Diskreditierung der Proteste ihre Hooligan-Hilfstruppen gegen die eigene Polizei in Marsch gesetzt? Von der Politik gesteuerte Hooligan-Gewalt hat in Serbien Tradition. Ob beim Abfackeln der Barjakli-Moschee (2004) in Belgrad, den Botschaftsbränden (2008), den generalstabsmäßig vorbereiteten Krawallen bei der Homo-Parade 2010: Zufällig setzen sich die Schlägerhorden abseits der Stadien selten in Bewegung.

„Vucic und die Hooligans – ein Pakt, der schon seit Jahren andauert“, erinnert das Portal nova.rs an die „Ordnungsdienste“ von Hooligans, die Journalisten nicht nur bei dessen Amtseinführung 2017 zu spüren bekamen: Berichterstatter unabhängiger Medien und Oppositionspolitiker wurden in den ersten Protesttagen auffällig häufig zu Opfern von Hooligan-Attacken.

Vor einem „Schwarz-weiß-Bild“ warnt der Analyst Djordje Vukadinovic. Nicht alle Jugendlichen, die Steine auf die Polizei geworfen hätten, seien „Vucic-Hooligans“: „Man muss unterscheiden zwischen Provokateuren und Leuten, die beim Kampf gegen das Regime selbst Verletzungen in Kauf nehmen.“

Turbulenter Herbst

Doch nicht nur die Muskelmänner, die sich schon vor Protestbeginn in den Seitenstraßen zu versammeln schienen, deuten darauf hin, dass die Initiative von Berufsschlägern ausging. In einer von dnevnizurnal.com veröffentlichten Analyse des Parlamentssturms am Dienstag kommt der Ex-Polizeibeamte Vladimir Savic zu dem Schluss, dass als Hooligans vermummte Agenten der Sondereinheit OPA des Innenministeriums die Krawalle entscheidend initiierten: „OPA-Agenten attackierten und provozierten bewusst die Polizei.“

Gerät Europas erste Regierung über die Corona-Krise ins Straucheln? Alle Abgesänge auf Vucic scheinen verfrüht. Doch steigenden Infektionszahlen dürften bald vermehrte Entlassungen folgen. „Die Unzufriedenheit nimmt zu“, konstatiert Momir Stojanovic, der frühere Chef des Militärgeheimdienstes VBA: „Wir werden einen turbulenten Herbst erleben – mit ungewissem Ausgang.“