Webgewalt / Immer mehr Frauen in Südosteuropa werden zu Opfern ihrer Ex-Partner
Die Enttäuschung über zerbrochene Beziehungen lässt frustrierte Männer zur „Porno-Rache“ von ins Netz gestellten Fotos ihrer Ex-Partnerinnen greifen: Auf dem Balkan werden immer mehr Frauen zu Opfern von Webgewalt.
Der Scheidung folgte der Zwangsumzug. Aus Rache habe ihr Ex-Mann allen Freunden, Bekannten und Familienangehörigen über Viber Aufnahmen ihrer intimen Beziehungen zugestellt, berichtete die 43-jährige Serbin R.S. kürzlich der Belgrader Zeitung Blic: „Aus Scham bin ich in eine andere Stadt gezogen – und habe ein neues Leben begonnen.“
Die „Porno-Rache“ ihres Ex-Gatten ist auf dem Balkan kein Einzelfall. In den ex-jugoslawischen Staaten mehren sich zweifelhafte App-Gruppen und Chatsites, auf denen frustrierte Männer die Privatfotos, Mailadressen und Telefonnummern von Ex-Partnerinnen ohne deren Wissen und Zustimmung veröffentlichen und andere Surfer zu deren sexuellen Belästigung auffordern.
„Balkan-Perversionen“, „Niselje“ „Serbisches Zimmer“ oder „Gevgelija-Hub“ nennen sich die meist über die Telegram-App registrierten Chat-Gruppen mit tausenden von Mitgliedern, deren Aufdeckung in den letzten Wochen vor allem in Serbien und in Nordmazedonien für heftigen Medienwirbel und Proteste sorgte. Die Chat-Teilnehmer und Administratoren sind meist unter falschen Namen registriert, die Kontaktdaten und Namen ihrer Opfer leider echt: Selbst alleinstehende oder in intakten Beziehungen lebende Frauen werden immer häufiger zu Opfern willkürlicher Webgewalt komplexbeladener Balkan-Machos.
Auch völlig harmlose Privataufnahmen werden von Facebook- und Instagram-Profilen illegal heruntergeladen und die abgebildeten Frauen in den einschlägigen App-Gruppen als „willig“ und sexgierig angepriesen: Die Opfer haben den vermeintlichen „Scherz“ in Form wochenlanger Belästigungen von ihnen völlig unbekannten Männern auszubaden.
Telegram zeigt sich unkooperativ mit der Justiz
„Das Opfer ist nicht schuld, DU bist der Täter“, war auf den Protestplakaten von hunderten Frauen zu lesen, die zu Jahresbeginn im mazedonischen Skopje gegen die ausufernde Webgewalt demonstrierten. „Sexismus“ und in der Region „tief verwurzelten Frauenhass“ machen in einer gemeinsamen Erklärung 13 serbische Frauenorganisationen für die Erniedrigung und Erpressung von Frauen und Mädchen durch die einschlägigen Chatgruppen verantwortlich: Das „Schweigen der Institutionen“ ermutige die Täter.
Tatsächlich sind bisher erst zwei Administratoren verhaftet worden. Nicht nur die anonyme Registrierung, sondern auch der relativ geschlossene Charakter der Chatgruppen erschweren die Justizermittlungen. Diesen können Interessierte nur auf Einladung beitreten und nur bei aktivem Foto-Austausch in ihnen verbleiben.
Zu allem Übel zeigt die Telegram-Plattform nur bedingt Bereitschaft, mit der Justiz zu kooperieren. Zwar habe Telegram nach mehrmaliger Aufforderung die Gruppe „Javna soba – öffentliches Zimmer“ gelöscht, doch zeige „keinen Willen“ zur Kommunikation, klagte schon im Februar der mazedonische Innenminister Oliver Spasovski: „Dies ist ein Handicap bei den Ermittlungen – und ein Hindernis für die Sicherstellung von Beweisen.“
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